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Frage des TagesWie geht es mit den abgeschobenen IS-Anhängern weiter?

Lesezeit 3 Minuten
IS-Anhänger Deutschland

In den vergangenen Jahren wurden in Deutschland etliche Prozesse gegen mutmaßliche IS-Mitglieder geführt.

Berlin – Die Türkei will ab sofort mutmaßliche Anhänger der Terrororganisation „Islamischer Staat“ nach Deutschland abschieben. Die Bundesregierung  hat das bisher immer zu verhindern versucht, ist aber verpflichtet, deutsche Staatsbürger aufzunehmen. Wie  geht es nun weiter? Die wichtigsten Antworten.

Wie viele Deutsche will die Türkei abschieben?

Nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin soll für diese Woche die Abschiebung von insgesamt zehn Personen angekündigt worden sein. Nach Angaben aus Ankara sollte am Montag eine Person nach Deutschland überstellt werden, sieben weitere würden am Donnerstag folgen. Bei zwei deutschen Bürgerinnen laufe das Verfahren zur Ausweisung. Sie sollen wohl am Freitag folgen.

Was weiß man über diese Personen?

Es soll sich um drei Männer, fünf Frauen und zwei Kinder handeln. Die am Montag zur Abschiebung vorgesehene Person soll nach Erkenntnissen deutscher Behörden schon länger in türkischer Haft sitzen, aber keinen IS-Bezug haben. Bei den sieben, die am Donnerstag ausgewiesen werden sollen, handelt es sich nach „Spiegel“-Informationen  um eine Familie aus Niedersachsen, die Anfang 2019 in die Türkei gereist war und womöglich weiter nach Syrien wollte. Die türkischen Behörden nahmen sie im März fest. Seitdem sitzt die Familie in Abschiebehaft.  Am Freitag würden zwei Frauen folgen, die während der türkischen Offensive gegen die syrische Kurdenmiliz YPG aus deren Gefangenenlager bei Ain Issa geflohen seien.  Sie sind vermutlich Frauen von IS-Anhängern. Eine soll eine Konvertitin aus Hamburg sein. Der Mann, mit dem sie einst ins IS-Gebiet aufgebrochen war, soll schon vor Jahren getötet worden sein.

Wie reagiert die Bundesregierung?

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, die Bundesregierung widersetze sich grundsätzlich nicht der Abschiebung deutscher Bürger nach Deutschland. Dies sei schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Es sei aber wichtig, dass es ein geregeltes Verfahren gebe und die Identität der Betroffenen geklärt sei, damit die Sicherheitsbehörden eine Einschätzung vornehmen könnten. Das Ministerium prüft das weitere Vorgehen. Der Sprecher betonte, dass Deutschland und andere europäische Staaten alle Personen, die nach deutschen Erkenntnissen einen Bezug zum IS haben oder hatten, im Schengener Informationssystem zur Fahndung ausgeschrieben hätten. Er gehe nicht davon aus, dass auf regulärem Weg jemand unerkannt einreisen könne. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) forderte Ankara auf, „schnell und ausführlich“ Informationen für ein juristisches Vorgehen gegen die Rückkehrer zu liefern. Ziel sei es, „ausreichend gerichtsfeste Beweise zu haben, um jemanden dann in Haft zu nehmen und vor Gericht zu stellen“.

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Um wie viele IS-Anhänger geht es insgesamt?

Die Türkei gibt an, dass sich derzeit rund 1200 ausländische IS-Anhänger in türkischer Haft befinden. Allein während der jüngsten Offensive der Türkei in Nordsyrien seien 287 gefasst worden, sagte Innenminister Süleyman Soylu. Die syrische Kurdenmiliz YPG allerdings hält im Nordosten Syriens noch bis zu 3000 ausländische IS-Kämpfer sowie 12.000 ausländische Frauen und Kinder in Haft.

Wie reagieren andere Länder?

Im französischen Außenministerium heißt es, dass die Türkei schon seit Jahren gemäß einer Vereinbarung von 2014 französische IS-Anhänger zurückschicke. Dschihadisten und ihre Familien kämen regelmäßig in Frankreich an und würden beim Verlassen des Flugzeuges festgenommen. Die Fälle würde aber meist nicht gemeldet oder erst später publik gemacht. Großbritannien hat mehr als 100 IS-Anhänger ausgebürgert und will sie nicht mehr ins Land zurücklassen. Die Türkei will sie dennoch dorthin abschieben.

Auch der Bundestag hatte jüngst ein Gesetz beschlossen, das erlaubt, Dschihadisten den deutschen Pass zu entziehen, wenn sie noch eine andere Staatsbürgerschaft besitzen. Doch gilt dies nur für künftige Fälle und kann nicht rückwirkend angewandt werden. (afd/epd/EB)