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Interview

Klimadezernent im Interview
„Bei Photovoltaik ist Köln in NRW mit Abstand auf Platz eins “

Lesezeit 4 Minuten
William Wolfgramm ist Beigeordneter der Stadt Köln für Klima, Umwelt und Liegenschaften.

William Wolfgramm ist Beigeordneter der Stadt Köln für Klima, Umwelt und Liegenschaften.

William Wolfgramm leitet seit 2021 Kölns Dezernat für Klima, Umwelt und Liegenschaften. Im Interview spricht er über Solarförderung, Klimaschutz und die geplante Verpackungssteuer.

Die Politik will ab 1. Januar 2026 eine Steuer auf Einwegverpackungen einführen. Was soll konkret besteuert werden? Geht es um Imbisse und Fastfood-Restaurants oder auch um Packungen mit verzehrfertigen Speisen, die Supermärkte verkaufen?

Wolfgramm: Wir sind noch dabei, das zu prüfen. Es sollte eine Steuer sein, die sich im besten Fall selbst abschafft, indem alle auf Einwegverpackungen verzichten. Diese Steuer soll definitiv eine Lenkungswirkung haben. Wir sind dazu über den Städtetag im Austausch mit verschiedenen anderen Kommunen. Das Beispiel Tübingen wird oft genannt. Aber man kann Tübingen nicht eins zu eins mit Köln vergleichen.

Wann wollen Sie dem Stadtrat Ihr Konzept für eine Verpackungssteuer vorlegen?

Vorher müssen wir die Kernfrage klären, welche Produkte betroffen sein sollen. Das müssen wir uns genau anschauen. Die Verwaltung erarbeitet derzeit eine Konzeption zur Einführung der Verpackungssteuer. Ich hoffe, dass dies noch vor der Sommerpause abgeschlossen sein wird. Ob wir eine Einführung der Verpackungssteuer bis zum Jahresbeginn 2026 schaffen, kann ich heute noch nicht konkret sagen.

Wenn eine Steuer neu eingeführt wird, muss man der Wirtschaft Zeit zur Vorbereitung geben. Mit wie viel Vorlauf rechnen Sie?

Ich denke, dass man mit Anreizen arbeiten sollte, vielleicht auch mit Förderungen – finanziert aus den Einnahmen, die man generiert. Natürlich braucht es eine Informationszeit, damit die Steuer nicht unvorbereitet kommt. Ich persönlich habe schon den Anspruch, dass wir mit den Betroffenen vorher in den Dialog gehen. Auf der anderen Seite ist es so, dass die Verpackungssteuer erst am Ende eines Jahres anfällt und nicht im Vorhinein bezahlt wird.

Die „Auslegungshinweise“ zur Verpackungssteuer der Stadt Tübingen umfassen 22 Seiten. Wird der Kölner Leitfaden noch größer oder wollen Sie das möglichst knapp halten?

Wir können uns doch die guten Dinge, die Tübingen umgesetzt hat, anschauen und dann sehen, ob sie auf Köln adaptierbar sind. Wie gesagt, die Gegebenheiten in Köln sind sicherlich ein bisschen anders als in Tübingen.

Was ist mit der Pflicht, dass Gastronomiebetriebe Mehrwegverpackungen anbieten müssen. Die existiert ja bereits. Soll dies im Zuge der Einführung der Verpackungssteuer künftig stärker kontrolliert werden?

Wie das konkret am Ende aussehen wird, erarbeiten wir derzeit. Die Mehrwegpflicht wird bereits überprüft im Rahmen der generellen Kontrollen, die das Verbraucherschutzamt durchführt.

Was ist zum Beispiel mit der kleinen Imbiss-Pizzeria? Der Besitzer steht selbst am Ofen, ein Verwandter liefert aus. Da stehen heute Berge von Pappkartons. Sollen diese Kleinunternehmer künftig irgendwelche Plastikschachteln spülen müssen?

Es gibt für alles Lösungen. Das sind genau die Fragen, mit denen wir uns beschäftigen: Was ist verhältnismäßig? Was ist nicht verhältnismäßig? Was hat eine Steuerungswirkung?

Tübingen hat die Anschaffung von gewerblichen Spülmaschinen für Mehrweg-Verpackungen finanziell gefördert. Können Sie sich so etwas auch vorstellen für die Stadt Köln?

Das beziehen wir alles in unsere Überlegungen mit ein. Am Ende wird man das abwägen müssen. Ich bin der Ansicht: Derartige Maßnahmen sollten aus dieser Steuer finanziert werden.

Kommen wir zum Klimaschutz. Als Klimadezernent sind Sie seit fast vier Jahren sozusagen Kölns oberster Klimaschützer. Sind Sie zufrieden mit dem bisher Erreichten oder geht es Ihnen nicht schnell genug?

Beides. Das eine schließt das andere ja nicht aus. Wir haben zum Glück in der Vergangenheit die Möglichkeit gehabt, Fördertöpfe aufzustocken. Zum Beispiel wurden die Fördermittel der Stadt für die Solaroffensive und klimafreundliches Wohnen von einer Million Euro auf bis zu 20 Millionen Euro pro Jahr erhöht. Beigeordnete aus anderen Städten sagen mir: Was bei euch möglich ist, hätten wir auch gerne. Es sind schon rund 11.000 Anträge eingegangen, die wir abarbeiten. Mit dem Programm ermöglichen wir den Kölnerinnen und Kölnern, an der Energiewende mitzuwirken. Beim Zubau von Photovoltaik ist Köln jetzt in NRW mit weitem Abstand auf Platz eins und bundesweit unter den Top drei, vorher waren wir nirgendwo. Aber wenn wir unsere Klimaziele erreichen wollen, dann müssen wir noch viel schneller werden.

Köln baut immer mehr Photovoltaik-Anlagen. Aber die liefern ja nachts keinen Strom. Was ist, wenn auch kein Wind weht? Woher kommt dann die Energie?

Ich denke, dass wir künftig mehr in Speichertechnologien investieren müssen. Das ist ein Schlüssel für die Energiewende. Wir haben inzwischen auch Batteriespeicher in das städtische Förderprogramm für Photovoltaik aufgenommen. Aber grundsätzlich braucht es künftig auch größere Speicherkapazitäten.

Neulich ist in Erkrath ein ganzes Schulzentrum abgebrannt, nachdem die Photovoltaik-Anlage in Brand geraten war. Bremsen solche Ereignisse den Drang der Bürger, in Solarstrom zu investieren, weil man sich womöglich ein Risiko ins Haus holt?

Soweit ich weiß, geht von PV-Anlagen, wenn sie richtig installiert sind, keine erhöhte Gefahr für Brände aus. Bei unserem Förderprogramm ist die Nachfrage von privater Seite ungebrochen da.

Wie viel Förderung gibt es?

Je nach Anlagenleistung wird eine Förderpauschale von 1.500 bis 2.500 Euro gezahlt. Die Förderung für Batteriespeicher wird je nach Speicherleistung mit einer Förderpauschale von 500 Euro bis 1.300 Euro bezuschusst. Die Installation von Steckersolargeräten, sogenannten „Balkonkraftwerken“, wird mit 150 Euro je Wohneinheit gefördert und richtet sich als Angebot vor allem auch an Mieter. Köln-Pass-Inhaber erhalten eine erhöhte Förderung. 2025 stehen dafür zwölf Millionen Euro bereit und 2026 acht Millionen Euro.

Und was ist mit den städtischen Gebäuden?

Für die energetische Sanierung unseres eigenen Gebäudebestandes werden erhebliche Finanzmittel benötigt. Das kann die Stadt nicht allein stemmen. Dabei brauchen wir unbedingt die Unterstützung von Bund und Land. Vor allem vom Bund. Die Mittel aus dem Transformationsfonds wären gut investiert, wenn damit nicht nur Straßen, Brücken und Bahntrassen saniert würden, sondern auch städtische Gebäude.

Was ist Ihnen als Klimadezernent besonders wichtig?

Das Ziel ist weiterhin da, dass wir die Stadt Köln bis 2035 klimaneutral bekommen. Mir ist wichtig, und wir arbeiten daran, dass der Klimaschutz allgemein eine gesamt-gesellschaftliche politische Aufgabe bleibt, dass es dafür Zuspruch gibt. Das Thema Klimaschutz, Klimawandelanpassung, wird uns weiter betreffen. Wir haben keine andere Chance als das zu bearbeiten. Jeden Euro, den wir jetzt nicht einsetzen, müssen wir in Zukunft doppelt und dreifach ausgeben, um die Folgen abzumildern.


Zur Person

William Wolfgramm (47, Grüne) leitet seit 1. September 2021 das Dezernat Klima, Umwelt, Grün und Liegenschaften. Der gebürtige Leverkusener zog mit 16 Jahren nach Köln und studierte in Bonn Geographie. Zu seinen beruflichen Stationen zählen die Büroleitung für die frühere Düsseldorfer Regierungspräsidentin Anne Lütkes sowie ab 2018 für die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. In seinem Dezernat mit rund 1500 Beschäftigten sind unter anderem Liegenschaftsamt, Umwelt- und Verbraucherschutzamt, Grünflächenamt und die Koordinationsstelle Klimaschutz angesiedelt. (fu)