Chipmangel beim AutobauerFord verlängert den Produktionsstopp in Köln

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Die Fiesta-Fertigung in Köln  

Köln – Der weltweite Chipmangel stoppt die Bänder in der Kölner Fiesta-Fertigung für weitere zwei Wochen. Über die bereits bekannte Produktionsunterbrechung am Donnerstag und Freitag pausiert die Fahrzeugmontage jetzt bis einschließlich 17. September, wie eine Ford-Sprecherin auf Anfrage mitteilte. Sie verweist auf einen kurzfristigen Produktionsausfall eines Halbleiterherstellers.

Fehlenden Chips haben bereits die Produktion nach den Werksferien nicht richtig anlaufen lassen. Gerade einmal fünf Tage ab dem 16. August wurden Fiestas in Köln gebaut. Dann gab es eine Unterbrechung für eine Woche. Und in der laufenden Woche wurden nur an zwei Tagen Autos montiert. Die Chips eines Herstellers in Malaysia, in dessen Werk es einen Corona-Ausbruch gab, sind eigentlich für ein Türmodul der Fiestas. Das soll eigentlich komplett von einem Zulieferer kommen, doch dem fehlen die Chips für den Bau. Zuvor fehlten schon Halbleiter für andere Bauteile, so dass wiederholt rund 5000 Mitarbeitende in Köln in Kurzarbeit mussten.

Viele Autobauer führen derzeit Kurzarbeit ein

Nicht nur Ford leidet unter dem Chipmangel. Winterstürme in Nordamerika führten ebenso zu Produktions- und Lieferengpässe wie ein Brand in einem Chipwerk eines japanischen Herstellers oder die Schließung des Suezkanals, nachdem ein Containerriese den blockiert hatte. Zahlreiche Hersteller führten zeitweise Kurzarbeit ein. Andere bauten in bestimmte Modelle Instrumente mit Zeigern ein statt digitale Anzeigen oder baten ihre Kunden auf bestimmte Ausstattungsvarianten zu verzichten. Da hatten Fahrzeuge etwa nicht das modernste Navigationsgerät oder keinen elektronischen Zweitschlüssel. Die Wunschausstattung soll dann später nachgerüstet werden.

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Teils sind die Probleme auch hausgemacht. Auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie haben die Autobauer weniger Chips abgenommen. Die Hersteller haben sich andere Abnehmer gesucht, etwa in der Computer oder der Telekommunikationsindustrie, deren Produkte stark gefragt waren. Als die Autobauer dann wieder mehr Chips brauchten, konnte die Produktion nicht schnell genug umgestellt werden.

Saarlouis läuft wieder, Köln stockt

Jetzt läuft die Fertigung in Saarlouis nach dem Ende der dortigen Werkferien seit dem 23. August. Sie stockt aber in Werken in den USA und im rumänischen Craiova. Der Betriebsrat habe sich überzeugen können, dass es keine einseitigen Allokationen von Halbleitern gebe, heißt es in einer Information des Betriebsrates an die Mitarbeitenden. Das Gerücht hatte die Runde gemacht, der Fiesta werde benachteiligt. Unlogisch wäre das nicht. Chips könnten, wenn sie knapp sind, eher in Fahrzeuge eingebaut werden, die größere Gewinne versprechen als der Kleinwagen. Der kratzt außerdem am CO-2-Grenzwert der EU von rund 95 Gramm pro Kilometer. Überschreitet die Fahrzeugflotte im Schnitt diesen Grenzwert, werden hohe Strafzahlungen fällig. Da könnte es attraktiv sein, etwa Voll-Hybridautos oder auch Plug-In-Hybride zu bauen, die deutlich unter diesem Grenzwert liegen, und so den Schnitt senken.

Weil aber weniger Fiestas gebaut werden, werden auch weniger Motoren benötig. Deshalb, und wegen eines Maschinenschadens bei einem Zulieferer gibt es auch weniger Arbeit im Kölner Motorenwerk, heißt es in der Betriebsratsinformation. Hier gibt es tageweise Kurzarbeit. Klar ist, dass der Chipmangel Ford deutlich bremst.

In Westeuropa konnte der Autobauer den Absatz im ersten Halbjahr gegenüber dem schwachen Vorjahreszeitraum zwar um 13,9 Prozent auf gut 308.000 Pkw steigern. Der Markt wuchs aber mehr als doppelt so stark. Und in Deutschland sank in den ersten sieben Monaten der Ford-Absatz um 23 Prozent auf 80.455 Pkw während der Gesamtmarkt um 6,7 Prozent zulegte.

Kein Ende des Chipmangel-Problems in Sicht

Und der Chipengpass dürfte weiter zum Problem werden. „Die Verfügbarkeit von Halbleitern auf dem Weltmarkt bleibt auf absehbare Zeit sehr volatil. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, unsere Situation zu verbessern, um unsere Produktion danach schnellstmöglich wieder aufnehmen zu können. Allerdings gehen wir davon aus, dass es in absehbarer Zeit immer wieder zu Produktionsausfällen kommen kann“, so die Ford-Sprecherin.

Da dürfte es nur ein schwacher Trost sein, dass die gesamte Branche leidet. Statt knapp 75 Millionen Pkw wären nach der Analyse des Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer 80 Millionen Verkäufe im Jahr 2021 möglich „Die Halbleiterkrise wird auch im Jahr 2022 den Autobauern und -Käufer negativ ausstoßen“, sagt Dudenhöffer voraus. Auch im Jahr 2022 würden weltzweit 2,3 Millionen Pkw „auf der Strecke“ wegen fehlender Halbleiter. Zusätzlich werde die starke Nachfrage nach Elektroautos zu einer Verknappung des Batterie-Zellangebots führen, so dass 600.000 Fahrzeuge im weltenweiten Automarkt fehlen würden. Schlimmer werde es ab 2024 mit dem weltweiten Batterieengpass. Immerhin gibt es dann laut Dudenhöffer genug Chips.

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Das könnte dann die Brieftaschen der Autokäufer entlasten. Knappe Pkw heißt nämlich auch steigende Preise. Für Neuwagen bezahlte der Autokäufer in Deutschland im August im Schnitt 36.500 Euro. Das sind laut Dudenhöffer und seines CAR-Instituts 0,5 Prozent oder 180 Euro mehr als im Vormonat. Dabei hätten die Autobauer die Listenpreise nicht angehoben. Die Rabatte seien gekürzt worden. Dazu kommen weniger Tageszulassungen und ein geringere Auto-Abo-Angebot, was die Neuwagen insgesamt teurer machten.

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