Zusammenschließungen geplant?Die Fragen und Antworten zum neuen Kölner Klinikverbund

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Maximalversorger im Rechtsrheinischen: Die städtische Klinik Merheim wäre ein elementarer Teil eines Klinikverbunds.

Maximalversorger im Rechtsrheinischen: Die städtische Klinik Merheim wäre ein elementarer Teil eines Klinikverbunds.

  • Am heutigen Donnerstag präsentiert Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sein Gutachten zur Krankenhausreform in NRW. Dabei geht es auch um die Zusammenlegung von Kliniken.
  • Im Juli stellte eine Studie im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung die These auf, statt 38 Kliniken im Raum Köln würden künftig nur 14 benötigt.
  • In Köln wird Laumanns Gutachten mit Spannung erwartet. Denn das Land als Träger der Uniklinik Köln wäre der zentrale Partner bei einem möglichen Klinikverbund, über den in Köln seit bald zwei Jahren diskutiert wird. Ein Überblick.

Köln – Wie ist die Ausgangslage?

Die Uniklinik will weiter wachsen, hat in Lindenthal aber keine Expansionsmöglichkeiten. Sie hat Ende 2017 ein Angebot gemacht, die Mehrheit an den städtischen Kliniken zu übernehmen. Die Stadt hat den Plan geprüft und verworfen. Das Risiko, dass private Klinikbetreiber sich einklagen könnten, wäre zu groß. Stattdessen soll der Verbund nun unter dem Dach einer Stiftung organisiert werden.

Was genau ist geplant?

Alles zum Thema Henriette Reker

Oberbürgermeisterin Henriette Reker schlägt vor, die städtischen Kliniken (Merheim, Holweide und Kinderkrankenhaus Riehl) in zwei Gesellschaften aufzuteilen. Der operative Geschäftsbetrieb wird vom Grundbesitz getrennt (siehe Grafik). Der Betrieb und die rund 4300 Mitarbeiter gehen in eine neue Betriebsgesellschaft über, die als gemeinnützige Anstalt öffentlichen Rechts (gAöR) organisiert werden soll.

Sämtliche Grundstücke bleiben über eine Eigentumsgesellschaft im Besitz der Stadt – sie kann somit künftig nicht benötigte Flächen anderweitig nutzen. Als gemeinsames Dach von Uniklinik und Betriebs gAöR dient eine gemeinnützige öffentliche Stiftung. In sie entsenden Uniklinik und Stadt Vertreter – in welchem Verhältnis ist noch unklar. Die Stiftung müsste durch das Land NRW per Gesetz gegründet werden. Arbeitstitel: „Universitärer Gesundheits-Cluster Köln“.

Wer hat künftig das Sagen?

Im Stiftungsmodell bleiben die städtischen Kliniken rechtlich selbstständig, behalten ihre eigene Identität. Es finde weder eine „Vollintegration“ in die Uniklinik, noch eine Teilprivatisierung statt, heißt es in der Beschlussvorlage aus der Kämmerei für den Stadtrat.

Jedoch übernimmt die Uniklinik in der Betriebsgesellschaft die operative Verantwortung, sie bestimmt also künftig, wo es lang geht. Auf die Besetzung von Vorstand und Aufsichtsrat der Betriebs gAöR soll die Stadt aber über die Stiftung einen gewissen Einfluss ausüben können. Zudem hat die Stadt Mitspracherechte in strategischen Fragen – etwa was die Tarifgebundenheit und Altersversorgung der Mitarbeiter angeht oder jegliche Formen des Verkaufs von Betriebsteilen.

Wer bezahlt die Sanierung der städtischen Kliniken?

Die Stadt. Lasten aus der Vergangenheit muss sie alleine bewältigen. Das Modell sieht Zahlungen in der gleichen Höhe vor, die eine eigenständige Sanierung der städtischen Kliniken (ohne Verbund) kosten würde. Das wird die Stadt einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Das Modell gibt ihr aber die Chance, an wirtschaftlichen Erfolgen des Verbunds teilzuhaben, was die Sanierungskosten verringern könnte. Ob das Land einen Beitrag leisten wird, ist unklar. Offen ist auch, wer für die nötigen Sanierungen in Holweide und Riehl aufkommt.

Mehrheit für Prüfung des Stiftungsmodells in Sicht

Im Stadtrat zeichnet sich eine Mehrheit für die Aufnahme von Verhandlungen mit Land und Uniklinik ab. CDU-Chef Bernd Petelkau begrüßte das Stiftungsmodell als „guten Weg“, die Gesundheitsversorgung in Köln „zu sichern und auszubauen“. Die CDU setze sich für eine Entscheidung im Rat am 26. September ein. „Die Diskussion um die Zukunft der städtischen Kliniken dauert bereits viel zu lange.“ FDP-Fraktionschef Ralph Sterck spricht sich ebenfalls für einen Klinikverbund aus „Das ist eine einmalige Chance für Köln.“

Auch die Grünen stehen der Stiftungsidee positiv gegenüber. Es halte es für richtig, der OB ein Mandat für Verhandlungen zu geben, sagt der grüne Gesundheitsexperte Ralf Unna. „Es sind aber noch viele Fragen zu klären – insbesondere was die künftigen Einflussmöglichkeiten der Stadt und die finanziellen Themen betrifft.“ Die SPD will den Vorschlag kritisch prüfen. Man werde „weiterhin für den Erhalt der städtischen Kliniken und ihrer Standorte in Merheim und Holweide sowie des Kinderkrankenhauses in Riehl kämpfen“, sagte SPD-Fraktionschef Christian Joisten. (fu)

Welche medizinischen Vorteile bietet der Verbund?

Durch ihn könne man den Bürgern dauerhaft modernste Diagnose- und Therapieverfahren zur Verfügung stellen, meint die Verwaltung. Köln könne in wichtigen Medizinbereichen „die nationale Innovationsführerschaft übernehmen“. In ausgewählten Feldern will man Kompetenzen bündeln, um Innovationen voranzubringen – etwa in der Behandlung von Lungenkrebs. So könne man „die hervorragende lungenchirurgische Expertise der Kliniken Köln“ mit der therapeutischen Kompetenz des Centrums für integrierte Onkologie (CIO) der Uniklinik und der „einzigartigen molekulardiagnostischen Erfahrung in der Pathologie der Uniklinik“ verbinden. Geplant ist auch ein intensiver Austausch im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Was ist mit den Mitarbeitern?

Nach dem Stiftungsmodell würde die unterschiedliche Tarifierung bei den städtischen Kliniken (TVöD) und der Uniklinik (TV-L) fortbestehen. Sämtliche Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Laut der Vorlage für den Rat werden die Besitzstände der Mitarbeiter der städtischen Kliniken gewahrt. Es sei kein Betriebsübergang nach Paragraph 613a BGB geplant. Wie die Überleitung der Mitarbeiter in die Betriebs gAöR aussehen soll, ist derzeit unklar. Für Nachwuchs, insbesondere an Pflegekräften, soll künftig ein gemeinsames Ausbildungszentrum sorgen.

Welche Synergien soll der Verbund heben?

Bei Arzneimitteln, Medizintechnik, Energie etc. wurde ein Einsparpotenzial von 5,4 Millionen Euro jährlich ermittelt. Durch Leistungszuwächse bei Operationen will man zusätzliche Erlöse von bis zu 11,3 Millionen Euro pro Jahr generieren.

Wie geht es jetzt weiter?

Sofern der Stadtrat grünes Licht gibt, nehmen Stadt, Land und Uniklinik Verhandlungen über das „Wie“ eines Klinikverbunds auf. Die endgültige Entscheidung über das „Ob“ trifft der Rat zu späterer Zeit.

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