ÄrztetagGesundheitsminister Spahn will Boni für fleißige Ärzte

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Spahn

Jens Spahn (CDU), Bundesgesundheitsminister, spricht bei der Eröffnung des 121. Deutscher Ärztetages

Berlin/Erfurt – Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) lockt die Ärzte mit einer höheren Vergütung, damit sie ihre Praxissprechstunden für gesetzlich Versicherte ausweiten. Die Ärzte unterschieden zu oft zwischen gesetzlich und privat Versicherten, kritisierte Spahn am Dienstag auf dem Ärztetag in Erfurt. Dabei handele es sich nicht nur um ein „gefühltes Problem“. Er wisse, dass viele Ärzte mehr als die bisher vorgeschriebenen 20 Sprechstunden pro Woche anböten. Diesen Hinweis wollte er verstanden wissen als „Ermunterung für diejenigen, die es noch nicht machen“. Spahn will die Sprechstundenzahl auf 25 pro Woche erhöhen.

Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery hatte die Pläne zuvor zurückgewiesen. Die meisten Mediziner seien überlastet. Statt eine höhere Sprechstundenzahl vorzuschreiben, solle der Staat die Medizinstudienplätze ausweiten. Zudem müssten sich die Ärzte durch eine bessere „Patientensteuerung“ auf die konzentrieren können, die es wirklich benötigten. Spahn zeigte den Ärzten bei seinem ersten Auftritt als Gesundheitsminister, dass er sich vor Auseinandersetzungen mit ihnen nicht scheut. Ärzte, die mehr Sprechstunden als andere anböten, sollten dafür nicht bestraft werden, indem sie schlechter verdienten, weil sie weniger Privatversicherte behandeln, so Spahn. Deshalb sollten diese Ärzte außerhalb des Budgets vergütet werden. Hier bahnt sich ein Konflikt mit den gesetzlichen Kassen an: Diese lehnten Extra-Bezahlungen für fleißige Ärzte ab.

Spahn rief den Ärztetag auf, den Weg für eine stärkere Freigabe reiner Online-Sprechstunden im Berufsrecht freizumachen. Wenn es nicht die deutschen Ärzte machten, würden bald Internetkonzerne wie Apple und Google solche Angebote im Internet unterbreiten. Ärztepräsident Montgomery zeigte sich offen für neue Regeln, warnte aber, Patienten dürften nicht in die vermeintlich kostengünstigere Internet-Lösung gedrängt werden.

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Durch die Veränderungen werde die Zahl der Hausbesuche von Ärzten weiter sinken, warnte Eugen Brysch, Chef der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Voraussetzung für die Telemedizin sei bisher, dass sich Arzt und Patient persönlich kennen. „Genau das wird sich ändern, wenn künftig Behandlungen auch ausschließlich online möglich sind“, sagte Brysch.

Im Streit über das Werbeverbot für Ärzte bei Schwangerschaftsabbrüchen legte Montgomery einen Kompromissvorschlag vor: Auf einer unabhängigen Informationsplattform im Internet sollen sich Frauen umfassend informieren können, auch über die Ärzte, die Abtreibungen anbieten. Spahn zeigte sich dafür offen.

Montgomery verwies auch auf die zunehmende Zahl psychischer Erkrankungen, die zu langen Krankschreibungen führten. Die IG Metall erhob schwere Vorwürfe gegen die Arbeitgeber. „Das ist ein drastischer Beleg für das Versagen der Präventionspolitik“ , sagte IG-Metall-Bundesvorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban. Überlange Arbeitszeiten, Termindruck und ständige Erreichbarkeit machten die Menschen krank.

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