Nun ist die Katze aus dem Sack: Die Sanierung der Kölner Bühnen am Offenbachplatz verzögert sich bis Ende 2025. Die Baukosten steigen um bis zu 90 Millionen Euro.
Sanierung erneut verzögertKölner Bühnen eröffnen nicht vor 2026
Eine feierliche Wiedereröffnung der Kölner Bühnen mit einer glanzvollen Premiere wird es frühestens im Jahr 2026 geben. Das steht seit heute fest. Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Kulturdezernent Stefan Charles und Projektleiter Jürgen Marc Volm gab Baudezernent Markus Greitemann am Mittag bekannt, dass die bauliche Fertigstellung der Bühnen erst „in der zweiten Jahreshälfte 2025, respektive bis Ende 2025“ erfolgen soll. Danach erfolgt die Inbetriebnahme der komplizierten technischen Anlagen, die sich über mehrere Monate erstrecken wird - wie lange genau, ist derzeit noch unklar und soll Anfang nächsten Jahres kommuniziert werden. Spielfertig und bereit für die Eröffnung dürften die Bühnen wohl frühestens im Frühjahr beziehungsweise Sommer 2026 sein.
Im Mai 2024 hatten die Bühnensanierer einräumen müssen, dass der zuletzt avisierte Fertigstellungstermin 28. Juni 2024 nicht zu halten war. Durch die weitere Verzögerung um rund eineinhalb Jahre steigen die Baukosten laut Greitemann auf rund 800 Millionen Euro. Geplant waren ursprünglich mal 253 Millionen Euro, zuletzt hatte der Rat im März 2024 das Projektbudget auf 709,4 Millionen erhöht. Nun wird es rund 90 Millionen Euro teurer.
Hinzu kommen die Finanzierungskosten für die Kredite (zuletzt mit 371 Millionen Euro kalkuliert), plus die Kosten für die Interimsspielstätten im Rechtsrheinischen von bislang 131 Millionen Euro. Aber das wird nun nicht mehr reichen, weil das Interim erneut länger dauern wird. Macht unter dem Strich mindestens 1,3 Milliarden Euro Gesamtkosten. Die Sanierung wird den Haushalt der Stadt noch vier Jahrzehnte lang belasten.
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Sanierung der Kölner Bühnen läuft seit 2012
Seit 2012 läuft die Sanierung von Oper, Schauspielhaus, Kleinem Haus und Kinderoper am Offenbachplatz. Nachdem die zunächst im September 2015 geplante Eröffnung wegen massivster Probleme auf der Baustelle spektakulär geplatzt war, wurde das Projekt vollkommen neu aufgesetzt. Der frühere Baudezernent Bernd Streitberger übernahm 2016 als Technischer Betriebsleiter die Verantwortung für die Sanierung. Im Jahr 2022 nannte er den 22. März 2024 als Fertigstellungstermin, musste im November 2023 aber einräumen, dass dieser Termin nicht zu halten war. Damals kündigte er die Fertigstellung bis 28. Juni 2024 an.
Nun konstatieren sein Nachfolger, Baudezernent Markus Greitemann, und Projektleiter Jürgen Marc Volm, dass die Projektorganisation in den vergangenen Jahren offenbar suboptimal und ineffizient war. Volm ist als externer Manager seit 15. Mai 2024 im Projekt involviert. Greitemann hat am 1. Juli 2024 den Job von Streitberger (75) übernommen, der seinen bis Ende Juni laufenden Vertrag aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verlängert hatte. In den vergangenen Wochen haben Volm und Greitemann das Projekt grundlegend analysiert und inzwischen neu organisiert.
Bauleistungen teils „absolut mangelhaft“
Bis zu dieser Umorganisation habe die Baustelle unter massiven Performanceschwierigkeiten gelitten, so Greitemann, „das heißt sowohl in der Organisation als auch an der Baustelle selbst. Grund dafür ist die Komplexität und Kleinteiligkeit dieser gesamten Baustelle und der damit verbundene Koordinierungsaufwand.“ Es habe auch Umbau und Rückbau stattfinden müssen, „weil erbrachte Leistungen absolut mangelhaft waren“. Nicht zuletzt hätten einige Insolvenzen Probleme bereitet.
Jürgen Marc Volm, den die Stadt zuvor bereits als Projektkoordinator für den Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums engagiert hatte, erläuterte mit Blick auf die Neuorganisation am Offenbachplatz, man habe die Verantwortlichkeit anders definiert. „Früher haben wir mit den einzelnen Gewerken und auch die Objektüberwachung über alle vier Häuser, über die gesamte Baustelle hinweg die Arbeiten koordiniert. Das heißt, der Trockenbauer war im Opernhaus in verschiedenen Etagen mit verschiedenen Tätigkeiten beschäftigt, im Schauspielhaus, in der Kinderoper, also überall verteilt. Die Objektüberwachung ist von Gebäude zu Gebäude, von Etage zu Etage gerannt und hat versucht, die vielzähligen Arbeiten zu koordinieren. Das hat dazu geführt, dass wir komplett den Überblick verloren haben, was eigentlich welche Firma wo macht. Wir waren nicht genug an dem Thema dran.“
Um die Komplexität zu reduzieren, habe man die Baustelle in elf Teilprojekte aufgeteilt, jedes mit einem Teilprojektleiter, so Volm. „Der hat die Verantwortung, sein Teilprojekt fertigzustellen, und er ist jeden Tag da draußen.“ In der Oper gebe es zum Beispiel Teilprojekte wie Bühne und Saal, Turm mit Büros von der fünften bis neunten Etage oder das Vorderhaus von der vierten Etage bis ins Untergeschoss. Zurzeit seien rund 170 Arbeiter auf der Baustelle, ihre Zahl solle in den nächsten Wochen und Monaten auf „300 bis 350“ hochgefahren werden.
Greitemann betonte, die Bestandsaufnahme habe keine neuen technischen Herausforderungen ergeben. „Wir sehen hier Herausforderungen bei der Koordination der extrem arbeitsteiligen Bauabläufe, aber keine grundsätzlichen technischen Fragen mehr.“ Die vorliegenden Pläne seien gut.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker bezeichnete die Nachricht von der erneuten Verzögerung und Kostenerhöhung als „für mich wirklich sehr enttäuschend. Und ich muss Ihnen sagen, dass ich bis zuletzt hoffnungsvoll und auch entschlossen war, die Bühnen am Offenbachplatz im nächsten Jahr zu eröffnen.“ Daraus wird nun nichts mehr. Reker sagte, sie habe das Projekt Bühnensanierung „persönlich eng begleitet, muss aber jetzt feststellen, dass die Realität ist, dass es mir nicht gelungen ist, das Projekt so fertigzustellen, wie ich es mir vorgestellt hatte und wie die Kölnerinnen und Kölner es auch verdient hätten. Und auch wenn ich nicht unmittelbar involviert bin, trage ich als Oberbürgermeisterin letztlich die Verantwortung.“
Die erneute Verzögerung, so Reker sei „unglaublich bitter - nicht zuletzt für die Mitarbeitenden, für die Ensembles, die ihre Rückkehr zu den Bühnen an den Offenbachplatz sehnsüchtig erwartet haben.“ Ihr großer Dank gelte den Intendanten „für ihre Loyalität“. Opernintendant Hein Mulders sei „unter ganz anderen Voraussetzungen und Erwartungen zu uns nach Köln gekommen“. Die OB dankte auch Interimsschauspielintendant Rafael Sanchez und dem künftigen Schauspielintendanten Kay Voges, der sich ja auch erhofft und erwartet habe, „anders in Köln zu starten, als er das jetzt tun kann“ so Reker. „Frustrierend und einschneidend ist diese Nachricht auch für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler“, betonte die OB. Als größtes Bauprojekt in Köln sei die Bühnensanierung eine große Herausforderung angesichts der schwierigen Haushaltslage.
Spielzeit 2025/26 wird ebenfalls im Interim geplant
Zu den Auswirkungen auf den Theaterbetrieb sagte Kulturdezernent Stefan Charles: „Es zahlt sich tatsächlich aus, dass die Teams der Bühnen in jeder Hinsicht vorausschauend geplant haben. Die Spielzeit 2024/25 kann reibungslos vollständig im Interim fortgesetzt werden.“ Das Ziel, ein exzellentes Programm ohne Umbrüche zu zeigen, würden die Bühnen auch in der darauffolgenden Spielzeit verfolgen. „Das bedeutet, dass die Spielzeit 2025/26 ebenfalls im Interim geplant wird“, sagte Charles. Der Bauverlauf werde zeigen, „ob dies an den Standorten Depot und Staatenhaus oder am Offenbachplatz sein wird“. Man werde verschiedene Varianten planen.
Dass, wie nun feststeht, die Bühnen die gesamte Spielzeit 2024/25 im Interim bleiben werden, hat laut Charles für das Schauspiel „keine Auswirkungen“. Für die Oper werde es „kleine Auswirkungen“ haben. „Es gibt einzelne Produktionen, die wahrscheinlich zeitlich noch mal angepasst werden müssen. Eine Produktion wird auch nicht zum Ende der Spielzeit 2024/25 starten, sondern muss in die nächste Spielzeit verschoben werden“, erklärte der Kulturdezernent. Das bedeute insgesamt einen großen Aufwand für die Teams der Bühnen, doch sie seien auch dankbar, „dass es Klarheit gibt, wie jetzt die Zukunft aussieht, wo geplant, wo gespielt werden soll“.
Reaktionen
Zwölf Jahre dauert die Sanierung der Bühnen am Offenbachplatz bereits an. Zur erneuten Verzögerung sagte Opernintendant Hein Mulders der Rundschau: „Die aktuelle Situation der Baustelle ist natürlich sehr enttäuschend und weiterhin eine große Belastung für unseren Betrieb. Dennoch haben wir aufgrund paralleler Planungen Vorkehrungen treffen können und werden die noch offenen Fragen und die Produktionen dieser Spielzeit an die aktuelle Situation anpassen und das Publikum und die Presse darüber rechtzeitig informieren.“
Brigitta von Bülow, kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Rat, sagte: „Das sind schon wieder schlechte Nachrichten für die Bühnen, die vor einer weiteren Spielzeit im Interim stehen. Wir Grüne im Kölner Rat sind wirklich erschrocken über die erneute Verzögerung und erst recht über die Kostensteigerungen. So kann es einfach nicht weitergehen.“
Maria Helmis-Arend, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, erklärte: „Das ist der endgültige Offenbarungseid von Oberbürgermeisterin Reker. Ihre Salamitaktik beweist: Den Verantwortlichen in der Verwaltung fehlt der Mut, endlich reinen Tisch zu machen. Unsere Vorschläge, noch rechtzeitig aus dem Katastrophenprojekt Oper auszusteigen, wurden leichtfertig in den Wind geschlagen. Jetzt muss gelten: Wahrheit statt leerer Worte.“
Stefanie Ruffen, Vizevorsitzende der FDP-Fraktion, sagte: „Nach der erneuten Absage der Eröffnung in diesem Jahr überrascht einen diese Ankündigung zwar wirklich nicht mehr, wir würden uns jedoch mehr Ehrlichkeit wünschen: Der Stadtrat, aber auch die Bürgerinnen und Bürger der Stadt, müssen wissen, weshalb es immer wieder zu Verzögerungen kommt.