Die Frauenklinik will diese Technik als zweite Klinik in Köln anbieten.
Mit dem Po zuerstErste Spontangeburt in Beckenendlage an der Uniklinik Köln

Anna H. (2.v.r.) hat ihr Kind vor zwei Wochen an der Uniklinik in Beckenendlage entbunden, möglich gemacht haben das (v.l.) Professor Dr. Tanja Groten, Dr. Laura Rath und Hebamme Simona Totti.
Copyright: Meike Böschemeyer
Claras Weg auf die Welt war ein besonderer: Das Mädchen wurde mit dem Po zuerst geboren. Nur drei bis fünf Prozent aller Babys liegen am Ende der Schwangerschaft nicht mit dem Kopf nach unten in der Gebärmutter, sondern sitzen im Becken. Wenn sich das Baby nicht dreht, bedeutet das für die meisten betroffenen Mütter: Es muss ein Kaiserschnitt gemacht werden. Denn kaum ein Krankenhaus bietet die natürliche Geburt bei einer Steißlage an (siehe Infotext).
Daher war Claras Geburt am 1. Mai auch für den Kreißsaal der Uniklinik eine Premiere: Zum ersten Mal wurde hier ein Einling in Steißlage spontan geboren. Bisher wurde dies nur bei dem Zweiten von Zwillingen praktiziert, anderenfalls wurde ein Kaiserschnitt gemacht. „Wir wollen wieder mehr Physiologie in den Kreißsaal holen“, sagt Professor Dr. Tanja Groten, die seit Februar als neue Direktorin der Klinik und Poliklinik für Geburtsmedizin frischen Wind an die Uniklinik Köln bringt.

An der Uniklinik gab es 2024 insgesamt 2058 Geburten.
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Wichtig sei bei einer Geburt aus der Beckenendlage vor allem die Erfahrung. Viele junge Ärztinnen und Ärzte kennen die Methode nur aus Büchern. Schuld gibt Prof. Groten einer internationalen Studie mit dem Fazit, Steißgeburten seien viel risikobehafteter als Kaiserschnitte. „Nach dieser schlecht gemachten Studie wurde es kaum noch in deutschen Kliniken praktiziert und somit ging auch die Erfahrung darin verloren“, so die Medizinerin. In den Kliniken in Jena und Ulm, wo Groten zuvor arbeitete, wurden Kinder jedoch auch in Beckenendlage ohne Kaiserschnitt entbunden. „Auch dort war man der Meinung: Man sollte die Beckenendlage nicht mehr als Anomalie bezeichnen, sondern nur als Abweichung von dem, was häufig ist.“
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In der Kölner Uniklinik sollen die Geburtshelferinnen und -helfer nun geschult werden, „damit alle wieder in der Lage sind, diese Geburten zu begleiten“, so Prof. Tanja Groten. Wie Oberärztin Dr. Laura Rath. Sie führte mit Claras Mutter das erste Gespräch über die Geburt. „Ich war noch gar nicht darauf vorbereitet, weil es vier Wochen zu früh war“, erzählt die 37-jährige Anna H.. Zwei Tage vorher war sie noch im Agrippabad schwimmen, nichts deutete darauf hin, dass es bald losgehen sollte. Doch in der Nacht platze in der 36. Schwangerschaftswoche die Fruchtblase. Da sie wusste, dass das Kind in ihrem Bauch eine sitzende Position eingenommen hatte, ging die zweifache Mutter aber zunächst von einem Kaiserschnitt aus.
Proportionen müssen zusammenpassen
Dass die Mutter bereits ein Kind geboren habe, sei ein Vorteil gewesen, sagt Dr. Laura Rath. „Bestimmte Kriterien für die Beckenendlagen-Geburt müssen immer erfüllt werden, unter anderem, dass die Proportionen von Kind und Mutter zusammenpassen“, erklärt Dr. Rath. Vor allem, um die Risiken zu minimieren. Denn wenn der Körper vor dem Kopf geboren wird, kann zum Beispiel die Nabelschnur kurzzeitig abgeklemmt sein. Risiken gebe es aber bei einer Geburt immer, auch wenn der Kopf zuerst komme, so Groten. „Wenn die Herztöne des Kindes schlechter werden oder wir das Gefühl haben, das Kind hat Stress, dann brechen wir ab und machen doch einen Kaiserschnitt“, sagt Groten. „Wir können natürlich solche Geburten viel entspannter zulassen, weil wir in der Uniklinik alle Ressourcen parat haben.“
Ziel ist es, dass irgendwann das ganze Team die Techniken beherrscht. Aktuell kann eine solch besondere Spontangeburt nur zusammen mit Prof. Groten oder Oberarzt Dr. Berthold Grüttner durchgeführt werden. Teamleiterin des Kreißsaals, Hebamme Simona Totti, freut sich über die Neuerung: „Auch wir Hebammen freuen uns darauf, dies bei uns in der Geburtshilfe anzubieten“, so Totti.