Wenn die Frauen des 1. FC Köln am Sonntag vor Rekordkulisse gegen Werder Bremen spielen, werden sie erstmals nicht von Michael Trippel begrüßt.
Premiere am SonntagDas ist die neue weibliche Stadionstimme beim 1. FC Köln
Einen roten Strampler mit kleinem Geißbock auf der Brust hat Svenja Hein (24) als Baby nie getragen. Weder ihr Vater noch ihr Bruder interessieren sich übermäßig für Fußball. „Ich bin nicht gerade in einer Fußballfamilie groß geworden“, stellt sie fest. Aufgewachsen ist sie in Refrath-Frankenforst, also fast in Köln, „da kommt man am 1. FC Köln nicht vorbei“, sagt sie. Sie hat auch nie selbst Fußball gespielt. Doch ihr Herz schlägt mittlerweile leidenschaftlich für den FC – und jetzt ist sie sogar Stadionsprecherin der FC-Frauen und wird am Sonntag in der Frauen-Bundesliga die Fans zum Spiel des FC gegen Werder Bremen begrüßen.
Rund 100 Bewerbungen gingen am Geißbockheim ein, nachdem der Verein vorigen Sommer den Job am Stadionmikrofon ausgeschrieben hatte. „Wir haben charismatische FC-Fans gesucht, die schon Erfahrungen mit Moderation haben, den Fußball leben und den FC lieben. Es war aber auch eine Chance für versteckte Talente, die vorher noch keine Bühne gefunden hatten“, skizziert FC-Geschäftsführer Markus Rejek die Kriterien. Durchgesetzt hat sich Svenja Hein, die in Düsseldorf Kommunikations- und Medienwissenschaft sowie Germanistik studiert hat und gerade bei Radio Köln ein Volontariat absolviert.
Nach ihrer Bewerbung hatte sich Hein zum ersten Mal ein Ticket für die FC-Damen gekauft und ein Heimspiel im Franz-Kremer-Stadion geschaut. „Ich wollte die Atmosphäre spüren und die Stimmung auf mich wirken lassen“, erzählt sie. Im Auswahlverfahren musste sie eine Spielerin interviewen und vor der Kamera einen Aufsager sprechen. „Das kam mir entgegen, denn ich habe schon einige Interviews geführt“, sagt sie. Sie wusste zu überzeugen, einige Wochen später hatte sie den Job.
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„Herzlich Willkommen in der schönsten Stadt Deutschlands“, pflegt FC-Stadionsprecher Michael Trippel (69) die Fans seit Jahren in Müngersdorf zu begrüßen. Trippel ist nicht nur Sprecher im Rheinenergie-Stadion, sondern übernahm diese Rolle auch bei den FC-Frauen. Svenja Hein will nun ihren eigenen Stil finden. „Ich möchte spontan auf das Geschehen im Stadion reagieren, die Stimmung aufgreifen und transportieren“, hat sie sich vorgenommen. Ohnehin sei ihr guter Kontakt zu den Fans wichtig, sie wolle „nahbar“ sein und „Best Buddy“, bester Kumpel. Beim Heimspiel gegen Bayern München stand sie bereits an der Seite von Trippel im Stadion. Nun steht ihre Premiere an.
Beim Casting am Geißbockheim musste Svenja Hein auch von sich selbst erzählen. Von ihrer persönlichen Verbundenheit zum FC und ihren Hobbies. Eines davon ist das Backen von aufwändigen Motivtorten. „Das Backen ist für mich ein totaler Ruhepol. Ein Kontrast zu meinem eher stressigen und schnelllebigen Job“, erzählt sie. Im Grunde hätte sie gleich mit einer FC-Torte zum Bewerbungsgespräch erscheinen können, doch das hätte vielleicht für einen faden Beigeschmack gesorgt. „Aber ich habe tatsächlich schon FC-Torten für Freunde gebacken“, erzählt Hein.
Heins Affinität zum FC hatte vor allem ihr Ex-Freund gefüttert. Mit ihm sah sie regelmäßig Spiele im Stadion und fuhr sogar zu Auswärtsbegegnungen. „Das ging von Null auf 100“, erinnert sie sich. So ähnlich fühlt sie sich jetzt wieder. Mittenrein ins Geschäft, in den Fußball, ins Stadion. Dieses Mal mit einem Mikrofon in der Hand. Um viel über die Spielerinnen zu erfahren, setzt sie auf eine akribische Vorbereitung. „Aber bei Frauenspielen ist das noch nicht so einfach, weil nicht von jeder Spielerin irgendwo ein Interview zu finden ist“, hat sie festgestellt. Dann schaut sie eben selbst am Geißbockheim vorbei oder holt sich telefonisch die Infos zu den Spielerinnen, die sie benötigt.
In ihrem Freundes- und Bekanntenkreis sorgt die Nachricht von ihrem neuen Nebenjob noch immer für ungläubiges Staunen. „Viele Freunde haben sich riesig mit mir gefreut und wollen am Sonntag auch ins Stadion kommen. Aber einige waren auch erstaunt, weil ich vorher nicht mega viel mit Fußball zu tun hatte“, meint sie.