Der 76-Jährige trat in der Lanxess-Arena auf. Dem begeisterten Publikum wurde eine Menge geboten.
André Rieu begeistert in KölnDer Entertainer dirigiert sein Orchester und verzichtet auf Solostücke

André Rieu bei seinem Konzert in der Lanxess-Arena.
Copyright: Thomas Brill
Endlich sei er „im Zentrum des Universums angekommen“, ruft André Rieu in die jubelnde Menge, und zwar „in Köln mit dem besten Publikum der Welt!“. Der in Maastricht geborene Musik-Entertainer weiß, wie er die rund 13.000 Herzen in der Lanxess Arena im Sturm erobert.
76 Jahre alt ist er und kein bisschen leise. Zwar musste Rieu zuletzt immer wieder etwas langsamer treten, da ihn das unentwegte Tourleben gesundheitlich strapazierte. Doch trotz heiserer Stimme ist er an diesem Abend wieder ganz der Alte.
Ist seine Geige nicht verstärkt?
Oder auch nicht, denn von seiner Geige vernimmt man diesmal kaum einen Ton. Sie ist offenbar gar nicht verstärkt. Zwar markiert er ab und an das Spiel darauf, doch irgendwie ist nichts zu hören. Es gibt auch kein einziges Stück mit ihm als Solisten. Lieber dirigiert Rieu im neuen Programm und lässt sein Orchester, seinen Frauenchor und die auftretenden Stars glänzen.
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Für die Augen gibt es eine schiere Reizüberflutung – nicht nur wegen der knallbunten Urlaubsbilder auf dem Riesenbildschirm hinter der Bühne. Auch seine Musikerinnen steckt der Holländer in farbig-barocke Kleider und schmückt das Podium mit einem wahren Blumenmeer.
17 Nationaliäten im Orchester
Besonders stolz ist Rieu auf sein aus 17 Nationalitäten bestehendes Orchester, mit dem er bereits seit 37 Jahren zusammenarbeitet. Jede Note sitzt hier, und immer wieder werden einzelne Gesichter in Großaufnahme auf die flankierenden Bildschirme geholt - einschließlich einer in die Kamera zwinkernden Flötistin.
Es ist ein Abend der guten Laune und der ins Publikum lachenden Gesichter. Traditionell marschieren alle zu Julius Fučíks „Einzug der Gladiatoren“ in die Arena ein. Mit dabei hat Rieu natürlich wieder seine „Platin-Tenöre“, die unter anderem den süffigen „Chianti Song“ zum Besten geben.
Strip zu „Big Spender“
Zu Josef Strauss’ Polka „Feuerfest“ wird dann ein riesiger Amboss auf die Bühne gerollt, den ein Musiker – nach einem Striptease zu „Big Spender“ – stilvoll im Muskelshirt schlagen darf.
Mit solchen und anderen Gags streift Rieus als Revue angelegtes Programm mitunter die Grenzen zum platten Humor. Doch es geht ihm eben um den Spaß – um das in „Tulpen aus Amsterdam“ mitsingende und beim „Sportpalast-Walzer“ mitpfeifende Publikum.
Ausgewaltze „blaue Donau“
Den Walzer „An der schönen blauen Donau“ serviert er mit vielen Pausen und übertriebenen Ritardandi, während vor der Bühne ein Heiratsantrag stattfindet. Mehr Kitsch geht nicht. „Wie viele Kinder wollt ihr – fünf?“, fragt Rieu daraufhin das Paar.
Inmitten aller Operettenlaune, pathetischer Italanità und schunkelndem Dreivierteltakt gibt es dennoch eindringliche Momente. So, als die 17-jährige Sängerin Emma Kok auf die Bühne kommt, die 2021 die niederländische Ausgabe von „The Voice Kids“ gewann. Die an Magenlähmung leidende Musikerin singt mit engelsgleicher Stimme „Let It Go“ – das Lied der Eisprinzessin sowie den Hit „Voilà“, zu dem der Eiffelturm im Hintergrund erscheint.
Beeindruckender Panflötist
Auch der durch eine Fehlbildung seiner Arme beeinträchtigte Panflötist Michel Tirabosco treibt mit seiner Paradenummer „Across The Stars“ einigen im Saal die Tränen in die Augen.
Rieu beweist sich als Wanderer zwischen musikalischen Gefühlswelten. „Was auch immer im Leben passiert, versucht immer, an die Kraft der Musik zu glauben“, rät er vor dem letzten Stück „You’ll Never Walk Alone“.
Von „Macarena“ bis „Radetzky“
Um Zugaben lässt sich Rieu nicht lange bitten. Er holt dafür sogar das spanische Pop-Duo Los Del Río für ihren 90er Jahre-Hit „Macarena“ auf die Bühne – und hopst die Sänger im Rhythmus immer wieder an.
Zuvor waren im Radetzky Marsch bereits Luftballons aufs Publikum geschwebt, das zuletzt in Partylaune die Hüften schwingt. Nach dem kraftvoll geschmetterten Trinklied aus „La Traviata“ haben auch viele auf der Bühne ein Sektglas in der Hand.
Zuletzt gibt es Rock and Roll mit „Tutti Frutti“, Sirtaki mit „Zorba’s Dance“ und Karneval mit „Viva Colonia“ – es wird richtig wild und auch ein wenig überdreht, bevor Rieu das glücklich erschöpfte Publikum mit „Adieu mein kleiner Gardeoffizier“ nach Hause schickt.
