Video-Fahndung der PolizeiDas sagt der Bruder zum Tod des Zülpichers Fabian Esser

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Fabian Esser starb am 23. Juni in Kerkrade.

„Die Anteilnahme ist nach wie vor unglaublich. Davon sind wir sehr ergriffen“, sagt Basti Esser. Sein Bruder Fabian kam am 23. Juni in Kerkrade ums Leben. Die Tatumstände waren lange unklar, aber inzwischen hat die niederländische Polizei zwei Männer ermittelt, die für den Tod des Zülpichers Fabian Esser verantwortlich sein sollen.

Kerkrade: Polizei intensiviert Fahndung

Esser, der 33 Jahre alt wurde, war nach Erkenntnissen der Polizei von einem Auto überrollt worden. „Wir haben uns dazu entschieden, den Namen des Opfers zu veröffentlichen, weil wir uns in diesem Zusammenhang neue Hinweise zum Fall erhoffen“, sagte eine Sprecherin der niederländischen Polizei im Bezirk Limburg am Mittwoch.

Die beiden gesuchten Männer hatten nach Angaben der Polizei vorgegeben, ihrem Opfer eine Immobilie im Wert von fast einer Million Euro abkaufen zu wollen. Parallel dazu hatten sie Fabian Esser um den Eintausch von 100.000 Euro in kleinere Scheine gebeten, hieß es am Dienstagabend in einer Sendung des niederländischen Fernsehens. Die Fernsehsendung ist vergleichbar mit Aktenzeichen XY ungelöst, das seit Jahrzehnten im ZDF läuft.

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Hoffnung auf neue Hinweise

„Durch die Ausstrahlung haben wir Hoffnung, dass es neue Hinweise zu den mutmaßlichen Tätern geben wird“, sagt auch Basti Esser. Die Hoffnung sei in den vergangenen Wochen ein wenig gesunken, weil die Ermittlungen der niederländischen Polizei ins Stocken geraten seien, sagt er im Gespräch mit dieser Zeitung. Unmittelbar nach dem Tod seines Bruders seien 40 Beamte der Mordkommission zugeteilt worden. Wie viel es derzeit seien, wisse er nicht.

Zahlreiche Freunde und Bekannte teilten vor und nach der Sendung am Dienstagabend die Fahndungsfotos der Polizei oder verlinkten auf den Youtube-Kanal des niederländischen Fernsehsenders, mit dem in einem achtminütigen Beitrag in Rücksprache mit der Polizei nach den mutmaßlichen Tätern gesucht wird.

Für den Beitrag hatte Basti Esser dem Fernsehsender Videomaterial und Fotos zur Verfügung gestellt. Von der Sendung habe er vor eineinhalb Woche erfahren, so Basti Esser: Die Familie wolle alles tun, damit die Polizei möglichst viele neue Hinweise auf die Täter erhält.

Moment der Todesnachricht

An den Moment, als er vom Tod seines Bruders erfahren hat, erinnert sich der Kommerner, der mittlerweile in Bonn lebt, genau: „Es war 17 Uhr, ich hatte noch eine Videokonferenz und meine Cousine hat versucht, mich anzurufen.“ Normalerweise schreibe sie ihm höchstens mal eine Whatsapp. Zunächst habe er vermutet, dass vielleicht etwas mit seinem Opa nicht in Ordnung sei. Doch dann sagte ihm seine Cousine, dass sein Bruder tot sei.

Sie sei gerade mit ihrer Mutter auf dem Weg nach Kerkrade, weil Fabian dort mit ihrem Vater einen Autounfall gehabt haben soll, habe die Cousine ihm berichtet. „Ich bin direkt ins Auto gestiegen und zu meiner Mutter nach Kommern gefahren. Weil die Polizei noch nicht bei ihr war, habe ich ihr die schreckliche Nachricht übermitteln müssen“, sagt Basti Esser.

Inniges Verhältnis zum getöteten Bruder

Das Verhältnis zu seinem Bruder sei sehr innig gewesen. Dass dieser mit seinem Onkel in Kerkrade war, um eine Immobilie zu verkaufen, habe er aber nicht gewusst.

Der Polizei zufolge kam es an diesem Tag am Fußballstadion in Kerkrade zum Treffen der beiden Männer mit dem Zülpicher und dessen Onkel. Wie in der Sendung zu sehen ist, in der zahlreiche Aufnahmen von Überwachungskameras gezeigt werden, hatte Fabian Esser die von den mutmaßlichen Tätern erbetenen 100 000 Euro in kleinen Scheinen dabei – wahrscheinlich in einem Trolley.

Die angeblichen Immobilienkäufer entpuppten sich jedoch als Betrüger: Sie entrissen der Polizei zufolge dem Zülpicher den Geldkoffer – und flüchteten in ein Auto. Als Fabian Esser versuchte, den Wagen aufzuhalten, sollen die Betrüger losgefahren sein und ihr Opfer mitgerissen haben. Der Zülpicher geriet unter das Fahrzeug, starb noch vor Ort. Sein Onkel sah alles mit an, die Täter konnten fliehen, vermutlich in einem dunklen Mercedes.

„Ich erlebe das Ganze nicht bewusst. Mein Kopf weiß, dass der Tod meines Bruders Realität ist, aber er will es nicht akzeptieren“, sagt Basti Esser: „Meinem Bruder ging es nach der Corona-Pandemie gerade wieder gut, er war frisch verliebt und von Köln nach Zülpich gezogen. Er hatte endlich wieder Spaß am Leben.“ Die Art, wie das Leben seines Bruders beendet worden sei, sei hart. „Er hat es nicht selbst entschieden. Nein, andere haben über sein Schicksal entschieden“, so Basti Esser.

Betrüger schlugen bereits mehrfach zu

Es soll nicht die einzige Tat des Betrüger-Duos gewesen sein, die mutmaßlich das Leben des Zülpichers auf dem Gewissen haben. Insgesamt sollen die beiden Männer seit April, so die Polizei, sechs deutsche Opfer um mindestens eine halbe Million Euro gebracht haben. Auch bei einem anderen Betrug wurde eines der Opfer nach Polizeiangaben von einem Auto mitgerissen, überlebte aber.

Gefahndet wird nach einem Deutsch sprechenden, etwa 60 Jahre alten Mann sowie seinem jüngeren Komplizen. Die Männer geben sich laut Polizei als Geschäftsleute einer luxemburgischen Anlagefirma aus. Sie flüchteten nach ihren Taten mehrfach in Richtung Belgien.

Für Hinweise, die zu den Tätern führen, ist eine Belohnung von 15.000 Euro ausgesetzt. Kontakt zur niederländischen Polizei habe die Familie vor allem über die sogenannten Familienkommissare. Das seien Kontaktpersonen der niederländischen Polizei, die im Austausch mit den Ermittlern stehen.

„Wir erfahren aber auch nur das, was öffentlich gemacht wird. Nur eben vorher“, erklärt Basti Esser, der auch knapp zwei Monate nach der Beerdigung seines Bruders von der Trauerfeier ergriffen ist. Etwa 700 Trauergäste waren am 7. Juli bei der Beisetzung in Kommern dabei.

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