Köln – Mit einem Schluss-Sprint beendeten die Arbeiter den Bau des Gebäudes an der Leybergstraße. Stephan Deister, Leiter des Hildegard-von-Bingen-Gymnasiums, freute sich über das Tempo: „Wir sind wirklich eins zu eins im Zeitplan“, sagte er beim Richtfest. Dafür gab es dann auch lobende Worte von Oberbürgermeisterin Henriette Reker: Das Hildegard-von-Bingen-Gymnasium sei zwar nicht die einzige Schule, die gerade einen Neubau erhalte, aber diejenige bei der es am schnellsten ging, eben wie es sich für eine Sportschule gehöre.
Ein Schwerpunkt des Gymnasiums liegt auf dem besonderen Angebot im Fach Sport – und so hat es den passenden Neubau erhalten: Eine neue Dreifachturnhalle mit Tribüne und barrierefreier Loge ist darin integriert. Daneben zwölf Klassen- und sechs Gruppen-Differenzierungsräume, außerdem sieben Fachräume und vier Vorbereitungsräume für Naturwissenschaften, drei Mehrzweckräume, eine große Bibliothek, eine Lerntreppe.
Sogar ein Schulzoo soll dort einziehen. Der Erweiterungsbau ersetzt die Modulbauten, die dafür nötig geworden waren, dass die Schule die Sekundarstufe I von drei auf vier Zügen und in der Sekundarstufe II von fünf auf sechs Züge erweitert wurde. 195 Schulplätze werden dadurch gesichert. 1000 Schüler besuchen mittlerweile das Gymnasium. Dementsprechend imposantes Gebäude ist neben dem Altbau in Windeseile entstanden.
Liebeserklärung an das Hildegard-von-Bingen-Gymnasium
Nach dem Lob für die schnelle Arbeit folgte eine Liebeserklärung an das Hildegard-von-Bingen-Gymnasium, von Susanne Gross vom Architekturbüro Kister, Scheiterhaus, Gross. Federführend bei dem Bau sei eigentlich ihr Mann Johannes Kister gewesen, sie habe es sich aber nicht nehmen lassen, selbst beim Richtfest zu sprechen: „Ich habe selbst diese Schule besucht“, betonte Gross. „Vor 50 Jahren bin ich hier eingeschult worden. Es war eine fantastische Zeit, eine richtig gute Schule.“
Diese Einschätzung konnte sie auch mit zwei Anekdoten untermauern: „Meine Deutschlehrerin habe ich sehr verehrt. Sie war das Zentrum der Woche“, erzählte die Architektin. Dann habe sie sich allerdings verliebt und um Zeit für ihren Freund zu haben, eine Woche lang die Schule geschwänzt. Als die Lehrerin sie fragte, ob sie krank gewesen sei, verneinte Gross die Frage. Die Lehrerin bohrte nicht weiter nach. „Sie hatte einfach verstanden, dass es Situationen im Leben gibt, in denen man nicht in die Schule gehen kann, weil etwas anderes wichtiger ist“, erzählte Gross. „Sie hat uns ermutigt, ehrlich zu sein.“
Eine weitere Situation ist ihr im Gedächtnis haften geblieben. „Es gab an der Schule zwei Regeln“, schildert die Architektin. Zum einen durften wir nicht barfuß durch die Schule laufen, und zum anderen nicht die Holztreppe hinauf. Die nur die Lehrer benutzen durften.“ Eines Tages aber wurde sie übermütig und beschloss, als Mutprobe barfuß die Holztreppen hinaufzulaufen. „Ich war gerade losgerannt, da sah ich oben schon den Lehrer auf mich warten“, erzählte Gross. Entgegen ihrer Befürchtung sei der zweifache Regelverstoß nur mit einer Ermahnung geahndet worden. Sie fühlte sich als Mensch angenommen. Schulleiter Stephan Deister freute sich über die positiven Erinnerungen an die Schule. „Wir arbeiten sehr daran, diese wohlwollende Erziehung aufrechtzuerhalten“, kommentierte er. Die Holztreppe sei allerdings nach wie vor das Heiligtum der Lehrer.