WarnsignaleEuskirchener sind vom Pfeifen der Züge am Bahnübergang in Stotzheim genervt

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Stotzheimer Anlieger stehen hinter den Bahngleisen.

Die Anlieger um Michael Pittscheidt (r.) und Hans Norbert Wild (3.v.r.) klagen über eine „erhebliche Lärmbelästigung“ an der Bahnstrecke in Stotzheim.

Wenn die Züge sich dem unbeschrankten Bahnübergang In den Hüppen nähern, pfeiffen sie laut. Davon fühlen sich Anwohner schon lange gestört.

Die Angelegenheit hat fast schon historische Ausmaße. Bereits 2005 wandte sich Wolf Bauer, der zu dieser Zeit den Kreis Euskirchen im Bundestag vertrat, an den damaligen Chef der Deutschen Bahn (DB), Hartmut Mehdorn. Der CDU-Politiker Bauer bat Mehdorn um Hilfe bei einem Problem, mit dem sich Bürger aus Stotzheim an ihn gewandt hatten.

Es ging um die lauten Pfeifsignale, die die Züge erzeugten, sobald sie sich dem unbeschrankten Bahnübergang In den Hüppen näherten. Die Anlieger fühlten sich davon genervt. Mehdorn erklärte Bauer in seinem Antwortschreiben, dass das Pfeifen an besagtem Übergang wegen der Sichtverhältnisse für die Triebwagenführer vorgeschrieben sei. „Die akustischen Signale der Triebfahrzeuge müssen dabei eine Lautstärke aufweisen, die gewährleistet, dass sie von jedem Verkehrsteilnehmer, der sich dem Bahnübergang nähert bzw. sich im Bereich des Bahnübergangs aufhält, zweifelsfrei wahrgenommen werden können.“

Triebfahrzeuge müssen zur Sicherheit akustisches Warnsignal geben

An der Argumentation der Deutschen Bahn hat sich bis heute nichts geändert, am Ärger der Anliegerinnen und Anlieger genauso wenig. Sie halten das Pfeifen für nicht hinnehmbar und gleichzeitig für vermeidbar. Nun muss man wissen, dass der Bahnübergang In den Hüppen an der Erfttalstrecke liegt, die seit der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 stillgelegt ist. Seit fast drei Jahren also pfeift in Stotzheim kein Zug mehr. Die Anlieger befürchten jedoch, dass es mit der Ruhe vorbei ist, sobald die Strecke, die die DB momentan instand setzt, wieder befahren wird.

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Der DB-Vorstandsvorsitzende Mehdorn hatte in seinem Schreiben an Bauer eine Untersuchung der Frage angekündigt, welche Möglichkeiten bestünden, eine Änderung der Lage herbeizuführen. „Denkbar wären zum Beispiel eine ersatzlose Beseitigung des Bahnübergangs bzw. eine Verkehrsreduzierung auf Fußgänger-/Fahrradverkehr, bei der unter Umständen die Pfeifsignale entfallen könnten.“ Diese Ideen klangen aus Stotzheimer Sicht erfreulich. In die Tat umgesetzt wurden sie freilich nicht.

Jetzt, da die Strecke stillgelegt ist, könnte die Bahn an dem Übergang arbeiten.
Michael Pittscheidt, Anlieger

Also versucht eine Gruppe von Ortsbewohnern um Michael Pittscheidt und Hans Norbert Wild auch 19 Jahre nach dem Briefwechsel zwischen dem Bahnchef und dem Bundestagsabgeordneten, die Situation in ihrem Sinne zu verändern. Die Chancen stehen aber offenbar schlecht. Nach dem jetzigen Stand wird nach der Wiedereröffnung der Bahnstrecke wie gehabt alle 30 Minuten ein mindestens drei Sekunden langer Warnton erklingen – und das von frühmorgens noch vor 5 Uhr bis spätabends nach 22.30 Uhr, so die Anlieger. „Wenn auf der Strecke der angekündigte S-Betrieb eingeführt wird, fahren die Bahnen vielleicht noch öfter“, sagt Wild.

2022 hatten die Anrainer sich an die Stadt Euskirchen gewandt. Sie forderten den Rat auf, den Übergang In den Hüppen „sicherheitstechnisch aufzurüsten, um einerseits ein gefahrloses Queren der Gleisanlage zu gewährleisten und andererseits die erhebliche Lärmbelästigung durch den erforderlichen Pfeifton bei Annäherung des Zuges entbehrlich zu machen“.

Die Stadt Euskirchen und die Deutsche Bahn widersprechen einander

Die Stadt ist für derartige Maßnahmen allerdings nicht zuständig. Sie muss stattdessen auf entsprechende Reaktionen der Deutschen Bahn hoffen. Das tun auch die Anlieger, die ihrer Petition an die Stadt mehr als 100 Unterstützerunterschriften beigefügt hatten.

„Jetzt, da die Strecke stillgelegt ist, könnte die Bahn an dem Übergang arbeiten“, sagt Michael Pittscheidt. Seine Mitstreiter und er meinen, dass die Bahnüberquerung an dieser Stelle für den motorisierten Verkehr nicht mehr notwendig sei. Sowohl Landwirte als auch der Erftverband, der immer wieder mal auf der westlichen Seite des Bahndamms zu tun habe, könnten andere Wege nutzen.

Eine andere Art der Sicherung wäre nur mit einem nicht vertretbaren baulichen Aufwand herzustellen.
Bahnsprecher

Im November 2022 trug die CDU-Fraktion das Anliegen der Stotzheimer in den städtischen Ausschuss für Tiefbau und Verkehr. Dabei kam auch das Wohnheim für Menschen mit Hörschädigung und anderen Beeinträchtigungen zur Sprache, das der Landschaftsverband Rheinland (LVR) seit mehr als 20 Jahren in unmittelbarer Nähe des Bahnübergangs betreibt.

Für die gehörlosen Bewohner berge der unbeschrankte Übergang Gefahren, hieß es. Darauf hatte der LVR die Stadt und die Bahn schon aufmerksam gemacht, als das Heim gebaut wurde. Schranken und Lichtsignale, so der Verband, seien jedoch damals abgelehnt worden „mit dem Hinweis, dass die Bahntrasse vor der Planung des Wohnheims bereits bekannt war und die Kosten hierfür zu hoch seien“.

Ein Umlaufgitter könnte nach Ansicht der Stotzheimer helfen 

Die Gruppe um Pittscheidt und Wild vertritt die Auffassung, dass man mit einem Umlaufgitter Abhilfe schaffen könnte. Ein solches Gitter ist an zwei anderen Übergängen in Stotzheim installiert, „ohne dass die Bahnen Pfeifsignale abgeben“, so Pittscheidt. Es zwinge Passanten dazu, vor dem Überqueren der Gleise in beide Richtungen zu schauen. „Damit verhindert man, dass jemand achtlos über die Gleise läuft“, sagt Pittscheidt. Den Sicherheitsanforderungen werde mit dieser Variante Genüge getan, so seine Argumentation, so dass die ungeliebten Akustiksignale überflüssig würden.

„Dann wäre auch die Schließung des Übergangs vom Tisch, über die ja auch schon gesprochen wurde. Wir wollen, dass er für Fußgänger offen bleibt“, ergänzt Hans Norbert Wild. Die Variante, den Übergang zu schließen, hatte die CDU-Fraktion ins Spiel gebracht, als der städtische Fachbereichsleiter Bernd Kuballa den Verkehrsausschuss im Februar über eine Stellungnahme der Bahn informierte.   Darin hieß es, der Übergang bleibe unbeschrankt – und der Signalton beibehalten.

Ein Bahnsprecher bestätigte auf Anfrage dieser Zeitung, dass bauliche Änderungen an dem Übergang nicht geplant seien. In seiner schriftlichen Antwort heißt es, die vom Hochwasser zerstörten oder irreparabel beschädigten Anlagen würden „eins zu eins instandgesetzt oder erneuert“. Dies bedeute, dass auch der Bahnübergang In den Hüppen „zunächst in seinen vorherigen Zustand versetzt“ werde. Eine andere Art der Sicherung des Übergangs „wäre nur mit einem nicht vertretbaren baulichen Aufwand herzustellen, da dort die gesetzlich erforderlichen Sichtverhältnisse für eine Sicherung ohne Pfeifsignal nicht gegeben sind“.

Die Stadtverwaltung hat offenbar andere Informationen. Pressesprecher Tim Nolden teilte mit, dass an dem Übergang „beidseitig Umlaufgitter errichtet“ würden, sobald die DB die Erneuerung der Bahnstrecke abgeschlossen habe. Die Gitter würden derzeit bei den Technischen Diensten gelagert.

Der DB ist von derartigen Plänen nichts bekannt: Umlaufsperren seien nicht vorgesehen, erklärte der Sprecher. Egal, wer recht behält: Was „die Problematik des Pfeifsignals“ anbelange, so Nolden, habe die Stadt keine Einflussmöglichkeit

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