Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Unklar wie Konzernmutter Zukunft plantFord-Mitarbeiter in Köln sind in Sorge

Lesezeit 3 Minuten
Ford Werke köln

Die Ford Werke am Rheinufer in Köln-Niehl. (Archivfoto)

Köln – Mit mulmigem Gefühl dürften die Ford-Mitarbeiter am Montag und Dienstag zu Betriebsversammlungen in Saarlouis und Köln gehen. „Die Kollegen sind verunsichert“, sagt Ford-Betriebsratchef Martin Hennig: „Aus den USA kommen derzeit keine klaren Botschaften.“ Überraschend hatte das USA-Management aber Ende Juli Veränderungen angemahnt.

Statt Limousinen und Kompakt-Vans wie der C-Max, der in Saarlouis gebaut wird, sollen nach Meinung der Konzernspitze in Europa wie schon in den USA verstärkt leichte Nutzfahrzeuge und sportliche Geländewagen angeboten werden. Weil Ford für 2018 in Europa rote Zahlen erwartet, sollen die Kosten aggressiv gesenkt werden. Manager für den „Neustart“ wurden am Freitag ernannt. Ford-Werke-Chef Gunnar Herrmann ist bei Ford Europa jetzt auch für den Umbau des Deutschland-Geschäfts verantwortlich.

Gerüchte über Stellenabbau

Immer wieder gab es auch Gerüchte über einen Stellenabbau. Da wollen die Mitarbeiter, die sich in Köln im Motorenwerk versammeln, wissen, woran sie sind. Hier ist noch Platz. Einst wurden hier 600.000 große V6-Motoren mit vier Litern Hubraum für den US-Markt gefertigt. Seit 2011 entstehen hier Drei-Zylinder-Motoren und seit Neuestem wird auch der StreetScooter XL montiert. Für Ford in Deutschland ist das ein Einstieg in die Elektromobilität, durch die möglicherweise Verbrennungsmotoren abgelöst werden.

grafik Ford

Eingeweiht wurde das Motorenwerk 1962. Damals begann ein steiler Aufstiegs der Ford-Werke in Köln, deren Grundstein Henry Ford 1930 gelegt hatte. 1965 erreichte die Jahresproduktion 500.000 Autos, 1969 hatte Ford einen Marktanteil von 15,6 Prozent in Deutschland. 1971 arbeiteten über 50.000 Frauen und Männer für Ford, ehe Effizienzsteigerungen die Zahl der Mitarbeiter sinken ließ.

Von bescheidenen Anfängen in der alten A-Halle, in der heute die Europa-Zentrale des Unternehmens sitzt, ist das Werksgelände in Niehl zur heutigen Fläche von knapp 1,4 Millionen Quadratmetern gewachsen, so viel wie etwa 200 Fußballfelder. Hier läuft seit fast 40 Jahren der Fiesta vom Band, bis jetzt fast neun Millionen Mal. 2014 wurde nach längeren Verhandlungen auch das neue Modell nach Köln vergeben und knapp 300 Millionen Euro investiert. Ein Maßnahmenpaket sorgte für Kostensenkungen. Gebaut wird der Kleinwagen im Zwei-Schicht-Betrieb. Gleichzeitig schlossen Geschäftsleitung und Betriebsrat eine Standortsicherungsvereinbarung, die betriebsbedingte Kündigungen bis März 2022 ausschließt. Vor Auslaufen einer solchen Vereinbarung wird über eine Verlängerung gesprochen und festgelegt, welche Autos gebaut werden, wenn das aktuelle Modell, das wohl bis Mitte der 20er-Jahre gebaut wird, eine Neuauflage erfährt oder durch ein anderes ersetzt wird.

Auf 800.000 Quadratmetern in Merkenich werden seit 50 Jahren Autos wie der Fiesta und später auch der Focus entwickelt. Und getestet werden hier heute alle Autos für den europäischen Markt, auch die Nutzfahrzeuge. Zuletzt entstand für 70 Millionen Euro das Klimawindkanal-Zentrum, das Crashtest-Zentrum wurde kräftig modernisiert. Die zwei Teststrecken haben aber an Bedeutung verloren. Bewähren müssen sich neue Modelle jetzt zunächst im Testzentrum im belgischen Lommel.

Ein Entwicklungszentrum ohne Fahrzeugfertigung kann sich Betriebsratschef Hennig nicht vorstellen. Entsprechend viel steht auf dem Spiel bei der aus den USA angestoßenen Diskussionen rund um die Fahrzeugmodelle. „Langfristig akzeptiert die US-Konzernführung keine Verluste in Europa“, sagt der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisberg-Essen. Er sieht Ford in Europa in einer schwierigen Lage und kann sich vorstellen, dass der Konzern aus dem Europageschäft aussteigt oder sich starke Partner sucht.

Da werden die Mitarbeiter wohl auch mit einem mulmigen Gefühl am 17. Dezember in die um drei Tage verlängerten Weihnachtsferien gehen. Der britische Markt schwächelt, und Ford will nicht auf Halde produzieren.