Viele Ziele, viele FragenWie realistisch sind Rekers Pläne für eine zweite Amtszeit?

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„Sie können mir vertrauen“: Oberbürgermeisterin Henriette Reker präsentiert  in ihrem Wahlkampfbüro an der Großen Budengasse ihr Wahlprogramm.

  • Reker erzählt von Kontinuität in Zeiten der Corona-Krise, von Verlässlichkeit.
  • Aber wie realistisch ist Rekers sogenannter „Kölnplan“?
  • Die Rundschau prüft die wichtigsten Ziele.

Köln – Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos, 63) spielt  an diesem Freitag ihr Blatt aus, als sie ihr Wahlprogramm den Medien präsentiert. Reker erzählt  von Kontinuität in Zeiten der Corona-Krise, von Verlässlichkeit. Es ist der typische Amtsinhaberbonus: Hier ich, die weiß wie es geht, und dort die anderen, die Bewerber. 

Aber wie realistisch ist Rekers sogenannter „Kölnplan“ (siehe  Info-Kasten)?  Vor allem: Rekers Ziele verpuffen, wenn CDU und Grüne als  ihre Unterstützer bei der Kommunalwahl am 13. September  ein schlechtes Ergebnis einfahren und möglicherweise andere Optionen als ein erneutes schwarz-grünes Minderheitsbündnis eingehen. Die Rundschau prüft die wichtigsten Ziele.

Ein 365-Euro-Jahresticket für den ÖPNV in Köln

Pro Tag ein Euro und dafür  in ganz Köln fahren, wohin man will und so oft man will: Reker orientiert sich dabei an Wien, will so den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) fördern.  So klug sich das Ziel anhört, es hat viele Hürden. Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) sind Teil des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS), unter anderem mit Bonn und Leverkusen. Sie finanzieren sich gemeinsam.  Führt Köln das Ticket ein und nimmt weniger Geld ein, muss es die anderen Verkehrsunternehmen trotzdem bezahlen.  Reker sagt: „Ich bin immer wieder in Gesprächen, auch mit den Verkehrsverbünden, dass es Erleichterungen geben muss, damit der ÖPNV angenommen werden kann.“ Der Bund hatte dieses  Ticket     in Bonn gefördert, doch die Resonanz fiel recht mau  aus. Es galt nur im Stadtgebiet, für Pendler war es keine Alternative. Ende 2020 läuft es aus.   Eine VRS-Analyse hatte ergeben, dass ein flächendeckendes 365-Euro-Ticket   eine Milliarde Euro jährlich  koste.  Und die KVB fährt seit Jahren hohe Verluste ein, auf Anfrage wollte sie sich zu Wahlkampfthemen nicht äußern. Reker sagte: „Ich habe ja nicht gesagt, dass es am 14. September eingeführt wird. So schnell wird es nicht gehen.  Aber ich halte es für realistisch.“

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Freien Eintritt in Museen weiter ausdehnen

Schrittweise will die OB den freien Eintritt in die zehn Museen der Stadt ausdehnen. Laut einer Analyse des Kulturdezernats entgingen der Stadt so jährlich rund 4,3 Millionen Euro.  Bislang haben Kölner am ersten Donnerstag des Monats freien Eintritt. Seit Anfang 2019 zahlen  Kölner Kinder bis 18 Jahre, Schüler, KölnPass-Inhaber sowie Kölner am Tag ihres Geburtstages  auch keinen Eintritt in den Sonderausstellungen, vorher galt das nur für Dauerausstellungen.  Reker sagt: „Kunst ist für alle da.“  Aber erst seit  Anfang 2020  ist  für knapp hunderttausend Schwerbehinderte der Eintritt auf die Hälfte gesenkt worden – noch 2018 urteilte das  Referat für Museumsangelegenheiten, dass dadurch  erhebliche Verluste entstünden, „die nicht mehr kompensiert werden können“.

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Es ist ein Wunsch, der Geld kostet – in einer Stadt, die seit Jahren  Schulden  macht. Reker sagt: „Wir dürfen aus Gründen der Generationengerechtigkeit auf Dauer nur ausgeben, was wir vorher erwirtschaftet haben.“ Wie das alles hinhauen soll, bleibt unklar – zumal für die OB kommunale Steuererhöhungen nicht infrage kommen. Allerdings sind  4,3 Millionen Euro angesichts jährlicher Ausgaben von mehr als fünf Milliarden Euro  vergleichsweise leicht zu packen – im Gegensatz zu einer Milliarde Euro für Schulen und Kitas bis 2025, die Reker plant.

Köln wird zur Mobilitätsmetropole

Reker versuchte, beim Thema Verkehr, den Spagat zwischen Auto und Fußgängern und Radfahrern zu meistern. Sie sagte: „Der motorisierte Individualverkehr bleibt auch in Zukunft ein wichtiges Standbein unserer Mobilität. Mit mir wird es keine ideologisch begründeten Verkehrsregelungen geben.“ Aber  wie  will Reker  beispielsweise den Fußgängern mehr Platz geben, ohne ihm dem Auto oder dem Rad  wegzunehmen? Sie sagte: „Am liebsten würde ich es allen recht machen, weil alle Verkehrsteilnehmer wichtig sind. Aber wir müssen natürlich eins bedenken: Die schwächsten Verkehrsteilnehmer sind die Fußgänger und die Fahrradfahrer. Und die müssen wir auch am meisten schützen.“  Mehr Tempo 30-Zonen will sie einführen, aber nicht auf den großen Achsen wie der Inneren Kanalstraße.

Köln wird eine bezahlbare Metropole

Reker sagte: „Wohnraum zuerst, Bedenken danach.“ Nur: So einfach ist der Wohnungsbau mit vielen Vorgaben nicht. Und bis zum Ende einer möglichen Amtszeit im Jahr 2025 verliert Köln  voraussichtlich rund 7300 öffentlich geförderter Wohnungen. Selbst wenn die Stadt  als Ausgleich jährlich tausend neue schafft – wenn es gut läuft –  fallen  mehr als 2300 Wohnungen für Berechtigte weg. Das steht im Gegensatz zu Rekers Aussage, zumal die Mieten  in Köln als Großstadt seit Jahren anziehen.   Die OB verwies auf den geplanten neuen Stadtteil Kreuzfeld im Kölner Norden, denn sie tatsächlich forciert hat. Nur: Bis der steht, dauert noch einige Jahre.

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