„Cold Case“ aus Köln gelöstFestnahme im „Mordfall Petra Nohl“ exakt 35 Jahre nach der Tat

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Der Mord geschah am Wegesrandes des Zugweges an der Albertusstraße im Jahr 1988. Viele Jecken passierten damals den Weg am Tatort vorbei.

Der Mord geschah am Wegesrandes des Zugweges an der Albertusstraße im Jahr 1988. Viele Jecken passierten damals den Weg am Tatort vorbei.

Auf den Tag genau 35 Jahre nach der Tat haben Ermittler in dem Kölner Cold Case-Mordfall „Petra Nohl“ am Dienstagmorgen einen 56-jährigen Mann aus Köln-Bilderstöckchen verhaftet.

Das Rätselraten hat ein Ende – für die Polizei, die Angehörigen und viele Kölner, die der Fall nicht losgelassen hat. Genau 35 Jahre nach dem Karnevalsmord an Petra Nohl (24) in der Innenstadt haben Ermittler am Dienstag in Bilderstöckchen einen 56 Jahre alten Kölner festgenommen. Wie die Polizei dem Mann auf die Spur gekommen ist, birgt Stoff für einen „Tatort“ zur besten Sendezeit. Das Drehbuch: Es geht um einen Kölner, der über viele Jahre die Hintergründe der Tat wohl erahnte, aber nichts verriet, sowie einen Tatverdächtigen, der 35 Jahre mit dem Wissen lebte, mutmaßlich eine Frau umgebracht zu haben und schließlich um eine DNA-Spur auf der Jacke der Ermordeten, die dem Festgenommenen zugeordnet werden konnte.

Fall Petra Nohl landete als „Cold Case“ bei der Polizei

Über viele Jahre legte die Akte „Petra Nohl“ bei der Polizei Staub an. Die Ermittler kamen in dem Fall einfach nicht weiter. Dann wurde bei der Polizei die Ermittlungsgruppe „Cold Case“ gegründet, die ungeklärte Mordfälle noch einmal genau untersucht. In diesem Zusammenhang wurde der Fall bei der ZDF-Fahndungssendung „Aktenzeichen XY ungelöst“ gezeigt – dies brachte endlich den Durchbruch. Petra Nohl hatte am Karnevalssamstag im Jahr 1998 im Lokal „Chari-Vari“ an der Breite Straße gefeiert. Später verließ die 24-Jährige den Laden, wollte in eine Kneipe an den Ringen weiterziehen und wurde später an der Albertusstraße stranguliert aufgefunden. Wer war der Mörder?

Die Ausstrahlung im ZDF veranlasste einen Zeugen sich endlich bei der Polizei zu melden. Er gab an, mit einem Freund in dem Lokal gewesen zu sein. Später trafen sich das spätere Opfer und die beiden damaligen Freunde an einem Taxistand an der Tunisstraße. Weil kein Taxi kam, trennten sich die 24-Jährige und die beiden Freunde. Wie die Polizei mitteilte, soll der nun Festgenommene Petra Nohl gefolgt sein und sie an der Albertusstraße überfallen und umgebracht haben. „Wir gehen von Raubmord auf. Handtasche und Bargeld waren weg. Ein Sexualdelikt schließen wir aus“, sagte Mordermittler Markus Weber am Dienstag vor Journalisten.

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Fall Petra Nohl: Entscheidender Hinweis nach Sendung „Aktenzeichen XY“

Schon am nächsten Tag trafen sich die Freunde wieder. Dabei fiel dem Freund auf, dass sein Kumpel sein Erscheinungsbild verändert hatte. „Er hatte sich die Haare anders geschnitten“, berichtete Weber weiter. Dem Freund kam dies verdächtig vor. Er wusste, dass in Köln in der Nacht eine Frau umgebracht worden war. Doch der Kumpel schaffte es, den Freund zum Schweigen zu bringen. „Er hat ihn eingeschüchtert und auf ihn eingewirkt, dass der Mann nichts sagte“, berichtete Weber weiter. Der Bericht im ZDF sei dann der Punkt gewesen, an dem der ehemalige Freund nach vielen Jahren sein Schweigen brach. „Die Angst war vorbei“, beschrieb es der Mordermittler weiter. Schon nach der Sendung hieß es, dass es eine viel versprechende Spur gebe. Zuerst habe der Zeuge den Namen des Kumpels nicht nennen wollen, später habe er es doch getan. In einer Vernehmung habe der Beschuldigte zu den Vorwürfen geschwiegen – doch dann kam der DNA-Treffer. „Bei der Festnahme machte der Beschuldigte einen gelassenen Eindruck“, sagte Oberstaatsanwalt Bastian Blaut der Rundschau. „Er kann sich an den Fall nicht erinnern und gab an, den Namen Petra Nohl nicht zu kennen“, ergänzte Ermittler Weber.

Über den Festgenommenen ist nur wenig bekannt

Über den Beschuldigten ist bisher nicht viel bekannt. Laut Polizei ist der 56-Jährige verheiratet und hat in der Vergangenheit nicht mehr gearbeitet. Grund sei ein Arbeitsunfall gewesen. Vorstrafen sind der Polizei und der Kölner Staatsanwaltschaft „derzeit“ nicht bekannt, wie es hieß.

Der Fall sorgte über das Karnevalswochenende in Köln für Entsetzen. Der Tatort lag direkt am Weg der Schull- un Veedelszöch. Während die Kostümierten an diesem Tag an dem Tatort vorbeizogen, wurde die tote Frau mit dem Leichenwagen abtransportiert. Die Rundschau schrieb damals: Entsetzt sehen die Karnevalisten zur Seite, als sich gegen 14.40 Uhr ein Leichenwagen in den Zug einreiht. Zwischen der „Häftlingstruppe“ des Hölderlin-Gymnasiums und den bunten Clowns der Katholischen Grundschule Kapitelstraße rollte das schwarze Auto zum Tatort. Vor den Augen der vorbeiziehenden Schüler wird die Tote in den Wagen gehoben. Schockiert gehen die kostümierten Kinder weiter, bis zum Ende der Albertusstraße. Die Zuschauer stehen dicht gedrängt zusammen. „Kölle Alaaf“-Rufe klingen bis zum Tatort des grauenhaften Verbrechens.

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