Mit Metalldetektor ist Norbert Niestroj auf der Suche nach Schätzen. Dafür hat er eine Genehmigung des Landschaftsverbandes Rheinland.
Mit Detektor auf SchatzsucheNorbert Niestroj aus Swisttal ist offizieller Sondengänger des LVR

Norbert Niestroj hat mit dem Metalldetektor einen Bombensplitter aufgetan. Die findet er oft.
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Dumpfes Piepen und Knacken – mit großen Bewegungen schwenkt Norbert Niestroj den Metalldetektor über das Feld in Swisttal-Dünstekoven. Er lauscht dem Geräusch, den Blick auf den Boden gerichtet. Weiterhin nur dumpfes Piepen und Knacken. „Eisen. Nicht grabungswürdig.“
Seit zehn Jahren ist Norbert Niestroj als offizieller Sondengänger registriert beim Amt für Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR). Ohne Genehmigung geht es nicht. So soll sichergestellt werden, dass Bodendenkmäler keinen Schaden nehmen. Den größten Teil seines Lebens ist der 51-Jährige bereits auf der Suche nach kleinen Schätzen: „Meine Augen sind immer auf dem Boden, schon immer.“ Sein erster Metalldetektor war ein „popliges Ding“ gegen das Modell, das er jetzt verwendet. 2000 Euro hat er dafür beim Händler seines Vertrauens bezahlt.
Darauf, dass er mit dem Metalldetektor nicht ohne Genehmigung losziehen darf, hat ihn seine Ehefrau hingewiesen. Also verabredete er ein Erstgespräch beim LVR und legte vor, welche Stücke er begehen wollte. 75 Euro kostet die Genehmigung. „Zwischen 2023 und August 2025 sind bei uns insgesamt 68 Personen im Rhein-Sieg-Kreis mit einer Erlaubnis zum Führen eines Metalldetektors registriert“, weiß Jens Schubert, Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beim LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland. Seinen Darfschein führt Norbert Niestroj immer mit sich – er wurde von Passanten auch schon danach gefragt.
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Auf der Suche nach dem Nibelungenschatz
Einmal war Niestroj mit dem Detektor unterwegs, da sprach ihn ein Spaziergänger an: „Na Jung, suchst du den Nibelungenschatz?“ Die Antwort laute tatsächlich Ja. „Das Gold interessiert mich nicht“, sagt Niestroj. Dafür aber die Tarnkappe des Zwergs Alberich, Siegfrieds Schwert Balmung und das Drachenblut. „Wer würde das Drachenblut nicht haben wollen?!“, wirft Tochter Pia ein. Schon mit neun Jahren hat die heute 18-Jährige ihren Vater bei seinen Suchen begleitet.
Nur das „Wühlen im Dreck“ liege ihr nicht besonders. Stattdessen filmte sie und probierte sich im Schneiden von Videos für den eigenen Youtube-Kanal. „Wir müssen eigentlich mal wieder ein Video machen“, überlegt Pia Niestroj. Bei gutem Wetter! „Wenn es kalt ist, habe ich keine Lust. Stundenlang läuft mein Vater von links nach rechts und von A nach B – zwischendurch findet er ja auch etwas, aber ich erfriere dabei.“ Über die Funde rätseln Vater und Tochter aber dann gemeinsam.

Verschiedene Silbermünzen findet Sondengänger Norbert Niestroj häufiger.
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Eine ganze Handvoll Silbermünzen hat Norbert Niestroj bereits . „Was konnte man mit diesen Münzen kaufen?“, fragt er sich. Dass Norbert Niestroj an kalten Tagen nicht friert, liegt auch daran, dass er in Bewegung bleibt. Der Metalldetektor hat sein Gewicht, das macht es ganz schön anstrengend. „Wenn der Boden trocken ist, funktioniert's aber nicht so gut“, erinnert Niestroj seine Tochter. Wenn der Boden ein bisschen feucht sei, reflektiere er das Signal besser.
Bevor er das Feld betritt, blickt sich Niestroj um und atmet tief durch. „Das Grün ringsherum und diese Ruhe ...“, schwärmt er. Hat er viel Zeit, sucht er an einem Tag 2500 Quadratmeter ab: „Das hat Suchtpotenzial. Einmal angefangen, fällt es mir schwer, wieder aufzuhören. Es ist ein Geduldsspiel.“
In diesem Jahr ist es das erste Mal, dass Niestroj mit dem Metalldetektor unterwegs ist, bevor er um 14 Uhr zur Arbeit muss. Als Lagerist arbeitet er im Schichtdienst. Hinzu kommt die Pflege seiner Ehefrau. Da bleibe nur wenig Zeit für sein liebstes Hobby. Ob er sich selbst als Hobby-Archäologen bezeichnen würde? „Nein! Archäologen sind Menschen, die das studiert haben und dadurch das Recht erworben haben, diesen Titel zu führen. Ja, ich mache das als Hobby, aber nicht als Hobby-Archäologe.“
Eigentlich wäre der 51-Jährige gerne Archäologe geworden: „Dafür braucht man aber mindestens eine tote Sprache.“ Daran sei es gescheitert. Mittels seiner Funde zieht Niestroj heute dennoch durch die Geschichte, seit der Schulzeiten besteht sein Interesse. „Ich frage mich immer: ‚Wie kommt das hier aufs Feld?‘“ Altdeutsches Geld, ein Uniformknopf und Artefakte, die von römischer Besiedlung zeugen. „Hiermit hat sich ein oller Römer den Mantel zugemacht“, sagt Norbert Niestroj und kramt eine römische Scheibenfiebel hervor. „Fiebeln findet er andauernd“, kommentiert Tochter Pia. Manchmal dröhne ihr der Kopf von all dem, was ihr Vater zu erzählen hat. „Es ist halt eine Passion“, entschuldigt dieser sich schmunzelnd.

Eine karolingerzeitliche Fibel (oben l.), eine römische Scheibenfibel (oben r.) und eine römische Haarnadel (unten), schätzungsweise aus dem 3./4. Jahrhundert.
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„Kaltschauer-mäßig läuft es mir den Rücken runter“, beschreibt Niestroj, was er fühlt, wenn er wieder etwas Außergewöhnliches aufgetan hat. Dazu zählt die Erkennungsmarke eines amerikanischen Soldaten, ein sogenannter „Dog Tag“. „Ich habe mich dann mit dem zuständigen Militär in Verbindung gesetzt“, sagt Niestroj. So erfuhr er, dass der Soldat in Belgien in Kriegsgefangenschaft geraten war, im Mai 1945 befreit wurde und wieder nach Hause gekommen sein muss. Norbert und Pia Niestroj versuchten über soziale Netzwerke die Familie zu finden, ohne Erfolg. Gerne hätten sie die Marke zurückgegeben.
Wälder, Wiesen und Bodendenkmäler sind tabu
Mit dem Metalldetektor darf er auf sogenannten „bewegten Böden“ suchen, also auf Ackerflächen. Und das auch nur, wenn diese abgeerntet sind und immer in Absprache mit dem Eigentümer. Bauern scheinen sich gut einzucremen, vermutet Niestroj: „Ich finde viele Nivea-Dosen.“ Bei seiner Suche reinigte er auch gleich das Feld für den Besitzer. Außerdem: „Ganz wichtig, das freut den Landwirt: Gebuddelte Löcher wieder zu machen.“ Bodendenkmäler, die sich auf dem durch den LVR genehmigten Stück befinden, „sind ausgeklammert, da darf man nicht drauf“, sagt Niestroj.
Auf dem Feld, auf dem er an diesem Tag unterwegs ist, befindet sich eine mittelalterliche Befestigung, eine sogenannte Holzburg. „Man kann sie nicht mehr sehen, es ist eine grüne Insel im Feld.“ Zudem nicht erlaubt seien Wald und Wiesen. „Das ist ein absolutes Tabu“, sagt Niestroj: „Wenn man da jemanden mit Sonde rumlaufen sieht, einfach mal ansprechen und nach der Genehmigung fragen. Gibt es keine, dem LVR Bescheid geben.“ Es handele sich schließlich um eine Ordnungswidrigkeit, die richtig ins Geld gehe. „Meistens sind das dann schwarze Schafe, bei denen die Sachen in der Schublade verschwinden oder auf dem Schwarzmarkt.“
Ein klarer, hoher Ton und eine Leitwertanzeige von 90 auf dem Gerät lassen mein Herz höherschlagen.
Niestrojs wertvollster Fund war ein „karolingerzeitlicher Schwertgurtbeschlag mit merowingerzeitlichem Verzierungsmotiv“, so lautet die Beschreibung in der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland“ von 2018. Die Verzierungen hatte Niestroj zuerst für etwas Christliches gehalten, für Fische. Aber: „Das sind Gesichter.“
Den Schwertgurtbeschlag aus Dünstekoven durfte Niestroj nicht behalten. Wollte der Ur-Swisttaler auch gar nicht. „Was soll der bei mir zu Hause rumliegen? Der gehört in eine Ausstellung.“ Norbert Niestroj geht es nicht um „Gold, Geld und Geschmeide. Das ist unsere Vergangenheit. Unsere Vorfahren haben hier etwas verloren.“ Im Kreis Euskirchen besitzt Niestroj selbst einige Hektar. Da hat er einmal eine Taschenuhr gefunden. „Die gehörte ziemlich sicher einem meiner Vorfahren. Das ist ein persönlicher Fund, der bedeutet mir dann viel mehr.“
An diesem Tag fördert Niestroj die Kappe einer Schmerztablettendose zu Tage – aus den 1950er oder 1960er Jahren, schätzt er. Eigentlich hatte er zumindest auf eine alte Münze gehofft. „Die findet man hier häufiger.“ Fast so oft wie Bombensplitter. Auch eine scharfe Handgranate ist ihm schon untergekommen. „Das ist kein ungefährliches Hobby“, warnt er. Wie verhält man sich dann richtig? „Weit weggehen, die Polizei rufen und warten bis sie kommt.“ Um keine böse Überraschung zu erleben, hat sich Niestroj angewöhnt, mit der Schaufel immer außerhalb des Signals anzusetzen.
Detektor, Schaufel und Tasche gehören zur Ausrüstung
Der Ton verändert sich. „Aha“, sagt Niestroj hoffnungsvoll und legt den Metalldetektor beiseite. Mit der Schaufel fängt er an zu graben und mit einem kleineren Detektor, der in den größeren integriert ist, überprüft er die Erdklumpen, um auszumachen, wo sich der potenzielle Schatz befindet. Niestroj befreit das fingernagelgroße Objekt von Erde: „Eine alte Saatgutplombe.“

Leider keine römische Münze, sondern eine alte Saatgutplombe.
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Als er mit seinem Hobby anfing, habe er noch bei jedem Geräusch des Metalldetektors gebuddelt, inzwischen erkenne er am Ton, ob es sich lohnt, zur Schaufel zu greifen. „Ein Fehler, den Anfänger machen? Den auch ich gemacht habe? Mit den Arbeitsschuhen auf Suche gehen“, schmunzelt Niestroj: „Bei jedem Schritt mit Stahlkappenschuhen hat man ein wunderbares Geräusch.“ Nur finden würde man nichts.
Tut Niestroj etwas von Interesse auf, notiert er sich im Handy die Geodaten des genauen Fundortes und reinigt den Fund. Wie das geht, bringe der LVR Sondengängern bei. Niestroj schreibt dann einen Fundbericht und sendet alles an ein. Wenn sein Schatz nicht in einem Archiv landet, bekommt er ihn zurück – oft mit einer handschriftlichen Notiz, die beschreibt, worum es sich handelt. „Ein klarer, hoher Ton und eine Leitwertanzeige von 90 auf dem Gerät lassen mein Herz höherschlagen.“ Erwartungsvoll fängt Niestroj an zu graben. Es ist allerdings nur eine Unterlegscheibe und nicht wie erhofft eine gut erhaltene römische Münze.