Lange hat der russische Staatschef Wladimir Putin an seinem Verteidigungsminister Sergej Schoigu festgehalten. Warum hat er seinen getreuen Gefolgsmann jetzt abgelöst?

Putin löst Verteidigungsminister Schoigu abWarum Russland im Ukraine-Krieg auf einen Wirtschaftsfachmann setzt

Er soll es richten: Andrej Beloussow, hier bei einem Auftritt in Thailand 2022.
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Alles hängt von der Wirtschaft ab. Punkt. Das hat der russische Präsident Wladimir Putin erkannt – und den ihm bedingungslos ergebenen Verteidigungsminister Sergej Schoigu durch einen Wirtschaftsfachmann ersetzt. Ob Schoigu-Nachfolger Andrej Beloussow es wirklich besser machen wird, steht auf einem anderen Blatt. Aber immerhin hat Kremlsprecher Dmitri Peskow offen über die die immensen Aufwendungen gesprochen, die der russische Angriffskrieg verursacht.
Letzten Endes werden moderne Kriege nicht durch einzelne Schlachten entschieden, sondern durch Ressourcen, Produktion und Logistik. Die russischen Streitkräfte können noch so brutale Luftangriffe fliegen und noch so mörderische Bodenoperationen durchführen – es wird alles nichts helfen, wenn Beloussow Probleme wie die Korruption im Militär und den Engpass bei Geschützrohren nicht in den Griff bekommt. Und wenn die westlichen Partner trotz aller russischen Einflussoperationen die Ukraine weiter beliefern.
Verteidigungsminister entlassen: Putin zeigt, wer Herr im Hause ist
Putin-Paladin Schoigu seinerseits bekommt eine interessante neue Verwendung: Er löst im russischen Sicherheitsrat Nikolai Patruschew ab, der als einer der engsten Berater des Staatschefs und heimlicher Chef des ganzen Sicherheitsapparats galt. Einen Politiker, der mit seiner verbalen Radikalität Putin zu übertreffen versuchte – und der bemüht war, seinen Sohn, den Landwirtschaftsminister Dmitri Patruschew, für eine spätere Putin-Nachfolge in Stellung zu bringen. Was wird nun aus Patruschew? Hat er den Bogen überspannt? Jedenfalls haben seine Bemühungen, Russland zum eigenen Familienunternehmen zu machen, einen Rückschlag erlitten. Putin hat auch ihm gezeigt, wer Herr im Hause ist.
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Für die Ukraine und ihre Partner ist die Bilanz von Putins Personalentscheidungen gespalten. Einerseits zeigen sie, dass Russlands Kriegswirtschaft durchaus ernste Probleme hat und möglicherweise, dass Putins Misstrauen auch gegenüber engen Gefolgsleuten wie Patruschew wächst. Anderseits wird auch deutlich, dass Putin abgesehen von seinen wahnwitzigen ideologischen Vorstellungen durchaus beherrscht und überlegt agiert.
Diese Mischung aus Extremismus und Rationalität macht Putin einerseits gefährlich, andererseits bietet sie – so widersinnig dies klingen mag – auch Chancen: Putins allererstes Interesse gilt der Sicherung seines eigenen politischen Überlebens. Er ist trotz aller Atompropaganda des Kreml nicht der Irre mit der Bombe, der jederzeit einen Weltenbrand und damit den eigenen Untergang riskieren würde, sondern er reagiert auf Druck.
Und merke: Alles hängt von der Wirtschaft ab. Und somit davon, wie weit die westlichen Partner der Ukraine bereits sind, ihre wirtschaftliche Überlegenheit zu Gunsten der Ukraine – und damit für Frieden und Sicherheit in Europa – auf die Waage zu werfen.