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Kölner KarnevalSo helfen Streetworker Betrunkenen am Elften Elften

4 min
Ein Polizeibeamter und Feiernder stehen bei einem Betrunkenen, der auf dem Boden sitzt.

Das Kwartier Latäng ist einer der Feierhochburgen für junge Menschen. 

Das Streetwork-Team der Stadt Köln hilft betrunkenen Jecken im Kwartier Latäng mit kostenlosen Snacks.

Am Elften Elften um 11.11 Uhr fliegt das Konfetti und fließt der Alkohol – bei manchen Feierwütigen etwas zu viel. Ein 15-Jähriger sitzt auf den Stufen vor einem Hauseingang, vor ihm liegt Erbrochenes auf dem Boden, seinen Kopf kann er kaum noch heben. Da kommt das Streetwork-Team der Stadt Köln zum Einsatz – mit Getränken, Snacks und Taschentüchern im Gepäck.

Lasse Golob, Tarek Maarouf und Fezane Tobias sind im Zülpicher Viertel unterwegs, um betrunkenen Menschen zu helfen und kostenlos Snacks zu verteilen. Das Veedel ist einer der Feierhochburgen für junge Jecke, dementsprechend hoch ist auch der Alkoholpegel. „Wir achten auf alle, aber vor allem auf größere Gruppen von Jugendlichen“, sagt Golob, Teamleitung Streetwork beim Amt für Kinder, Jugend und Familie der Stadt Köln. „Viele ziehen sich auch in Seitengassen oder auf Treppeneingänge zurück – dort laufen wir regelmäßig durch.“ Insgesamt elf Streetworkerinnen und Streetworker der Stadt Köln sind am Elften Elften im Kwartier Latäng und in der Altstadt im Einsatz.

Betrunkene und Verletzte am Elften Elften

Maarouf bietet dem betrunkenen 15-Jährigen Eistee und Wasser an. Schließlich ruft Tobias die Sanitäter – der Junge ist kaum mehr ansprechbar. „Das ist kein allzu schlimmer Fall, da er noch aufstehen kann“, schildert Golob. „Manche verlieren im Rausch das Bewusstsein oder verletzen sich, indem sie umknicken oder hinfallen.“

Dass ein hoher Pegel zu Chaos führt, zeigt sich im selben Moment: Während die Sanitäter dem Jungen auf die Beine helfen, kommt eine Jugendliche weinend angelaufen – sie hat eine Platzwunde am Kopf. Irgendwer hat vermutlich einen Gegenstand in die Luft geworfen, der sie getroffen hat.

Lasse Golob (v.l.), Tarek Maarouf und Fezane Tobias helfen jungen Jecken am Elften Elften.

Lasse Golob (v.l.), Tarek Maarouf und Fezane Tobias helfen jungen Jecken am Elften Elften.

„Das ist eine klassische Situation an Karneval“, erzählt Golob. Seit 2013 ist er als Streetworker unterwegs. Als die Sanitäter den Jungen zur Unfallhilfsstelle begleiten, gibt der Streetworker einem von ihnen seine Karte. Darauf steht seine Telefonnummer. „Wenn der Jugendliche seinen Rausch ausgeschlafen hat, kann er mich anrufen“, erklärt Golob. „Wir können ihn zum Bahnhof bringen, ihm eine Fahrkarte besorgen oder seine Eltern anrufen.“ 

Die Snacks und Taschentücher gehen schnell zur Neige. Das Team dreht eine Runde durch die Straßen, verteilt die Vorräte und kehrt zu seinem Bus zurück – der ist gefüllt mit Kartons voller Eistee, Wasser, Nüsse und Schokoriegeln. Dort füllen sie ihre Taschen wieder auf und ziehen weiter. „Das ist quasi unser Job für heute: Leute sehen, denen es schlecht geht, und ihnen helfen“, sagt Golob.

Mit steigendem Pegel gibt es mehr Einsätze

Das Team ist den ganzen Elften Elften im Einsatz. Die Streetworker wechseln sich nach ein paar Runden aus. „Um vier oder fünf Uhr ändert sich die Stimmung hier“, erzählt Golob. „Die Leute sind noch betrunkener und manche werden aggressiv.“ Nach 11.11 Uhr macht sich der Pegel bemerkbar – eine junge Frau liegt bewusstlos in stabiler Seitenlage auf dem Boden, umgeben von Sicherheitspersonal. „Die Frau ist in Sicherheit und bekommt Hilfe von Sanitätern“, sagt Golob. „Wenn sie alleine da wäre oder in der Menge liegen würde, helfen wir ihr natürlich. Wir haben immer ein Auge drauf.“

Die Feiernden müssen nicht völlig im Delirium sein, damit das Team auf sie aufmerksam wird. Mit geschultem Blick schauen sie durch die Partymenge und entscheiden, wer Hilfe braucht. Manche Jecke müssen sich nur kurz ausruhen, sitzen auf dem Boden oder auf Treppen – auch sie bekommen Snacks angeboten, die dankend angenommen werden. „Viele Leute fangen früh an, zu feiern und zu trinken“, so Golob. „Sie essen vielleicht nicht viel und sind dann schon vormittags betrunken. Die Snacks können helfen, den Rausch etwas zu verzögern.“

Streetworker-Team hat sich etabliert

Die jungen Menschen reagieren mit Freude und Überraschung, dass sie die Sachen kostenlos bekommen. „Wir geben sie euch, damit ihr euch weiterhin gut fühlt – oder damit es euch hoffentlich gar nicht erst schlecht geht“, sagt Golob lachend zu einer Gruppe junger Frauen, die Schokoriegel bekommen haben. Mittlerweile erkennen die Feierwütigen die Streetworker: „Wir sind seit 2020 an Karneval im Zülpicher Viertel unterwegs. Das hat sich herumgesprochen – die Leute kommen gezielt auf uns zu.“ 

Die Streetworker tragen einen Zähler bei sich, um mitzuzählen, an wie viele Menschen sie ihre Sachen verteilen. „Grundsätzlich sind es immer etwas mehr Männer als Frauen, die Hilfe benötigen“, sagt Golob. Die Taschentücher kämen dagegen vor allem jungen Frauen zugute. „Die benutzen hauptsächlich die Dixie-Klos – und da drin gibt es ja kein Klopapier“, sagt er. „Wir achten auch immer darauf, dass in unseren Teams Männer und Frauen vertreten sind.“