Das Lindenthaler Geburtshaus muss aus der Frauenklinik ausziehen – die Uniklinik will ihr Geburtshilfeangebot ausweiten und benötigt die Räume selbst.
Schock für HebammenUniklinik Köln kündigt dem Lindenthaler Geburtshaus

Im Erdgeschoss der Frauenklinik an der Kerpener Straße ist derzeit das Lindenthaler Geburtshaus beheimatet.
Copyright: Susanne Esch
2024 Jahr feierte das Lindenthaler Geburtshaus ein besonderes Ereignis und seinen Erfolg: Das 500. Baby wurde dort geboren, vier Jahre nach seiner Eröffnung. Das Geburtshaus war 2021 gegründet worden und als Mieter in Räume im Erdgeschoss der Frauenklinik gezogen. Doch nun hat die friedliche Koexistenz zwischen klinischer und der „außerklinischen Geburtshilfe“, wie das Geburtshausteam sie leistet, unter einem Dach ein Ende. Die Uniklinik, zu der die Frauenklinik gehört, hat dem Geburtshaus gekündigt. Wann die Hebammen mit ihrem Angebot ausziehen müssen, ist noch nicht klar. Sie stehen noch in Verhandlungen mit der Uniklinik über eine Verlängerung der Frist.
Die Kölner Geburtshäuser sind sehr gefragt
Für die Hebammen ist die Kündigung ein Schock, zumal sie sich vor Ort gut eingelebt haben und ihre Art der Geburtshilfe stark nachgefragt ist. „Es gibt in Köln uns in Lindenthal und noch ein anderes Geburtshaus im Norden der Stadt. Wir haben beide Wartelisten“, sagt Geschäftsführerin Sandra Murn. Die Geburtshäuser sind wichtige Anlaufstellen für schwangere Frauen, die eine möglichst natürliche Geburt bevorzugen.

Sandra Murn (l) und Anna Adam in einem der Geburtsräume.
Copyright: Susanne Esch
Die außerklinische Geburtshilfe unterscheidet sich stark von der klinischen: „Die schwangeren Frauen melden sich zumeist bereits in der achten oder neunten Schwangerschaftswoche bei uns an“, schildert Murn. Sie werden dann im Geburtshaus bis zur Geburt umfassend betreut, mit Beratung und Vorsorgeuntersuchungen, die neben den Untersuchungen bei der zuständigen Gynäkologin oder dem Gynäkologen stattfinden. Die Hebammen nehmen sich viel Zeit für ihre Patientinnen. „Es entsteht ein Vertrauensverhältnis“, sagt Murn, „das es den Frauen erleichtert, sich bei der Geburt fallen zu lassen.“
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Hebamme ist während der gesamten Geburt anwesend
Während des Geburtsvorgangs ist ihre jeweilige Hebamme über den gesamten Zeitraum anwesend. Die Frau kann sich während der Wehen frei bewegen und selbst entscheiden, in welcher Position sie ihr Kind am liebsten bekommen möchte. Es stehen nicht nur ein breites Bett, sondern auch ein Gebärhocker und eine Badewanne zur Verfügung. Ein Tuch hängt von der Decke, zum Festhalten.
Die dauernde Anwesenheit der Hebamme hat einen Vorteil: „Man kann sich ganz auf die jeweilige Frau konzentrieren“, sagt Murn. „So nimmt man positive oder auch negative Veränderungen sofort wahr und kann darauf reagieren.“ Medizinische Eingriffe, wie die Periduralanästhesie (PDA), bei der ein schmerzlinderndes Anästhetikum in den Bereich um das Rückenmark gespritzt wird, oder der Einsatz von Zange oder Saugglocke finden im Geburtshaus nicht statt.
Frauenklinik möchte das Angebot der Geburtshilfe ausweiten
Diese andere Herangehensweise ergänzt bislang das Angebot der Frauenklinik in Lindenthal. Doch die benötigt die Räume nach Auskunft der Uniklinik nun selbst. Die Klinik ist neu strukturiert und geteilt worden, in die Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Gynäkologische Onkologie sowie die Klinik und Poliklinik für Geburtsmedizin, mit jeweils einem Chefarzt und einer Chefärztin an der Spitze.
Die Geburtsmedizin würde ihr Angebot nun ausbauen, schreibt Sprecher Mirko Ristau. „Die Uniklinik wird ab nächstem Jahr auch einen Hebammenkreissaal anbieten. Dort können Frauen, deren Geburten nach vorheriger Untersuchung als risikoarm eingestuft wurden, unter der alleinigen Aufsicht von Hebammen gebären.“ Die Hebammen könnten bei Bedarf aber jederzeit Ärzte oder Ärztinnen dazu holen. Das ermögliche eine selbstbestimmte und sichere Geburt. Zudem würden die ambulanten Angebote zur Vorbereitung auf die Geburt im Hebammenkreissaal und zur Nachsorge ausgebaut. Auch ein Stillcafé solle eingerichtet werden.
Das besondere Angebot des Geburtshauses muss dafür aber weichen. Die Hebammen hoffen, dass es zumindest so lange in der Frauenklinik bleiben kann, bis es ein neues Dach über dem Kopf gefunden hat, denn ein nahtloser Übergang ist wichtig. „Wir haben 19 Mitarbeiterinnen“, sagt Murn. „Darunter sind auch alleinerziehende Mütter.“ Sie sollen vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes geschützt werden. Vor allem aber sollen die werdenden Mütter mit dem Geburtshaus eine durchgehend verlässliche Anlaufstelle haben.