Spahn warnt vor „schlimmem Erwachen“Union will schärfere Kontrolle von Moscheevereinen – CSU widerspricht

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Jens Spahn (CDU), Bundestagsabgeordneter, spricht bei einer Sitzung des Bundestags

Jens Spahn (CDU), Bundestagsabgeordneter, befürchtet eine Radikalisierung der muslimischen Gemeinden in Deutschland.

Jens Spahn will durch eine Bundesstiftung mehr finanzielle Unabhängigkeit der Gemeinden von der Türkei durchsetzen. Die CSU ist dagegen.

In der Debatte über ausländische Einflüsse auf Moscheeverbänden plädiert die Union für schärfere Kontrollen. CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn schlug am Donnerstag eine Bundesstiftung vor, um eine unabhängige Förderung von muslimischen Gemeinden zu ermöglichen. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) widersprach: Es sei nicht unmittelbar die Aufgabe des Staates, derartige Investitionen zu fördern.

Spahn sagte in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Donnerstag), Gemeinden, in denen auf Deutsch gepredigt werde, die von in Deutschland ausgebildeten Imamen geleitet würden sowie eine transparente Kinder- und Jugendarbeit hätten, sollten „über die Bundesstiftung finanzielle Unterstützung erhalten, auch über einen längeren Zeitraum, bis sie sich selbst tragen können.“ Er spreche sich dabei nicht für eine Moscheesteuer nach Vorbild der Kirchensteuer aus.

CSU weist Spahn-Idee zurück

Der Weg über eine mögliche Stiftung wäre eine „freiwillige Finanzierung“, wie er sagte. Darüber müsse debattiert werden, „auch mit den Kirchen, die Konsequenzen für sich fürchten“. Der Politiker sagte: „Wenn wir die Auslandsfinanzierung nicht stoppen und keine deutschen Moscheegemeinden aufbauen, werden wir in fünf oder zehn Jahren ein schlimmes Erwachen haben. Dann laufen wir weiter in die Radikalisierung.“ Das könne man beispielsweise in Frankreich, Belgien und Großbritannien beobachten. „Dann wachsen auch bei uns die abgeschotteten Parallelgesellschaften weiter. Und das wäre furchtbar.“

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Herrmann wies die Idee zurück. Dem TV-Sender WELT sagte er, es sei nicht unmittelbar die Aufgabe des Staates, derartige Investitionen zu fördern. Grundsätzlich sei es aber wichtig, mögliche Radikalisierungen in muslimischen Gemeinden zu verhindern. „Wir müssen schauen, dass wir die Integration in unsere Rechtsordnung, in unsere Verfassungsordnung entsprechend fördern - und das ist dann auch die Grundlage der freien Religionsausübung.“

American Jewish Committee Berlin fordert Kurswechsel

Der CDU-Abgeordnete Christoph de Vries forderte unterdessen von der Bundesregierung weitere Maßnahmen, um einen Einfluss der Türkei auf Moscheen in Deutschland zu stoppen. Die vom Bundesinnenministerium geschlossene Vereinbarung, wonach die Türkei keine Imame mehr in Gemeinden des Islamverbands Ditib entsendet, sondern diese in Deutschland ausgebildet werden, sei ein richtiger Schritt, löse das Problem aber nicht. „Ditib ist nicht einfach eine Religionsgemeinschaft, sie ist vor allem auch politisches Mittel im Portfolio eines Präsidenten, der türkischen Nationalismus mit Islamismus verbindet“, sagte de Vries.

Das American Jewish Committee (AJC) in Berlin forderte einen Kurswechsel. „Organisationen wie die Ditib, die nachgewiesen aus dem Ausland gesteuert werden, dürfen grundsätzlich keine Ansprechpartner mehr für die Politik sein“, sagte AJC-Berlin-Chef Remko Leemhuis. Das gelte erst recht nach den Äußerungen von Ali Erbas, der nach dem Überfall der Hamas Israel als „rostigen Dolch im Herzen der islamischen Geografie“ bezeichnet hatte. Der Chef der türkischen Religionsbehörde ist auch oberste Autorität der deutschen Ditib-Gemeinden. (kna)

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