Der Persönlichkeitswahlkampf in den USA setzt massiv auf Sympathiewerte. Deutschlands Spitzenpolitik ignoriert sie.
Frage der SympathieWas Olaf Scholz aus dem US-Wahlkampf lernen könnte

Bundeskanzler Olaf Scholz /(SPD) stellt sich in Schwerin den Fragen von Bürgern.
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Spielt es eigentlich eine Rolle, wer in den USA Vizepräsident wird? Kaum. Wenn der Eindruck zwischendurch mal aufkam, dann nur wegen Donald Trump. Beim Sturm auf das Kapitol fanden dessen radikalste Fans den Vize immerhin wichtig genug, um ihn ermorden zu wollen (O-Ton: „Hängt Mike Pence!“). Den Irrtum dahinter hatte der abgewählte Präsident selbst in die Welt gesetzt. Wir erinnern uns: Trump glaubte, dass Pence die Machtübergabe an Joe Biden von Amts wegen verhindern könnte. Tatsächlich hat der Vize bei der Wahl nur eine zeremonielle Funktion.
Mit Kamala Harris kehrte das Amt schnell zur gewohnten Langeweile zurück. Zur Hoffnungsträgerin wurde sie erst als Bidens mögliche Nachfolgerin, nicht als seine Stellvertreterin. Es bleibt also dabei: So wichtig ist der Vize nicht. Trotzdem stehen die „Running Mates“ von Harris und Trump im medialen Scheinwerferlicht – und das nicht nur bei ihrem TV-Duell.
Seit Wochen vergeht keine Late Show, in der J.D. Vance und Tim Walz nicht durchgehechelt würden. Dabei geht es nicht um Positionen. Wichtiger sind Sympathiewerte. Vance schadet Trump durch das Image, ein genauso schräger Charakter zu sein wie der Ex-Präsident selbst. Zu den beliebtesten Witzen über ihn gehört die Falschbehauptung, dass sein millionenfach verkaufter Roman eine erotische Vorliebe für Sofas (!) erkennen lasse. Walz wiederum hilft Harris, weil man sich ihn als knuffigen Opa auch auf dem eigenen Sofa vorstellen könnte.
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Schaut man aus Deutschland zu, dann schüttelt man den Kopf. Was ist in den USA los, wenn diese nur auf Typfragen gemünzte Show über Wahlen entscheidet? Und was ist bei uns selbst los? Mit Olaf Scholz und Friedrich Merz hoffen hier zwei Männer auf die Kanzlerschaft, die Umfragen zufolge nicht jedermanns Typ sind.
Der Persönlichkeitswahlkampf in den USA setzt massiv auf Sympathiewerte. Deutschlands Spitzenpolitik ignoriert sie. Bei aller Kritik am amerikanischen Stil: Ein bisschen mehr darauf hören, wen die Wähler sich als Regierungschef wünschen, sollte vielleicht auch ein Olaf Scholz.