Wettbewerb in der E-MobilitätDas muss Ford tun, um nicht abgehängt zu werden

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Der Fiesta vom Band. Zwei Elektromodelle sollen nun für zusätzliche Auslastung in den Kölner Fordwerken sorgen.

Der Fiesta vom Band. Zwei Elektromodelle sollen nun für zusätzliche Auslastung in den Kölner Fordwerken sorgen.

Köln – Eine weitere Milliarde Euro investiert Ford in den Kölner Standort, ein zweites E-Auto läuft hier ab 2024 vom Band, eine Montage für Batterien kommt nach Köln. Ein Blick auf die Pläne, die aktuelle Lage und was das für die Beschäftigten bedeutet.

Was bedeutet die Investition von Ford für Köln?

„Das sind tolle Nachrichten“, freute sich Fords Betriebsratschef Benjamin Gruschka, als der Autobauer am Montagmorgen die Verdoppelung der Investition auf insgesamt zwei Milliarden US-Dollar (rund 1,8 Milliarden Euro) in das Kölner Werk angekündigt hatte. Das sichert den Standort und Beschäftigung.

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Herrscht jetzt eitel Sonnenschein bei Ford?

Grund zur Freude gibt es. Auch die Zahl der innerhalb von sechs Jahren im Werk produzierten Fahrzeuge wird auf 1,2 Millionen verdoppelt. Es entstehen zwei sogenannte Crossover – Mischformen in Geländewagen-Optik – auf einer Plattform, die VW anliefert. „Das geht in Richtung Vollauslastung“, sagte Gruschka. Erreicht wird sie mit den bekannten Maßnahmen aber wohl nicht ganz.

Vom aktuellen Fiesta hätte Ford im Zwei-Schicht-Betrieb auch 300.000 Einheiten pro Jahr fertigen können statt der etwa 200.000 E-Autos demnächst. „Bei Ford entwickelt es sich in die richtige Richtung“, sagt der Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach dennoch. „Ein zweites Modell in Köln war nötig“, so Bratzel.

Wie ist Ford im Wettbewerb positioniert?

„Ford ist spät dran bei der Elek-tromobilität“, sagt Bratzel. VW, Stellantis mit Marken wie Peugeot oder Opel seien mit E-Autos längst auf dem Markt wie auch Tesla, die bald die ersten Autos aus ihrem Werk bei Berlin ausliefern. „Da wird es schwer, Marktanteile zu erobern“, so der Experte.

Mehr Plattformen von VW bedeuteten auch höhere Lizenzgebühren. Eine zugekaufte Plattform drücke nicht nur die Marge. „Mit der VW-Plattform ist es für Ford schwer, sich vom Wettbewerber zu differenzieren. Gleichzeitig erzielt VW große Skalenvorteile, weil es die Plattform nicht nur für die eigene Gruppe nutzt, sondern auch gegen Gebühr anderen Autobauern zur Verfügung stellt“, so Bratzel. Beim Preis müsse sich Ford günstiger positionieren als VW – bei höheren Kosten.

Welche Hausaufgaben hat Ford noch zu erledigen?

„Ford braucht in Europa eine eigene E-Plattform, auch wenn die Zeit dafür knapp wird und das teuer in der Entwicklung ist“, so Bratzel. Die könnte es 2025 geben. Dem Vernehmen nach wird sie Basis für mindestens einen weiteren E-Ford in Europa. Um die Vergabe rangeln Saarlouis und das spanische Valencia. Gibt es die Plattform, müsse Ford die darauf basierenden Produkte auch noch verkaufen, gibt Bratzel zu bedenken: „Bei unseren Studien zur Innovationsstärke schneidet Ford regelmäßig nicht schlecht ab. Sie bringen diese Stärke aber nicht auf die Straße. Das ist auch eine Frage der Markenwahrnehmung, die wiederum darüber entscheidet, ob ein Autobauer höhere Preise für seine Produkte nehmen kann.“

Kostet die E-Mobilität Arbeitsplätze?

E-Motoren haben deutlich weniger Teile als Verbrenner. „Wir rechnen damit, dass bei E-Autos bei gleicher Fahrzeuganzahl wie bei Verbrennern 15 bis 25 Prozent weniger Mitarbeitende in der Industrie benötigt werden“, sagt Bratzel. Das sieht eine Studie im Auftrag von IG Metall und Autobauern aus dem Jahr 2018 ähnlich. Sie rechnet mit dem Verlust von 76.000 der etwa 210.000 Arbeitsplätze in der Antriebstechnik. Die gesamte Autoindustrie in Deutschland hat etwa 850.000 Mitarbeitende. Der Stellenschwund betreffe vor allem Zulieferer.

Eine Studie der Denkfabrik Agora Verkehrswende und der Beratung Boston Consulting Group (BCG) aus dem Jahr 2021 kommt zu etwas geringeren Zahlen. In der klassischen Autoherstellung und -wartung sowie bei den Zulieferern für Verbrennungsmotoren fielen bis 2030 etwa 180 000 Arbeitsplätze weg. Das werde durch neu entstehende Arbeitsplätze aber mehr als kompensiert.

Wie viele neue Ersatzarbeitsplätze entstehen?

Stark zulegen werden nach der Studie von Agora und BCG Arbeitsplätze bei den Herstellern und Zulieferern, die vom traditionellen Antriebsstrang unabhängig sind, sowie bei Unternehmen in Energieinfrastruktur, Energieproduktion und in geringem Maße im Maschinen- und Anlagenbau. Sie erwarten 205 000 neue Jobs. Auch neue Arbeitsplätze in angrenzenden Bereichen wie Mobilitätsdienstleistungen oder in der Logistik entstehen, so Bratzel: „Fraglich ist aber, ob hier die Löhne so hoch sind wie in der Industrie, die gut bezahlt.“

Was bedeutet das für die Beschäftigten?

Motorenwerke wie das in Köln mit etwa 1000 Beschäftigten, in dem ein Drei-Zylinder-Motor für Fiesta und Focus vom Band läuft, werden bald überflüssig. 2030 will Ford nur noch E-Autos verkaufen. Etwas länger wird das Werk für Nutzfahrzeuggetriebe gebraucht, die fünf Jahre später elektrifiziert werden.

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Um die Beschäftigung zu halten, holen Autobauer früher ausgelagerte Arbeitsplätze wieder ins Werk. Da sei es gut, dass Ford in Köln ab 2024 Batterien montiert, so Autoexperte Bratzel: „Rund um Batterien ist aber vieles automatisiert, so dass kaum die Arbeitsplätze ersetzt werden können, die beim Bau von Motoren oder Getrieben wegfallen.“

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