Nach der Demo gegen Rheinmetall stehen sich die Versionen von Polizei und Demonstranten unversöhnlich gegenüber. Während die Beamten von Angriffen mit Pyrotechnik und Eisenstangen berichten, werfen Protestierende der Polizei unverhältnismäßige Gewalt vor.
Gewalt bei DemoKölner Polizei verteidigt Vorgehen gegen „Rheinmetall entwaffnen“

Ein Demonstrationsteilnehmer wird von der Polizei weggeführt.
Copyright: Sascha Thelen/dpa
Die Ausschreitungen bei der Anti-Kriegs-Demo im Rahmen des Protestcamps „Rheinmetall entwaffnen“ könnten ein juristisches Nachspiel haben. Am Samstagabend hatte die Kölner Polizei den Demonstrationszug vom Heumarkt zum Chlodwigplatz bereits vor der Severinsbrücke gestoppt, anschließend sei es zu Angriffen auf Einsatzkräfte gekommen sein. Bis spät in die Nacht wurden Demonstrierende von den Beamten festgehalten, um ihre Identitäten zu kontrollieren. Bei dem Einsatz wurden laut Polizei zwölf Beamte verletzt, die Veranstalter sprechen von rund 100 verletzten Demonstranten.
Unter ihnen war auch eine parlamentarische Beobachterin der Partei Die Linke, die Düsseldorfer Bundestagsabgeordnete Lisa Schubert. Sie war laut eigener Aussage von Beamten ins Gesicht geschlagen und geschubst worden. Man prüfe den Vorfall selbstverständlich, teilte die Kölner Polizei mit. Eine Anzeige lag am Montagnachmittag laut der Staatsanwaltschaft jedoch nicht vor.
Linke: Eingekesselt ohne Grund
Die Linke fordert nach eigene Angaben eine „lückenlose Aufklärung der Polizeigewalt, die sofortige Einstellung aller Verfahren gegen die Demonstrierenden und die Wahrung von Grundrechten bei zukünftigen Protesten“. Sie wirft den Beamten vor, rund 300 bis 500 Menschen elf Stunden lang ohne konkreten Grund eingekesselt zu haben. „Der Zugang zu Wasser, Essen und Toiletten wurde zeitweise unterbunden“, heißt es weiter in dem Schreiben. Außerdem sei bis zu 60 Verletzten der Zugang zu medizinischer Hilfe verwehrt worden. „Die Polizei muss sich dafür verantworten“, sagte Jan Schiffer, Sprecher der Linken in Köln, am Montag.
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Die Kölner Polizei veröffentlichte am Montag ebenfalls eine weitere Stellungnahme, um ihr Vorgehen zu erklären. „Auch wenn der überwiegende Teil der etwa 3000 Menschen friedlich waren, gab es einen Block von etwa 500 Personen, die sich nicht an Vereinbarungen gehalten und der gesamten Versammlung in der öffentlichen Wahrnehmung einen unfriedlichen Charakter verliehen haben“, sagte der Leitende Polizeidirektor Martin Lotz. Der Einsatz von Pyrotechnik, Vermummung sowie gefährliche Gegenstände, wie mitgeführte Eisenstangen, hätten schließlich zum erneuten Stoppen des Aufzugs geführt.
Zwei Verbindungsbeamte attackiert
Als sich Verbindungsbeamte der Polizei dem Begleitfahrzeug auf der Mechtildisstraße innerhalb des erneut gestoppten Aufzugs näherten, seien sie „unmittelbar von einer größeren Personengruppe attackiert und verletzt“ worden. Eine „feige Attacke“ nennt es die Polizei: „Bereitschaftspolizisten griffen unter Einsatz von Schlagstöcken und Reizstoff ein, befreiten die beiden Polizeibeamten“, heißt es weiter. „Auch in der Nachbetrachtung war dieser entschlossene Einsatz der Bereitschaftspolizei gerechtfertigt.“ Die beiden Beamten seien aktuell nicht dienstfähig. Bei der Durchsuchung des Begleitfahrzeug stellten die Polizisten neben den großen Fahnen diverse Pyrotechnik, zwei Helium-Gasflaschen, acht mit Farbe gefüllte Glasflaschen, eine Flasche Brennspiritus sowie Wunderkerzen sicher.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW stellt sich hinter das Vorgehen der Polizei. „Dass eine solche Versammlung nach wiederholten Angriffen auf Einsatzkräfte aufgelöst wird, ist folgerichtig und zwingend“, sagt GdP-Landesvorsitzender Patrick Schlüter. Schockiert zeigt sich Schlüter darüber, dass bei Auseinandersetzungen mit Demonstranten zwölf Kolleginnen und Kollegen verletzt wurden – vier so schwer, dass sie ihren Dienst beenden mussten. Über die Vorwürfe der Bundestagsabgeordneten Lisa Schubert, auch sie sei von Polizisten geschlagen geworden, zeigte Schlüter sich verwundert. Man gehe davon aus, dass sich diese im Zuge der weiteren Ermittlungen klären würden.