Sicherheit in Köln ist für viele Wählerinnen und Wähler ein sehr wichtiges Thema vor der Kommunalwahl. Dieser Erfahrungsbericht einer jungen Frau (19) zeigt, dass es besonders am Abend keine Selbstverständlichkeit ist, sich sicher in der Stadt zu bewegen.
Kommunalwahl KölnWarum ein Gefühl von Sicherheit in Köln nicht selbstverständlich ist

Der langgezogene Tunnel unter den Bahngleisen am Komarweg in Klettenberg ist nur sehr schwach beleuchtet. Ohne Tageslicht wird er zum Angstraum.
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Kein Sicherheitsgefühl in der eigenen Heimatstadt zu haben, ist bittere Realität für junge Frauen in Köln. Das gilt sicherlich nicht für alle, aber für viele. Lena Winter (19, Name geändert) ist in der Südstadt geboren und aufgewachsen. Köln ist ihre Heimat, auch wenn sie aktuell wegen ihres Studiums nicht in Köln wohnt.
„Seit ich 13 oder 14 Jahre alt bin, hupen mich Autos an oder meist ältere Männer rufen mir Sprüche hinterher. Grölen oder Gesten erlebe ich fast täglich und hin und wieder bin ich unfreiwillig angefasst worden“, schildert die Studentin, die in diesem Jahr zum ersten Mal bei einer Kommunalwahl ihr Kreuz setzen darf. Das sogenannte „Catcalling“, sexuell übergriffige Sprüche oder obszöne Gesten, gehöre in Köln zum Alltag. „Ich war kürzlich mit meinem besten Freund unterwegs und der war erschrocken, wie oft das vorkommt. Da habe ich auch noch einmal gemerkt, dass es so häufig ist, dass es traurigerweise zur Normalität gehört.“
Lange Tunnel unter den Bahngleisen
Ein Beispiel für eine Situation, in der sie sich besonders unsicher in Köln fühlt, hat sie vom Komarweg in Klettenberg. „Ich habe eine Freundin, die dort einen Schrebergarten hat. Wenn ich dort hin will, muss ich durch die lange und dunkle Unterführung unter den Gleisen gehen. Dort ist kaum Licht und im Dunkeln kommt einem der Weg unfassbar lang vor“, schildert die Studentin. Schlechte Beleuchtung und die Länge des dunklen Tunnels strahlen besonders abends keine Sicherheit aus. Wenn dann auch noch plötzlich ein Zug über die Gleise brettert, sind auch umliegende Geräusche nicht mehr wahrzunehmen. Lange Tunnel und Unterführungen unter den Bahngleisen wie diese gibt es in Köln unzählige.
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„Ich gehe grundsätzlich schneller, wenn ich allein unterwegs bin. Ich schaue mich auch öfter um“, berichtet die junge Kölnerin. „Nach der Silvesternacht 2015 haben meine Eltern viel mit mir über solche Situationen gesprochen. Seitdem trage ich zum Beispiel nie einen Zopf, wenn ich nachts allein unterwegs bin. Ich trage die Haare immer hoch, damit nicht einfach jemand danach greifen kann.“ In der Silvesternacht 2015 gab es zahlreiche sexuelle Übergriffe im Domumfeld.
Das Gefühl von Angst verbindet die Studentin nicht nur mit bestimmten Zeiten oder Orten. „Ich fühle mich in Köln häufig nicht sicher, wenn ich allein unterwegs bin. Deswegen bin ich meist mit Freundinnen oder Freunden zusammen, besonders abends. Das ‚Catcalling‘ wird aber nicht weniger, wenn wir in Gruppen nur mit Frauen unterwegs sind. Nur, wenn mehrere Jungs dabei sind.“
Auch die Ringe und die Altstadt sind Angsträume
Zu den Plätzen, die sie grundsätzlich meidet, zählt sie neben dem Ebertplatz und auch dem Eigelstein am Abend vor allem den Neumarkt. Als sie an diesem Mittwochnachmittag doch am Neumarkt aus der U-Bahn steigt, kann sie beobachten, wie kein einziger Fahrgast aus ihrer Bahn den Halt in Richtung Josef-Haubrich-Hof verlässt. Alle gehen in die andere Richtung. Wie die Rundschau berichtete, ist spätestens seit dem Beginn der Bibliothekssanierung der Haubrich-Hof eine „No-go-Area“. Als Lena als Einzige die Treppe in Richtung Zentralbibliothek nimmt, kommt ihr prompt ein zappeliger Mann mit Glatze entgegen, der sie erst anstarrt und dann merkwürdig die Zähne in ihre Richtung fletscht. In der Zwischenebene der Haltestelle zieht sich gerade jemand eine Spritze mit Drogen auf.
Doch es sind nicht nur die Drogen-Hot-spots der Stadt. Auch die Ringe und die Altstadt meiden die jungen Frauen mittlerweile in den Abendstunden, weil dort viele Männergruppen unterwegs sind, nicht nur an den Wochenenden. Aus ihrem Freundeskreis berichtet sie: „Auch meine Freundinnen fühlen sich unwohl, wenn sie allein in der Stadt unterwegs sind. Eine Freundin von mir ist kürzlich abends in der Altstadt am Rhein aus dem Nichts von jemandem angebrüllt worden, der anschließend seine Hose runtergelassen und angefangen hat zu masturbieren.“