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EinsturzgefahrStadt Köln sperrt Tiefgarage in der Kölner Altstadt

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Die Tiefgarage Groß St. Martin ist für die Öffentlichkeit gesperrt.

In der gesperrten Tiefgarage Groß St. Martin wurde eine Mauer aus Kalksandstein (rechts hinten) als Notmaßnahme gegen statische Mängel errichtet.

Die Stadt Köln hat die Tiefgarage an Groß St. Martin mit sofortiger Wirkung geschlossen. Seit 2011 ist bekannt, dass eindringendes Wasser die Bausubstanz zerstört.

Siebeneinhalb Monate, nachdem die Rundschau über die Einsturzgefahr in der städtischen Tiefgarage Groß St. Martin berichtet hat, ist die Kölner Stadtverwaltung tätig geworden. Am Montag hat sie das Parkhaus mit 213 Stellplätzen mit sofortiger Wirkung für die Öffentlichkeit gesperrt. Der hintere Teil der Tiefgarage, der vom Erzbistum Köln und Anwohnern der umliegenden Gebäude genutzt wird, muss bis Donnerstagabend komplett geräumt sein. Autos, die sich danach noch dort befinden, wird die Stadt abschleppen lassen. Die Zufahrt zu diesem Bereich wird ab Freitag, 19. September, gesperrt. Grund für die plötzliche Eile sind nach Angaben der Stadt „kurzfristig notwendige Untersuchungen an der Konstruktion der Tiefgarage“.

Tiefgarage an Groß St. Martin: Gefahr im Verzug

Offenbar gibt es ein Umdenken in der Verwaltung. Anders als bisher sieht man jetzt wohl Gefahr im Verzug. Nach Rundschau-Informationen hat das Bauaufsichtsamt das Liegenschaftsamt aufgefordert, dass wegen freiliegender Armierungen unverzüglich betontechnische und statische Untersuchungen durchgeführt werden müssen. Demnach trafen sich in der vergangenen Woche Vertreter des Liegenschaftsamts und des Bauaufsichtsamts vor Ort. Danach ging alles ganz schnell. Am Freitag wurden das Erzbistum und die Verwaltung der privaten Wohnungseigentümer zu einem kurzfristig anberaumten Gespräch am Montagvormittag einbestellt. Dort eröffnete ihnen die Stadt, dass die Tiefgarage sofort gesperrt werden müsse.

Schwere Korrosionsschäden in der Tiefgarage Groß St Martin.

In der Tiefgarage Groß St Martin breitet sich Korrosion an tragenden Bauteilen aus. Ein maroder Stahlbetonbalken wird provisorisch mit einer Mauer gestützt.

Mit dieser Maßnahme solle das mögliche Risiko durch Brandlasten minimiert werden. Grund sind die enormen Schäden in der 1976 erbauten Tiefgarage. Wie die Rundschau bereits Ende Januar berichtete, dringt seit Jahren Wasser in die Bausubstanz ein. An vielen Stellen ist der Beton abgeplatzt, der Bewehrungsstahl liegt frei und ist teils bis zur Unkenntlichkeit korrodiert.

Anwohner an Groß St. Martin schon länger in Sorge

Würden hier ein oder mehrere abgestellte Autos in Brand geraten, könnte die freiliegende Stahlarmierung durch die hohen Temperaturen ihre Stabilität verlieren. Das könnte die Statik der Tiefgarage entscheidend gefährden und im schlimmsten Fall zum Versagen der betreffenden Bauteile führen. Ein Horrorszenario, denn direkt neben und über der Tiefgarage stehen Wohngebäude. Mancher Anwohner fragt sich schon länger, ob er in seiner Wohnung eigentlich noch sicher ist.

Die Schäden sind der Stadt Köln seit 14 Jahren bekannt. Schon 2011 ergab ein Gutachten, dass eine Betonsanierung erforderlich ist und die gesamte Oberfläche der Tiefgarage, die an die romanische Kirche Groß St. Martin grenzt, neu abgedichtet werden muss. Doch passiert ist seitdem wenig. Der Bau gehört mehreren Parteien: der Stadt, dem Erzbistum und privaten Eigentümern. Die Federführung liegt bei der Stadt Köln, die eine Sanierung bislang aufgeschoben hat. 2017 beauftragte das Liegenschaftsamt einen Gutachter, der sein Konzept zur Instandsetzung aber erst 2020 vorlegte. Danach geschah wieder nichts.

Gutachten: Dauerhaftigkeit der Tiefgarage „erheblich eingeschränkt“

Im August 2024 schalteten besorgte Anwohner die Bauaufsicht und den vorbeugenden Brandschutz ein. In der Folge wurde ein neues Gutachten erstellt und am 4. Oktober 2024 vorgestellt. Ergebnis: Die Dauerhaftigkeit der Tiefgarage sei „erheblich eingeschränkt“. Angesichts des schlechten Zustands erklärten die Sachverständigen: „Die Instandsetzungsplanung sollte umgehend begonnen werden und die Sanierung der gesamten Tiefgarage kurzfristig erfolgen.“

An zwei Stellen waren die Schäden schon damals so groß, dass die Gutachter empfahlen, die betroffenen Unterzüge aus Stahlbeton unverzüglich abzustützen, da man ihre Standsicherheit nicht mehr vollumfänglich bescheinigen könne. Daraufhin ließ die Stadt dort insgesamt 96 Baustützen aus Stahl aufstellen. Diese standen dort fast neun Monate, ehe es den Verantwortlichen dämmerte, dass Stahlstützen bei einem großen Feuer ihre statische Funktion verlieren würden.

Daraufhin ließ die Stadt die Stahlstützen Mitte August 2025 wieder entfernen und durch zwei massive gemauerte Wände aus Kalksandstein ersetzen. Auf die Frage, warum man dieses Brandschutzrisiko fast neun Monate lang hingenommen hat, anstatt sofort feste Wände zu errichten, gab sich die Stadt wortkarg. „Alle Maßnahmen erfolgten und erfolgen auf Basis gutachterlicher Stellungnahmen“, sagte eine Sprecherin. Man habe verschiedene Untersuchungen beauftragt, ein Sanierungskonzept sei in Arbeit. „Zudem erfolgen weiterhin regelmäßige Begehungen der Tiefgarage.“ Die Gutachter hatten im Oktober 2024 wegen des schlechten Zustands der Tiefgarage empfohlen, die Statik künftig alle sechs Monate zu überprüfen.

Die Stadt will nun an rund 50 Betonstützen Proben entnehmen, „um das Schadensbild für die anstehende Sanierung näher zu ermitteln“. Das Presseamt erklärte: „Wann die Tiefgarage wieder öffnen kann, ist derzeit noch nicht bekannt.“ Ein Anwohner sagte, man hoffe, „dass die Stadt die Sanierung jetzt endlich in Angriff nimmt und nicht mit einem neuen Gutachten erneut auf Zeit spielt“.

Den privaten Nutzern der Tiefgarage Groß St. Martin hat die Stadt angeboten, ihre Fahrzeuge im vorderen Teil des Parkhauses abzustellen, wo es keine vergleichbaren Feuchtigkeitsschäden gibt. Die 77 Parkplätze dort waren bis Montag öffentlich zugänglich. Weil der Platz nicht für alle Privatnutzer reicht, dürfen die restlichen Betroffenen kostenlos die Tiefgarage am Dom nutzen, von der ebenfalls große Teile wegen Mängeln am Stahlbeton gesperrt sind. Somit fallen in der Innenstadt bis auf Weiteres zahlreiche Kfz-Stellplätze weg.