Mit mehr als 39.000 Mitgliedern und starken Kandidaten fokussieren sich die NRW-Grünen auf Städte wie Bonn, Köln und Münster.
„Dominanz der AfD brechen“NRW-Grünen setzen im Wahlkampf stark auf Social Media

Stellen die Kampagne vor: Tim Achtermeyer (links), Anja von Marenholtz und Raoul Roßbach.
Copyright: Federico Gambarini/dpa
Die Grünen haben als erste der im Landtag vertretenen Parteien in NRW ihre Kampagne für die Kommunalwahl am 14. September vorgestellt. „Das ist eine extrem zentrale Wahl für uns“, sagte am Dienstag Landesparteichef Tim Achtermeyer. Im immer wichtiger werdenden digitalen Wahlkampf wollen die Grünen der bisher in dieser Hinsicht sehr erfolgreich agierenden AfD den Rang ablaufen.
Viele Gründe für Zuversicht dürften die Grünen derzeit eigentlich nicht haben. Die Bundestagswahl endete desaströs, und in der jüngsten „Sonntagsfrage“ von Infratest dimap erreichen die Grünen in NRW 15 Prozent. Das ist zwar keine Katastrophe, aber weit entfernt von dem Rekordergebnis der Grünen bei der Kommunalwahl im Jahr 2020 in NRW. Damals errangen sie 20 Prozent der Stimmen, steigerten die Zahl der Sitze in Stadträten und Kreistagen von rund 2000 auf etwa 3500 und gewannen erstmals drei Oberbürgermeister-Wahlen – in Aachen, Bonn und Wuppertal.

Tim Achtermeyer, Landesvorsitzender, sitzt vor einem Plakat für die Kommunalwahl.
Copyright: Federico Gambarini/dpa
Wie digital wird der Wahlkampf der Grünen?
„Diese Wahl wird so digital wie nie“, kündigte Grünen-Landesgeschäftsführer Raoul Roßbach am Dienstag an. Er präsentierte eine Grafik, um zu unterstreichen, wie aktiv und erfolgreich die Partei inzwischen auf diversen Social-Media-Plattformen sei. „Wir konnten zum Beispiel auf Instagram die Zahl unserer Follower im vergangenen Jahr um ein Drittel steigern“, erklärte Roßbach. „Bei Instagram ist es uns sogar gelungen, den Hauptgegner, die AfD, zu überholen, wir verfügen dort also jetzt über mehr Reichweite als die AfD. Das wollen wir zumindest bei TikTok auch noch schaffen.“
Alles zum Thema Kommunalwahlen
- Prominente Gäste Hendrik Wüst kommt zum NRW-Tag der Jungen Union nach Gummersbach
- Interview Bürgermeisterkandidat Harald Stingl (CDU) will Menschen aus Kerpen vernetzen
- Parteichef in Rhein-Erft mischt sich nicht ein
- Kreistagswahl Landrat sieht AfD als Gefahr für Jamaika in Rhein-Erft
- Kommunalwahl Landratskandidat wirft Stadtverwaltung in Brühl „skandalöse Schlamperei“ vor
- Kommunalwahl Christian Fischer (parteilos) will Bürgermeister in Königswinter werden
- Kommunalwahl 2025 Köln bekommt lokale Online-Wahlhilfe mit dem „lokal-o-mat“
Soziale Medien seien längst kein „Nice to have“ mehr, sondern das Herzstück einer modernen Kampagne. „Wir wollen die Dominanz, die die AfD dort lange hatte, brechen. Wir machen uns auf den Weg, hier zum härtesten Gegenspieler der Rechtspopulisten zu werden und die AfD zu schlagen“, so Roßbach.
Immer größere Vorbehalte haben die Grünen allerdings gegenüber Elon Musks Plattform „X“. Die sei nicht „fair“, meint Parteichef Achtermeyer. Mit „Telegram“ wollen die Grünen gar nichts zu tun haben. Dabei handele es sich um einen „schwierigen“ Messengerdienst, der Menschen radikalisiere.
Die Grünen wollen im digitalen Wahlkampf nicht nur auf Social Media, sondern auch auf Künstliche Intelligenz (KI) setzen. Über einen parteieigenen KI-Chatbot könnten Kandidatinnen und Kandidaten sowie Wahlkämpfer Anfragen von Bürgerinnen und Bürgern diesmal schneller und detaillierter beantworten als früher.
Wie kampagnenfähig sind die NRW-Grünen?
Zumindest personell scheinen sie sehr stark aufgestellt zu sein. Die Landespartei hat heute rund 70 Prozent mehr Mitglieder als vor der Kommunalwahl 2020. Aktuell sind es etwa 39.000. „Wir sind so groß und stark wie noch nie“, behauptet Raoul Roßbach.
In welchen Städten rechnen sich die Grünen Chancen aus?
Sie schauen besonders nach Bonn, Köln, Aachen und Münster, also in Großstädte mit viel studentischem Publikum. In Köln tritt als Spitzenkandidatin die Landtags-Vizepräsidentin Berivan Aymaz für die Grünen an. In Bonn will Katja Dörner das Rathaus halten, in Münster misst sich der grüne Dezernent Tilman Fuchs mit dem Spitzenkandidaten der CDU, Landschaftsverbands-Direktor Georg Lunemann. Auch in Telgte, Bergisch-Gladbach und im Ennepe-Ruhr-Kreis rechnen sich die Grünen gute Chancen aus. In Dortmund und Essen habe die Partei nur die „Underdog-Rolle“. Die wollen sie aber frech und forsch annehmen. Die Dortmunder Spitzenkandidatin Katrin Lögering will zum Beispiel mit Plakaten werben, auf denen „Ich bin euer Mann“ steht.
Auf welche Themen setzen die Grünen?
Erstens auf Klimaschutz. Die Hitzewelle in diesen Tagen zeige, wie wichtig es sei, Kommunen zu kühlenden „Schwammstädten und Schwammdörfern“ zu machen, sagte Landesparteichef Tim Achtermeyer. Zweitens auf Mobilität: Die alten Rezepte, einfach eine Fahrspur mehr für Autos zu bauen, reichten nicht. Drittens auf bezahlbare Mieten und viertens auf Vielfalt.
Wie lauten die zentralen Botschaften?
„Macht“ – im Sinne von Machen – ist das wichtigste Wort in der Kampagne. Das Kernmotto lautet „Macht heute, was morgen zählt“. Das führt zu Plakaten und digitalen Botschaften wie „Macht Kohle mit Solar“, „Macht Parkplätze zu Parks und Plätzen“, „Macht Digitalisierung amtlich“ und „Macht Schulen ohne Armutszeugnis“.
Was ist mit dem Zustand von Schulen und Kitas?
Sie wissen, dass das auch auf ihre Arbeit in der Landesregierung zurückfallen könnte. Sie betonen aber, dass sie angesichts der drohenden Sparhaushalte gerade bei der Bildung retten wollten, was zu retten sei.