Neuer WirtschaftsdezernentOB führt Auswahlgespräche ohne Politiker

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Oberbürgermeisterin Henriette Reker (Symbolbild)

Köln – Das langwierige Verfahren zur Besetzung des neuen Dezernats IX „Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitalisierung und Regionale Zusammenarbeit“ soll in Kürze zum Abschluss kommen. Nach Rundschau-Informationen hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker am Freitag die Fraktionen informiert, dass sie dem Stadtrat voraussichtlich zur nächsten Sitzung am 3. Februar einen Vorschlag für die oder den neuen Beigeordneten unterbreiten wird. Das ist in zwölf Tagen. Dem Vernehmen nach beginnen die Auswahlgespräche nun unmittelbar, und zwar ohne Beteiligung der Politik.

Nach dem Rückzug von Niklas Kienitz hatte sich das Auswahlverfahren monatelang hingezogen, weil unklar war, wie es rechtssicher gestaltet werden kann. Nach scharfer Kritik der Opposition und erheblichen Differenzen mit der Bezirksregierung Köln nahm sich Reker zuletzt fast vier Wochen Zeit, um zu prüfen, welche rechtlichen Konsequenzen aus einer Stellungnahme von Kommunalministerin Ina Scharrenbach für das aktuelle und künftige Besetzungsverfahren folgen. Es geht um Fragen wie: Wer nimmt an den Auswahlgesprächen teil? Wenn für die Dezernentensuche eine Findungskommission eingesetzt wird, wie muss diese zusammengesetzt sein?

Infos und Kommentar

Viel Ärger um die Wahl von Beigeordneten

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Niklas Kienitz (CDU)

14 Monate ist es her, dass Grüne, CDU und Volt die Einrichtung eines zusätzlichen Dezernats für Stadtentwicklung und Wirtschaft vereinbart haben, sowie eines weiteren Dezernats für Klima und Umwelt. Am 24. Juni wird CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz, der als Sieger aus dem Auswahlverfahren hervorgegangen ist, vom Rat zum Wirtschaftsdezernenten gewählt. Einen Monat später verzichtet er plötzlich. Er sagt, er sei angefeindet und bedroht worden. Zwei Tage später wird ein interner Bericht der Bezirksregierung Köln öffentlich, der Kienitz die Eignung abspricht. Zuvor hat es SMS-und Telefonkontakt zwischen Regierungspräsidentin Gisela Walsken (SPD), OB Henriette Reker (parteilos) und Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) gegeben.

Nach viel Kritik der Opposition an dem Besetzungsverfahren entwickelt die Bezirksregierung einen Leitfaden zur Wahl von Beigeordneten, den Kommunen gemäß der Gemeindeordnung NRW beachten müssen. Dieses Regelwerk sieht die Linke bei der Berufung von Kulturdezernent Stefan Charles verletzt. Sie fordert mehr Einblick der Opposition in das Verfahren und legt bei der Kommunalaufsicht Beschwerde ein. Die Bezirksregierung erklärt am 22. September, das Verfahren sei rechtswidrig gewesen. Man sehe aber „ausnahmsweise“ davon ab, die Stadt Köln anzuweisen, den Ratsbeschluss zur Wahl von Charles zu beanstanden.

OB Reker schreibt daraufhin an Kommunalministerin Scharrenbach. Die antwortet am 21. Dezember, dass „für das Auswahlverfahren von Beigeordneten keine besonderen Verfahrensmaßgaben bestehen“. (fu)

Kommentar: Holprige Suche

Holprig verlief zuletzt die Suche nach geeigneten Persönlichkeiten für die Stadtspitze. Erst mussten sich Ratsbündnis und OB den Vorwurf gefallen lassen, ein neues Stadtentwicklungsdezernat werde gar nicht gebraucht. Das Verfahren zur Besetzung sei eine Farce gewesen, der siegreiche Bewerber aus den Reihen der CDU, die das Vorschlagsrecht hatte, habe vorab festgestanden. Dann zog der Bewerber zurück, die Suche startete neu – begleitet von juristischen Debatten zwischen Bezirksregierung und OB-Büro, die sich bald auf das Verfahren zur Wahl des Kulturdezernenten erstreckten.

Dass die OB die Politik jetzt offiziell raushält aus den Auswahlgesprächen ist in diesem besonderen Fall nachvollziehbar, konterkariert aber die Kritik, dass der Stadtrat bei solchen Verfahren angemessen beteiligt werden soll. Für künftige Fälle muss der Rat zügig ein transparentes Verfahren vereinbaren. (fu)

Die Antwort der Ministerin war eindeutig, die Kurzversion lautet: Der Rat kann eine Findungskommission einrichten, muss es aber nicht tun. „Die Besetzung kann dabei entsprechend der Mehrheitsverhältnisse des Rates erfolgen.“ Kann heißt, sie muss es nicht. Die Ratsmehrheit darf demnach eine Kommission ohne Beteiligung der Opposition beschließen. Der Findungskommission komme „keine eigene Entscheidungskompetenz“ zu, betont Scharrenbach, „vielmehr bleibt der Rat selbst Herr des Verfahrens“, auch wenn er sich einer Kommission bediene. Die Besetzung müsse „transparent und sachlich ausgewogen erfolgen“.

Reker teilte den Fraktionen mit, sie werde das begonnene Verfahren fortsetzen. Da der Rat am 16. September keine Findungskommission beschlossen hat, also auch nichts zur Zusammensetzung eines solchen Gremiums, will sie die Gespräche nun alleine führen – ohne Politiker aus dem Rat. Nur Vertreter der städtischen Personalverwaltung und der mit der Kandidatensuche beauftragten Personalberatung sollen dabei sein. Qualifizierte Bewerbungen liegen dem Vernehmen einige auf dem Tisch, erste Gespräche sind für die nächsten Tage geplant. Gegenüber den Fraktionen betonte die OB, für künftige Dezernenten-Besetzungen müsse der Rat selbst entscheiden, wie er die Verfahren gestalten wolle. Aktuell steht nichts an, die Amtszeiten der amtierenden Dezernenten laufen bis 2024 oder später.

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Stefan Charles 

Die CDU, die das Vorschlagsrecht für das Wirtschaftsdezernat hat, ist mit Rekers Vorgehen einverstanden. Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau: „Uns ist es wichtig, dass die Stelle schnellstmöglich mit einer qualifizierten, gut geeigneten Persönlichkeit besetzt wird.“ Die OB habe vorgeschlagen, das Verfahren ohne Findungskommission durchzuführen. „Das akzeptieren wir selbstverständlich.“ Dass die CDU ihr Vorschlagsrecht verliere, wenn sie bei den Auswahlgesprächen nicht dabei ist, findet Petelkau nicht. „Die OB führt das Verfahren, am Ende entscheidet der Rat.“ Die Kritik der Bezirksregierung am Verfahren zur Wahl von Stefan Charles findet Petelkau nicht nachvollziehbar. „Das Verfahren war rechtmäßig. Das hat die Stellungnahme des NRW-Kommunalministeriums eindeutig bestätigt.“

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