Die EU will den Schutzstatus des Wolfs herabsetzen – damit könnten Abschüsse in Deutschland künftig leichter genehmigt werden.
EU ebnet WegSchnellerer Wolfsabschuss – Schutzstatus soll gelockert werden

In Deutschland steigt die Zahl der Nutztierrisse durch Wölfe. Jetzt soll eine neue EU-Reform als Voraussetzung für eine geregelte Jagd auf die Raubtiere in Kraft treten.
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Die EU-Pläne für einen schnelleren Abschuss von Wölfen dürften in dieser Woche die letzte inhaltliche Hürde nehmen. Das Europaparlament stimmt am Dienstag in Straßburg über ein Eilverfahren für die nötige Änderung der EU-Naturschutzregeln ab, die Entscheidung könnte dann bereits am Donnerstag fallen. Die EU-Reform ist Voraussetzung für eine geregelte Jagd auf die Raubtiere in Deutschland.
Das Bonner Bundesamt für Naturschutz zählte im vergangenen Beobachtungsjahr 2023/24 deutschlandweit 1601 Wölfe, gut 260 Tiere mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Rudel erhöhte sich 2023/24 demnach auf 209. Hinzu kamen 46 Wolfspaare und 19 sesshafte Einzelwölfe. Die angegebenen Zahlen umfassen nur nachgewiesene Tiere - sie könnte auch höher liegen.
Sich fortpflanzende Wölfe gibt es in Deutschland seit 2000, ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Im Norden und Osten Deutschlands haben sich besonders viele Wolfsrudel angesiedelt. Die meisten von ihnen leben nach Angaben der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) in Niedersachsen, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern.
Über 5000 Nutztiere durch Wölfe gerissen
Im Jahr 2023 zählte die DBBW 1268 Wolfsangriffe auf Nutztiere. Mehr als 5000 Tiere wurden dabei verletzt, getötet oder wurden anschließend vermisst, die meisten von ihnen Schafe. Sie sind klein genug und für die Wölfe leicht zu erbeuten, wenn sie wenig oder gar nicht geschützt werden.
Betroffene Weidetierhalter haben im Laufe des Jahres 2023 Ausgleichszahlungen für ihre Schäden in Höhe von insgesamt mehr als 630.000 Euro erhalten. Um Anspruch auf Schadenersatz zu haben, müssen die Landwirte ein Mindestmaß an Schutz für ihre Tiere sicherstellen, zum Beispiel mit Herdenschutzhunden und Elektrozäunen. Solche Schutzmaßnahmen förderten Bund und Länder im gleichen Zeitraum mit insgesamt mehr als 21 Millionen Euro.
Strenger Schutz: EU garantiert den Bestand der Wölfe
Nach der Naturschutz-Richtlinie der EU - der sogenannten Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) - von 1992 genießen Wölfe als einheimische Art in Europa bislang einen besonderen Schutz. Nach Anhang IV der Richtlinie ist Deutschland verpflichtet, Wölfen langfristig einen lebensfähigen Bestand zu garantieren. Grundlage für die Richtlinie ist die sogenannte Berner Konvention, die neben der EU auch Staaten wie die Türkei, Marokko und die Schweiz unterzeichnet haben.
In Deutschland regelt das Bundesnaturschutzgesetz den Umgang mit den sogenannten „streng geschützten Arten“. Sie dürfen im Regelfall nicht getötet und ihre Lebensräume nicht beschädigt oder zerstört werden. Neben dem Wolf stehen 137 weitere Arten auf der Liste.

Die Zahl der Wolfsrudel ist weiter angestiegen.
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Einzelne Wölfe oder ganze Rudel dürfen geschossen werden, wenn sie sich Menschen gegenüber auffällig verhalten. Das gilt außerdem auch für Wölfe, die immer wieder Herdenschutzbarrieren überwinden, um Nutztiere anzugreifen. Die Hürden für den Abschuss sind allerdings hoch, weil häufig das Ergebnis einer DNA-Analyse abgewartet werden muss.
Die Verantwortung für dem Umgang mit Wölfen liegt bei den Bundesländern. Deren Behörden entscheiden im Einzelfall, ob ein Tier getötet werden darf. Dabei können sie mit Jägern vor Ort zusammenarbeiten.
In Deutschland hatte die Bundesumweltministerin der Ampel-Koalition, Steffi Lemke (Grüne), ein Schnellverfahren vorgeschlagen, nach dem 21 Tage lang ab einem Weidetierriss auf einen Wolf geschossen werden darf, der sich in tausend Metern Umkreis von der Rissstelle aufhält. Die Voraussetzungen für eine Abschussgenehmigung sind nach Einschätzung der Ministerpräsidenten der Länder aber weiter zu hoch.
Die Unterzeichner der Berner Konvention haben den Schutzstatus des Wolfs im Dezember herabgesetzt. Das Europaparlament stimmt nun über die entsprechende Änderung der FFH-Richtlinie ab. Anschließend muss der Rat der EU-Länder die Gesetzesreform absegnen, das gilt aber als Formalie.
Die Umsetzung ist dann Sache der 27 nationalen Regierungen. In Deutschland wäre nach Angaben des Umweltministeriums ein sogenanntes Bestandsmanagement möglich. Der Wolf wäre dann weiter eine geschützte Art, eine Jagd auf die Tiere aber grundsätzlich möglich. (afp)