Demo, Party und Corona in KölnWenn sich Menschen nicht mehr an Regeln halten

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  • Mit zunehmenden Temperaturen fallen die Abstandsregeln.
  • Zahlreiche Menschen tummeln sich auf dem Zülpicher Platz, im Belgischen Viertel, im Stadtgarten, auf den Ringen und an diesem Wochenende auch auf der Schaafenstraße.
  • Wohin mit der Kölner Partyszene, die ihren Höhepunkt im Sommer zelebriert?

Köln – Die Tanzflächen sind leer, die Bar-Atmosphäre durch Plexiglas und Abstandsregeln entzaubert. Die Clubs und Bars sind nur noch leere Zeitkapseln verschwitzter Sommer-Partynächte. Corona hat Deutschlands größter Partystadt den Strom abgedreht. Aber wohin mit der  ganzen Szene, die ihren Höhepunkt in den Sommermonaten zelebriert?

Mit zunehmenden Temperaturen fallen die Abstandsregeln. Das Gedränge verlagert sich  auf  den Zülpicher Platz, das Belgische Viertel, den Stadtgarten, die Ringe  und an diesem Wochenende  auch auf die Schaafenstraße. Dort versammelt sich die CSD-Gemeinde, die eigentlich am Wochenende durch die Stadt ziehen wollte. Die Parade wurde wegen Coronas abgesagt. Blaulicht dringt am Freitagabend lautlos durch die  Nacht und mischt sich mit dem Spektakel der in Regenbogenfarben illuminierten Häuser. Polizisten  nehmen vor  gut 1000  feiernden Menschen Aufstellung  und warten ab. Der Veranstalter ruft  per Lautsprecher auf, sich an die Abstandsregeln zu halten. Kaum jemand reagiert. Die Drohung wird wahr gemacht, der Platz geräumt. Bereits vorher, kurz vor Mitternacht, hatten Ordnungsamt und  Polizei die Besucher des  Stadtgartens nach Hause geschickt. Außer tristerem Wetter bringt der Samstag keine Veränderung.

„Wo sollen wir denn noch hin?“

Feierhungrige Jugendliche ziehen grüppchenweise durch die Innenstadt.  Christoph (30)  will sich sein  abendliches Kölsch  nicht nehmen lassen: „Wo sollen wir denn noch hin, wenn die Clubs alle zu sind? Niemand kann erwarten, dass alle Menschen bei schönem Wetter in der Wohnung bleiben. Hier regen sich alle auf, aber kein Abstand an der Supermarktschlange ist okay.“

Alles zum Thema Henriette Reker

In der Nähe des Brüsseler Platzes ertönt  Musik aus einem Lautsprecher, den eine etwa 30-köpfige Gruppe durch das Belgische Viertel zieht. Weitere junge Menschen schließen sich an. Der Weg führt über den leeren  Platz, hier gilt mittlerweile ein Verweilverbot. Die Feiernden  ziehen weiter zum Stadtgarten oder zur Aachener Straße. Dort drängen sich die Menschen vor den Restaurants. Das Ordnungsamt ermahnt die Besucher.

Maria wohnt im belgischen Viertel: „Wenn der Brüsseler Platz gesperrt ist, ist hier natürlich wenig los. Aber die Leute gehen einfach ein paar Meter weiter und feiern dort. Ich glaube nicht, dass man die jungen Menschen einsperren kann.“ Der Vorschlag von OB Henriette Reker, die Partyszene  könne doch am Ebertplatz feiern,  bleibt unbeachtet. Der ist gegen ein Uhr nachts gähnend leer, während es auf der Zülpicher Straße kein Corona zu geben scheint. Markus (40) wohnt dort und ist beunruhigt, wenn er die feiernden Menschen sieht. „Anfangs haben alle Corona ernst genommen. Jetzt will  niemand mehr etwas davon wissen. Aber Corona ist noch da. Das kann problematisch werden. Ich denke, eine zweite Welle kommt.“

Schaafenstraße

Auch auf der  Schaafenstraße drängen sich so viele Menschen wie am Vortag. Gegen Mitternacht hat sich der Pulk etwas aufgelockert. Michael Schmidt ist Rechtsbeistand der Wirte, hat mit der Stadtverwaltung verhandelt und das Wochenende organisiert. Das Problem sei gewesen, dass trotz der Verschiebung des Christopher Street Days viele Besucher angereist waren. Die Organisatoren hatten zwar damit  gerechnet und versucht, sich darauf einzustellen. „Aber egal welche Lösungen wir entwickelt haben, mit irgendeinem Gesetz standen wir immer im Konflikt. Etwa mit der  Idee, die Straße zu einem Biergarten zu machen. Das  wäre rechtlich ein Straßenfest gewesen. Wir hätten  einen Präzedenzfall geschaffen, bei dem andere Gastronomen vielleicht nachgezogen hätten.“

Spontan-Partys auf Straßen und Plätzen

Auch am Samstagabend gingen Ordnungsamt und Polizei rund um den Stadtgarten und die Schaafenstraße gegen spontane Partys und Menschenansammlungen vor. Wie schon am Freitagabend (die Rundschau berichtete) mussten die Feiernden die genannten Orte verlassen.

Stadtgarten

Gegen 0.20 Uhr erhielt der Ordnungsdienst eine Bürgerbeschwerde, weil im Stadtgartenpark mehrere 100 Personen mit lauter Musik feierten. Der Bereich wurde ab 1.35 Uhr mit Unterstützung der Polizei  geräumt. Gegen 1.50 Uhr war die Maßnahme beendet.

Schaafenstraße

Wegen der immer größer werdenden Menschenansammlung ließ die Stadt gegen 22.30 Uhr die Schaafenstraße und den Mauritiuswall sperren, um weitere Besucher abzuhalten.  Kurz nach Mitternacht wurden die genannten Straßen dann  geräumt. Gegen 1.20 Uhr war die Aktion abgeschlossen. (dhi)  

Bürgermeisterin Elfie Scho-Antwerpes ist mit Maske für die Kölner Aids Hilfe unter den Feiernden und verteilt Kondome. Sie sieht auch, dass ein Großteil der Anwesenden die Abstandsregeln nicht einhalten.

Niemand reguliert die Zugänge

„Es ist schwierig, weil niemand reguliert, wie viele Menschen hierher kommen. Aber die Wirte geben ihr Bestes und tragen die Kosten für Security und Absperrgitter.“ Für halb eins schließlich wird die Sperrung angekündigt – der Regen löst die Versammlung schon kurz vorher auf. Von Sperrung ist um ein Uhr nachts im Stadtgarten nichts zu sehen. Gut  200 Menschen haben sich dort versammelt,  für Außenstehende ist der Unterschied zu einer Party nicht  erkennbar. Die Menschen wiegen sich zu Lautsprechermusik oder recken die Hände in die Höhe.

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Tobias (25) ist Kellner in einem Lokal in der Nähe und beobachtet die Situation. „Man sollte eine Lösung finden, dass die Clubs wieder öffnen. Jetzt treffen sich alle im Stadtgarten,   das ist  viel weniger kontrollierbar. Wenn die Polizei  räumt, sind sie fünf Minuten später wieder da.“ Die Situation am Samstag empfindet er im Vergleich zu den letzten Wochen als  ruhig. Um halb zwei schließlich  stellt die Polizei die Musik am Stadtgarten  ab. Am Zülpicher Platz und auf den Ringen geht die Party  weiter.    

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