Zweite Welle beim Corona-VirusSteht uns das Schlimmste erst noch bevor?

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Ein Mitarbeiter bereitet in einem Krankenhaus eine Probe für Corona-Test vor.

Bund und Länder tasten sich vorsichtig an Lockerungen der Kontaktbeschränkungen heran. Doch wie bei anderen Erregern auch, wird das Coronavirus die Bevölkerung in Wellen treffen. Müssen wir uns auf einen erneuten und heftigeren Ausbruch von Sars-CoV-2 einstellen?

Das Coronavirus ist ein enger Begleiter geworden. Es ist da, wenn wir aufwachen. Es ist da, wenn wir schlafen gehen. Es wird so schnell nicht verschwinden. Den ersten Ausbruch hat Deutschland gut überstanden. Rund 5000 Menschen sind bisher gestorben. Jeder dieser 5000 ist einer zu viel, doch in anderen Ländern sind die Zahlen dramatisch höher. In Sicherheit wiegen darf uns das aber nicht.

Was sagen die Experten? Wann könnte die nächste Welle folgen?

Experten wie der Virologe Christian Drosten rechnen mit einer zweiten Infektionswelle. Bei uns waren es insbesondere Skifahrer und Karnevalisten, die das Virus nach Deutschland trugen. Zwar gab es in Bayern den ersten Ausbruch, weil dort die Mitarbeiterin eines Autoteileherstellers das Virus einschleppte, doch war die Gruppe der Infizierten überschaubar. Nahezu alle Kontaktpersonen konnten ermittelt werden. Beim Karneval in Heinsberg und der Gaudi in Ischgl war das anders. Die Infektionsketten wurden immer länger. Irgendwann waren sie nicht mehr nachverfolgbar.

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Laut Drosten trugen die Skifahrer und Karnevalisten das Virus zunächst in ihr soziales Umfeld. Infiziert wurde eine bestimmte Altersgruppe. Hochbetagte und sehr Junge waren kaum darunter. Mit der Zeit kommt es Drosten zufolge allerdings zur Durchmischung der Altersgruppen, weil man sich eben doch mit Freunden trifft. „Ich erwarte, dass es zu diesen Effekten kommt“, sagte der Chefvirologe der Berliner Charité im NDR-Podcast. Das Virus würde jene treffen, die bisher verschont blieben. Dadurch könnte es zur zweiten Welle kommen.

Welche Auswirkungen könnten die aktuellen Lockerungen haben?

Bund und Länder tasten sich zaghaft an Lockerungen heran, was epidemiologisch betrachtet zunächst keinen Sinn macht. Wenn sich Menschen wieder intensiver begegnen, werden auch die Fallzahlen steigen, sagen zahlreiche Experten. Die Bevölkerung könnte dem nichts entgegensetzen, da es noch keine Grundimmunität gibt. Es ist jedoch zwingend notwendig, über Lockerungen zu sprechen. Denn die Alternative ist nur der vollständige Lockdown. So wäre es zwar wohl möglich, das Virus quasi auszuhungern, allerdings müssten diese Beschränkungen über mehrere Monate aufrechterhalten werden, heißt es in einer Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Epidemiologie. Ein Lockdown würde zudem eine Herdenimmunität verhindern, sofern es keinen Impfstoff gibt. Käme es dann zu einem neuen Ausbruch, würde die Epidemie von vorne beginnen.

Was zeigt der Vergleich mit der Spanischen Grippe?

Die Furcht vor mehreren Wellen ist begründet. Sars-CoV-2 ist etwas Neues. Man weiß nicht, wie sich das Virus letztlich verhalten wird. Deshalb vergleicht man die Ausbreitung mit früheren Pandemien, bei denen der Verlauf bekannt ist. Schnell gelangt man dann zur „Mutter aller Pandemien“, wie die Spanische Grippe hollywoodesk genannt wird.

Wie schwer könnte uns eine nächste Infektionswelle treffen?

Wie stark Deutschland von einer möglichen zweiten oder auch dritten Welle getroffen wird, hängt davon ab, wie lange wir die sanfte Isolation durchhalten. Wenn wir keinen vollständigen Lockdown wollen, gibt es eigentlich nur ein mögliches Szenario: Es wurde unter der Bezeichnung „Hammer and Dance“ bekannt. Gemeint ist ein Wechselspiel zwischen dem Eindämmen des Virus mit scharfen Kontaktverboten („Hammer“) und dem Lockern der Maßnahmen, sodass das Virus in der Bevölkerung wieder ein wenig tanzen darf („Dance“), nur um danach wieder mit dem Hammer vorübergehend erschlagen zu werden. Bis ein Impfstoff verfügbar ist.

Die Spanische Grippe

Die Spanische Grippe verlief in drei Wellen. Die erste, im Frühjahr 1918, war noch recht harmlos. Die Menschen litten an Schüttelfrost oder Fieber, starben aber noch nicht in großer Zahl. Trotzdem erließen etwa die USA frühzeitig Quarantänemaßnahmen.

Die zweite Welle , die Herbstwelle, war ungleich gefährlicher. Das Virus war mutiert und tödlicher geworden. Ob dies nun aber an der Mutation lag, ist nicht geklärt. Auffällig war, dass plötzlich vor allem junge Menschen bis 40 Jahre rasch erkrankten und starben. Heute vermutet man hinter diesem Sterblichkeitsmuster den sogenannten Zytokinsturm. Es ist eine Überreaktion des Immunsystems.

Allerdings fiel die Spanische Grippe in eine andere Zeit. Unser Gesundheitssystem ist deutlich besser. Dennoch: Einen Ausbruch eines Coronavirus, wie wir ihn jetzt erleben, gab es noch nicht. (jaco)

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