Nach der Wahl ist vor den Verhandlungen. Zu welchen Konstellationen wird es im künftigen Euskirchener Kreistag kommen?
Kommunalwahl 2025CDU schließt Koalition mit AfD im Kreis Euskirchen aus und liebäugelt mit Opposition

Ballte nach dem Erdrutschsieg über Sabine Preiser-Marian die Fäuste: Landrat Markus Ramers, hier mit seiner Frau Nadine im Kreishaus.
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Denkbar scheint im neuen Kreistag vieles zu sein, realistisch sind aber nur zwei Szenarien – zumindest aus Sicht der CDU. Die bildet im künftigen Kreistag mit 19 Sitzen – von insgesamt 54 – die stärkste Fraktion. Gefolgt von der SPD (13), AfD (9), Grüne (5), FDP (4), UWV (2) und Linke (2).
Eine Koalition oder Listengemeinschaft mit der AfD schließt Ingo Pfennings, Vorsitzender der Christdemokraten auf Kreisebene, kategorisch aus. „Eine inhaltliche Zusammenarbeit mit der AfD wird es nicht geben. Natürlich werden wir eigene Anträge, die auf Zustimmung der AfD treffen, nicht zurückziehen. Wir werden sie aber auch nicht vorab mit der AfD abstimmen oder gar eine Koalition bilden“, sagt er.
Für die CDU ist eine Koalition mit der SPD nicht die einzige Möglichkeit
Bleibt doch eigentlich nur noch eine große Koalition mit der SPD, oder? „Nein“, sagt Pfennings: „Vielleicht machen wir auch deutlich, dass wir nicht diejenigen sind, die das Heft des Handels in der Hand haben, sondern die SPD und ihr Landrat. Dann müssen die sich eine Mehrheit suchen und wir gehen in die Oppositionsrolle, die wir so noch nie innehatten.“ Das werde am Ende des Tages eine Grundsatzentscheidung sein.
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Wann die fällt, steht laut Pfennings noch nicht fest. Am Montag (22. September) kommen dem CDU-Chef zufolge alle gewählten Kreistagsmitglieder zusammen. Dann soll auch die neue Fraktionsspitze berufen werden, so Pfennings. Er habe da den einen oder anderen im Blick, aber das entscheide letztlich nicht er, sondern die gesamte Runde der Christdemokraten, die an diesem Tag zusammenkommt.
Was mich schockiert hat, ist das Ergebnis von Sabine in Bad Münstereifel. Für sie tut mir das unheimlich leid.
Den mehr als deutlichen Erfolg von Landrat Markus Ramers (SPD) erkennt er neidlos an. „Was mich schockiert hat, ist das Ergebnis von Sabine in Bad Münstereifel. Für sie tut mir das unheimlich leid“, so Pfennings: „Es war ein ganz deutliches Zeichen, dass die Menschen im Kreis Euskirchen Markus Ramers als Landrat wollen.“
Die SPD feierte im Kreishaus am Sonntagabend ein bisschen sich selbst, aber vor allem den Mann, der das deutliche Zeichen gesetzt hat: Markus Ramers. Einer der ersten Gratulanten: Thilo Waasem: „Das war ein schöner Abend. Das Ergebnis ist eindeutig und glasklar. Statt dem von manchem herbeigeredeten knappen Duell, ist die Politik von Markus Ramers eindrucksvoll bestätigt worden.“

Die große Verliererin des Wahlabends: Sabine Preiser-Marian von der CDU, die gegen Amtsinhaber Markus Ramers (SPD) keine Chance hatte.
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Haben in den vergangenen Jahren viel im Kreistag zusammengearbeitet: Ute Stolz (CDU) und Frederik Schorn (FDP). Stolz wird dem künftigen Kreistag nicht angehören.
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Und wie geht es in den kommenden Wochen und vielleicht auch fünf Jahren mit dem Kreis Euskirchen weiter? „Wir haben in den vergangenen Jahren Verantwortung übernommen. Wir werden das auch weiter tun“, so Waasem: „Dafür braucht es aber auch andere. Insbesondere die CDU ist jetzt gefragt. Es braucht konstruktive Zusammenarbeit, kein Schmollen und keine parteipolitischen Spielchen, nur um einen Amtsinhaber schlecht aussehen zu lassen.“
Wenn sich herauskristallisiere, wer für die CDU spreche, freue er sich auf die Gespräche mit den demokratischen Fraktionen im Kreistag. Waasem: „Wir als SPD werden unsere Entscheidungen jedenfalls nur entlang der Frage treffen: Wer ist bereit, den Kreis Euskirchen und die 200.000 Menschen hier an die erste Stelle zu setzen?“
AfD ist im Euskirchener Kreistag die drittstärkste Fraktion
Die drittstärkste Fraktion bildet ab November die AfD. „Dieses Ergebnis erfüllt uns mit Stolz, macht uns aber zugleich auch demütig. Wir wissen, dass die Wählerinnen und Wähler von uns erwarten, in Räten und Ausschüssen verlässliche und verantwortungsvolle Arbeit zu leisten. Daran wollen wir mit Nachdruck arbeiten“, erklärt der Sprecher des AfD-Kreisverbands, Josef Burkart. Ziel sei, „die liebenswerte Heimat zu bewahren und zukunftsfähig zu gestalten.“
Thematisch wolle man sich auf die Konsolidierung der Haushalte, Streichung ideologischer Prestigeprojekte, die Stärkung der Wirtschaft oder die der aus Sicht der AfD überstürzt vorangetriebenen Pläne zur Klimaneutralität 2035 fokussieren. Wer die AfD in der kommenden Legislaturperiode personell anführen wird, steht laut Burkart noch nicht fest. Das werde in einer der kommenden parteiinternen Sitzungen beschlossen.

Freuten sich gemeinsam: SPD-Chef Thilo Waasem und Landrat Markus Ramers.
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Zwei neue Gesichter im kommenden Kreistag werden die Linken stellen: Dshamila Swirschuk und Mattis Wendorf. „Wir freuen uns, dass wir diesen tollen Wahlkampf mit so viel Engagement zum gewünschten Erfolg geführt haben“, sagt Swirschuk. Ihr Fokus: soziale Projekte wie die Einführung eines dritten beitragsfreien Kita-Jahres.
FDP-Mann Frederik Schorn ist mit 33 Jahren schon ein alter Hase
Während der Kreistag für die Linke und ihre beiden Kreistagsmitglieder Neuland ist, gehört Frederik Schorn (FDP) schon zu den alten Hasen – mit 33 Jahren. „Mit unseren 6,6 Prozent sind wir nicht zufrieden, aber wir behalten damit unsere bisherige Fraktionsstärke“, sagt Schorn, der die Liberalen im Kreistag wieder anführen dürfte: „Wir haben im Kreis Euskirchen das beste Ergebnis der FDP in NRW eingefahren.“
In der Vergangenheit ist diese Kombination oft zu Lasten der Kommunen gegangen. Sollten andere Optionen möglich sein, sollten sie ernsthaft diskutiert werden.
Mit Blick auf eine GroKo sagt Schorn: „In der Vergangenheit ist diese Kombination oft zu Lasten der Kommunen gegangen. Sollten andere Optionen möglich sein, sollten sie ernsthaft diskutiert werden. Dafür stehen wir bereit.“ Als Fraktion wolle er mit seiner Partei den bisher eingeschlagenen Weg fortsetzen. „Wir wollen uns mit guten Vorschlägen einbringen und werden für unsere Positionen bei den anderen werben“, so Schorn.
Bei den Grünen richtet man sich auf die Oppositionsrolle ein. „Das kennen wir“, sagt Kreis-Sprecherin Myriam Kemp: „Wir haben eine inhaltlich und persönlich gut und stark aufgestellte Fraktion, die miteinander vertraut ist und konstruktive Arbeit leistet. Die Chance, die ich in einer neuen Mehrheitskoalition sehe, ist, dass sich mit der SPD als Entscheidungsmitträgerin in Sachen sozialverträglicher Kreispolitik doch mehr bewegt, als es in der Vergangenheit der Fall war.“
Der neue Chef der UWV im Kreistag, Uwe Wegner, zeigt sich enttäuscht: „Das Ergebnis von 3,97 Prozent und der damit verbundene Verlust eines Sitzes ist für uns bitter. Dennoch nehmen wir dieses Resultat als Auftrag an, uns weiterhin mit Sachlichkeit, Offenheit und Engagement im Kreistag einzubringen.“
Der neue Kreistag
Der kommende Kreistag besteht aus 54 Mitgliedern. Die stärkste Fraktion ist weiterhin die CDU. Die Christdemokraten kommen auf 34,7 Prozent (-3,7 Prozentpunkte), die SPD auf 24,7 (+0,8), die Grünen auf 8,5 (-6,6), die FDP auf 6,6 (-1,3), die AfD auf 16 (+9,5), die UWV auf 4 (-1), die Linke auf 4 (+1,5), das BSW auf 1 (+1) und die Freien Wähler auf 0,5 Prozent (+0,5).
Daraus ergibt sich, dass die SPD 13 Sitze im neuen Kreistag erhält, die AfD 9, Grüne 5, FDP 4, UWV 2, Linke 2. Die konstituierende Sitzung ist für den 5. November terminiert.
- CDU: Karsten Stickeler, Erwin Jakobs, Jürgen Bönsch, Dominik Schmitz, Maren Kurth, Patrick Rothkopf, Clas Kohlheyer, Frank Auel, Stefan Guhlke, Norbert Hütten, Heiko Kusserow, Manfred Manheller, Dr. Hans-Peter Schick, Birgit Braun-Näger, Peter Kronenberg, Ralf Claßen, Jochen Kupp, Bernhard Maus.
- SPD: Thilo Waasem, Karl Vermöhlen, Christine Bär, Bertram Wassong, Gianna Voißel, Daniel Rudan, Kamila Gänsler-Thomas, Wolfgang Heller, Annegret Lewak, Michael Höllmann, Matthias Braun, Jan Leyendecker, Daniel Lüdke.
- Grüne: Ellen Mende, Jörg Grutke, Myriam Kemp, Hans-Werner Ignatowitz, Valérie Nitsche.
- FDP: Frederik Schorn, Rudolf Huth, Hans Joachim Schaefer, Thomas Müller.
- AfD: Bernd Lübke, Dr. Uwe Höller, Uwe Schiller, Regine Sturm, Harry Deutsch, Jürgen Arhelger, Ralf Neunteufel, Birgit Zirke, Ioana Sülzner.
- UWV: Uwe Wegner, Andreas Bühl.
- Linke: Dshamila Swirschuk, Mattis Wendorf.