Kommentar zur Klima-KlageKampf gegen Erwärmung muss von Parlamenten geführt werden

Ein Kommentar von
Lesezeit 2 Minuten
Schweizer Mitglieder von Senior Women for Climate Protection (Klimaseniorinnen Schweiz) antworten Journalisten nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Straßburg: Schweizer Mitglieder von Senior Women for Climate Protection (Klimaseniorinnen Schweiz) antworten Journalisten nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte.

Klimaschutz ist Menschenrecht. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte geurteilt. Die Entscheidung ist ausgewogen, doch sie birgt auch einige Herausforderungen.

Mit dem Urteil hat das Straßburger Gericht seine Zuständigkeit deutlich ausgedehnt. Klimaschutz steht nämlich nicht als Grundrechtsartikel in der Europäisichen Menschenrechtskonvention. Trotzdem hat der Gerichtshof in einem Fall jetzt die Verletzung von Grundrechten anerkannt.

Die Menschenrechte als fundamentale Schutzrechte der Bürger dürfen aber nicht jede politische Frage regeln. Im Gegenteil: Sie eröffnen und beschützen einen Raum der Freiheit, in dem Bürger mit politischen Mitteln um gesellschaftliche Mehrheiten ringen und Konflikte austragen können.

Deshalb ist grundsätzlich Skepsis angezeigt, wenn Gerichte ihre eigene Zuständigkeit ausdehnen und im Kern politische Fragen zum Thema der nicht mehr verhandelbaren Menschenrechte machen. Gerade darum tut das Straßburger Gericht auch gut daran, der Schweiz als beklagtem Staat jetzt keine spezifischen Auflagen für konkrete politische Maßnahmen zu machen.

Kampf gegen die Erwärmung muss von Parlamenten geführt werden

Dass der menschengemachte Klimawandel auch für die Bürger Europas drastische Folgen haben dürfte, ist kaum von der Hand zu weisen. Der Kampf gegen die Erwärmung muss aber von Regierungen und Parlamenten geführt werden, wenn er Erfolg haben soll.

Was folgt daraus? Klimaschutz ist in ganz Europa nun nicht mehr nur eine politische Angelegenheit, sondern zugleich auch eine Sache des Rechts. Denn die Richter urteilten, dass der klagende Verein in der Schweiz kein faires Gerichtsverfahren bekommen habe.

Auch wenn die Entscheidung nur für die Schweiz gilt: Sie ist ein unüberhörbares Signal an alle Vertragsstaaten, dass Klagen wegen Klimafolgen auch vor nationalen Gerichten ernst genommen werden müssen. Damit folgen die Straßburger Richter dem deutschen Bundesverfassungsgericht, das 2021 die deutsche Politik zu stärkerem Einsatz für den Klimaschutz verpflichtet hatte.

Zugleich bleibt zu hoffen, dass die Rechtsprechung des Straßburger Gerichts in Klimafragen zurückhaltend bleibt. Denn wenn politische Fragen zu stark verrechtlicht werden, bedeutet das im Umkehrschluss meist: Die Menschenrechte werden politisiert. Und das schadet allen.

Rundschau abonnieren