BundestagSo reagieren die Abgeordneten für den Kreis Euskirchen auf die Bauern-Proteste

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Ein Traktor aus einem Lichterzug trägt ein Plakat mit der Aufschrift „Özdemir hat keine Ahnung, macht aber die ganze Planung. Wir Bauern sind in höchster Not, die Politik ist unser Tod“.

Bei den Lichterzügen machten die Bauern deutlich, was sie von der Agrarpolitik der Bundesregierung, vor allem der des Landwirtschaftsministers Cem Özdemir, halten.

Auch aus dem Lager der Ampel gibt es Kritik an den Sparplänen der Bundesregierung. Ein Abgeordneter befürchtet „Gelbwesten französischer Art“.

Die Wut der Landwirte über die geplante Streichung der Agrardiesel-Subventionen sowie der Kfz-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge nimmt zu – auch im Kreis Euskirchen. Das wurde bei den Lichterzügen am Wochenende deutlich. Auch beim Lichterzug in Zülpich am Samstag wird das Thema eine Rolle spielen, kündigte Organisator Frank Weber an.

Die Bundesregierung muss aufpassen, dass aus den gelben Blinklichtern auf den Traktoren keine Gelbwesten französischer Art werden.
Detlef Seif, CDU-Bundestagsabgeordneter

Die Landwirte befürchten – je nach Größe des Hofes und der Art der Bewirtschaftung – Einbußen bis weit in den fünfstelligen Euro-Bereich. Letztlich sollen die Bauern laut ihres Verbandes alleine etwa 940 Millionen Euro bei der Haushaltskonsolidierung der Bundesregierung schultern. Der Protest ist gewaltig.

Doch was sagen die Bundestagsabgeordneten, zu deren Wahlkreis der Kreis Euskirchen gehört und die letztlich über den Haushalt 2024 mit abstimmen werden? Die Redaktion hat nachgefragt.

Alles zum Thema Olaf Scholz

„Aus meiner Sicht“, so FDP-Bundestagsmitglied Markus Herbrand über die notwendigen Einsparpläne, „ist die Landwirtschaft zu umfangreich und einseitig betroffen.“ Er halte es für sinnvoller, wenn an vielen verschiedenen Stellen, dafür aber mit jeweils geringeren Beträgen eingespart werden würde, erklärte der Gemünder.

Markus Herbrand (FDP): „Landwirte zu umfangreich und einseitig betroffen“

„Eine pauschale Subventionskürzung von fünf oder zehn Prozent zum Beispiel bei der Tonnagesteuer, der Filmförderung oder eben der KfZ-Steuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge wäre aus meiner Sicht ein vernünftiger Kompromiss, dessen Folgekosten auf viele Schultern verteilt werden würden“, so Herbrand.

Falsch sei es, einen Wirtschaftszweig einseitig zu belasten, während etwa Bürgergelderhöhungen, der Einkauf und die Erzeugung von Kohlestrom anstatt der Nutzung eigener Kernkraftwerke oder die abschlagsfreie Rente mit 63 ebenfalls Einsparbeträge im Milliardenbereich ermöglichen würden.

Die FDP-Bundestagsfraktion werde sich in den anstehenden Beratungen zum Bundeshaushalt 2024 für eine gerechtere Verteilung der Belastungen und Einsparungen einsetzen, kündigte Herbrand an.

„Auch dabei werden öffentliche Diskussionen mit unseren Koalitionspartnern nicht ausbleiben, die wir aber sehr gerne in Kauf nehmen, um bessere Entscheidungen für unser Land zu ermöglichen“, so der Liberale.

Harte Vorwürfe an Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner

Der CDU-Abgeordnete Detlef Seif geht aus der Opposition heraus naturgemäß härter mit der Regierung ins Gericht. Offenkundig seien Kanzler Olaf Scholz sowie den Ministern Robert Habeck und Christian Lindner die Folgen der Subventionsstreichung für die Landwirte nicht bekannt oder aber egal gewesen. „Was beides gleich schlecht ist“, so der Weilerswister.

Agrardieselentlastung und Kfz-Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge müssten bleiben, fordert er. „Durch meinen regelmäßigen Austausch mit Landwirten weiß ich, dass es den Landwirten nicht um einzelne Belastungen geht, sondern um die Summe aller Belastungen“, erklärte der Christdemokrat.

Dagmar Andres (SPD): Streichungen kommen nicht „aus heiterem Himmel“

In den vergangenen Jahren hätten sich die Produktionsbedingungen durch eine Erhöhung der Standards und Auflagen, eine deutliche Kostensteigerung und rückläufigen Ertrag deutlich verschlechtert.

„Die Landwirte“, so Seif, „haben selbst ein hohes Interesse daran, Betriebsmittel wie den Dieseltreibstoff einzusparen. Es gibt aber für die schweren Fahrzeuge und Geräte keine alternative Antriebstechnik zum Dieselmotor.“

Mit ihrem Vorgehen treibe die Bundesregierung die Landwirte in die Radikalisierung und extreme politische Richtungen. Der soziale Friede, der durch das unbedachte Vorgehen gestört sei, könne im weiteren Verfahren überhaupt nicht mehr hergestellt werden.

Seif: „Die Bundesregierung muss aufpassen, dass aus den gelben Blinklichtern auf den Traktoren keine Gelbwesten französischer Art werden.“ Das werde davon abhängen, ob die Ampelpolitiker unverzüglich das nötige Fingerspitzengefühl im weiteren Verfahren anwenden.

AfD-Mann Rüdiger Lucassen spricht von „ideologischen Klimaprojekten“

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Dagmar Andres erklärte: „Durch die Klage der CDU/CSU wurde eine neue Haushaltsaufstellung notwendig. Alle Bereiche müssen dazu ihren Beitrag leisten.“

Die Subventionen im Agrarbereich würden schon seit Jahren diskutiert, kämen jetzt also nicht „aus heiterem Himmel“. Nichtsdestotrotz sei der Haushaltsentwurf ein Kabinettsvorschlag, der entsprechend parlamentarisch diskutiert werde und, wenn nötig, auch noch geändert werden könne.

Der Protest der Landwirte, so der AfD-Abgeordnete Rüdiger Lucassen, sei absolut gerechtfertigt und werde von seiner Partei unterstützt. „Die Rechnung für die ideologischen Klimaprojekte und die unsolide Haushaltsführung der Bundesregierung sollen nun die deutschen Bauern bezahlen“, erklärte Lucassen.

Die Ampel wäre gut beraten, die angekündigten Subventionskürzungen schnell zurückzunehmen – „auch, um den sozialen Frieden in unserem Land nicht noch weiter zu gefährden“, so der AfD-Abgeordnete.

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