30 Schüsse auf einen Geldtransporter, ein brennendes Fluchtauto und maskierte Männer in Tarnanzügen: Der spektakuläre Raubversuch von 2022 ist bis heute unaufgeklärt. Die Ermittler schweigen - doch es gibt neue Hinweise auf weitere Überfälle.
Millionen-Coup in KölnDer mysteriöse Überfall von Marienburg - Täter seit drei Jahren auf der Flucht

Im Juli 2023 fand der Überfall auf einen Geldtransporter statt.
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Auf dem Handyvideo eines Passanten sind Szenen zu sehen wie aus einem Gangsterfilm: Dichter Qualm liegt über der Straße und eine Alarmanlage schrillt unaufhörlich. An einem verregneten Julimorgen im Jahr 2022 laufen schwer bewaffnete Männer mit grünen Tarnanzügen in Marienburg auf der Straße aufgeregt hin und her, zünden ein Auto an und fliehen mit hoher Geschwindigkeit. Was wie ein verwackelter Hollywood-Streifen wirkt, war tatsächlich ein versuchter Raubüberfall, der in seiner Brutalität selbst im an schweren Verbrechen nicht armen Köln seinesgleichen sucht. Doch auch noch drei Jahre nach diesem Überfall sind die Täter auf freiem Fuß.
Sekunden bevor die Männer in den Tarnanzügen das Auto in Brand stecken war ihnen ein Millionen-Coup auf einen Geldtransporter missglückt. Sie wollten daraufhin offensichtlich nur noch in Windeseile weg – und zumindest das ist ihnen gelungen. Eine Festnahme hat bis heute nicht stattgefunden, wie die Kölner Staatsanwaltschaft der Rundschau auf Anfrage bestätigt. Wurde der Fall still und heimlich zu den Akten gelegt? Die Staatsanwaltschaft widerspricht, allerdings nur wortkarg: „Die Ermittlungen dauern an“, so ein Sprecher. Weitere Angaben würden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht gemacht. Zu viele Informationen für die Öffentlichkeit sind auch nach Jahren offensichtlich nicht möglich, um „etwaige Ermittlungsmaßnahmen nicht zu gefährden“.
Organisierte Kriminalität hinter der Tat vermutet
Klar scheint bisher allein: Der Überfall am 22. Juli 2022 ist offenbar der Organisierten Kriminalität zuzuordnen. Und Ermittlungen in diesem Bereich würden nur dann Erfolg versprechen, wenn ein hohes Maß an Geheimhaltung gewahrt bleibe, sagte Kölns Kripochef Michael Esser im vergangenen Jahr mit Blick auf die schwierigen Ermittlungen beispielsweise im Kölner „Drogenkrieg“, in dem sich rivalisierende Dealerbanden mit Explosionen in Hauseingängen und Maschinengewehrsalven auf Hausfassaden bekriegen.
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Köln: Ein Geldtransporter und ein ausgebranntes Auto stehen nach einem Überfall auf einen Geldtransporter am Tatort.
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Doch was geschah vor über drei Jahren auf der viel befahrenen Ausfallstraße in Richtung Autobahn 555 im Detail? An diesem Freitagmorgen verließ ein Transporter der Firma Prosegur die Dependance der Bundesbank am Gustav-Heinemann-Ufer. Er fuhr auf der Militärringstraße in Richtung des Autobahnverteilers Süd, als er gegen 7.30 Uhr vor einer Ampel von zwei Wagen ausgebremst wurde. Maskierten Täter forderten sie auf, den gepanzerten Transporter zu öffnen. Als die Wachleute dies nicht taten, wurde ihr Wagen mit einem Sturmgewehr beschossen. Insgesamt wurden 30 Schüsse auf das Fahrzeug abgefeuert – die Frontscheibe hielt stand. Nach Angaben der betroffenen Sicherheitsfirma Prosegur bestehen die Scheiben der Geldtransporter aus nicht weniger als acht Schichten. In dem Fahrzeug soll sich Geld in Millionenhöhe befunden haben, hieß es nach dem Angriff. Die Polizei spricht nur von einer „höheren Geldsumme“. Die genaue Summe wird weiter nicht genannt. Jedenfalls erbeuteten die Täter keinen Cent davon.
Insider-Wissen und akribische Planung
Dass sich die Täter gezielt diesen „randvollen“ Geldtransporter ausgesucht hatten, scheint Indiz dafür zu sein, dass sie Insiderkenntnisse hatten. Auch wussten sie um seine Route, sodass sie den Überfall in direkter Nähe zum Autobahnverteiler planen konnten, den Fluchtweg fest im Blick.
Der beim Überfall verwandte dunkelblaue Renault Megane Kombi war am 29. Juni 2022 in Siegburg gestohlen worden. Die Halteradresse wurde in Ruppichteroth ausgemacht. An dem Renault hätten sich auffällige Werbeaufkleber an den vorderen Fahrzeugtüren befunden, die von dem Täter entfernt wurden. Die Kennzeichen seien im Hahnwald an der Straße „Judenpfad“ von einem Auto gestohlen worden. Die Täter zündeten den Wagen nach ihrem missglücktem Coup , um Spuren zu vernichten, die zu ihnen führen könnten. Danach traten sie mit dem zweiten Wagen die erfolgreiche Flucht an.

, Köln: Polizeibeamte stehen vor einem Geldtransporter, an dem Einschusslöcher auf der Windschutzscheibe zu sehen sind.
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Ein Jahr nach dem Überfall kam etwas Bewegung in die Ermittlungen. Eine Spur führte nach Belgien. „Ein Pkw, der bei der Tat verwendet worden sein soll, hat nach bisherigen Erkenntnissen die belgisch-deutsche Grenze im Vorfeld der Tat passiert“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer damals. Derzeit würden insbesondere Spuren in das Nachbarland verfolgt. Der Sprecher der Anklagebehörde sprach von „aufwendigen Ermittlungen“. Weiter ließen sich die Behörden auch damals schon nicht in die Karten schauen. Doch auch die Spur nach Belgien führte bisher nicht zum Erfolg.
Neue Überfälle nach ähnlichem Muster
Bei dem Überfall in Marienburg gingen die Täter trotz aller Planung und Brutalität leer aus. Wollten sie ihr Scheitern nicht auf sich sitzen lassen und versuchten es deshalb später nochmals in Köln und der Region. Im Dezember 2024 sicherten schwerbewaffnete Polizisten einen Geldtransporter von der Bundesbank am Gustav-Heinemann-Ufer in Richtung einer Bank nach Aachen. Derselbe Ausgangspunkt und derselbe Weg wie bei dem Überfall vor über drei Jahren in Marienburg. Wahrscheinlich war auch der Transporter wieder gut beladen. Dennoch war die schwere Bewachung ungewöhnlich. Hatten die Sicherheitskräfte Hinweise auf einen erneuten Coup der Täter von einst? Die Antwort auf diese Frage bleibt – wie so oft in diesem Fall – aus.
Schließlich ein weiterer Überfall auf einen Geldtransporter, der aufhorchen lässt. Wie die Polizei mitteilte, bremste im Juli 2025 ein Toyota Yaris einen Geldtransporter auf der Kölnstraße in Brühl aus. Doch der Fahrer des Geldtransporters gab Gas, die drei Insassen des Toyota ließen von ihm ab. Woher der Transporter kam und wohin das Fahrzeug unterwegs war, blieb unklar und wurde nicht mitgeteilt. Der Toyota flüchtete in Richtung Köln-Meschenich und der Auffahrt zur Autobahn 553. Sollten es die selbe Täter-Gruppe gewesen sein wie vor über drei Jahren in Köln , blieben sie zwar wieder ohne Erfolg, aber gefasst wurden sie eben auch nicht.