Ina Albowitz-Freytag wird 75Permanent den Schreibtisch voll

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Pläne hat sie nicht mehr, sagt Ina Albowitz-Freytag von sich selbst– aber jede Menge zu tun. Ihr jüngstes Projekt der Förderverein der Kinderklinik am Krankenhaus Gummersbach.

Pläne hat sie nicht mehr, sagt Ina Albowitz-Freytag von sich selbst– aber jede Menge zu tun. Ihr jüngstes Projekt der Förderverein der Kinderklinik am Krankenhaus Gummersbach.

Dem Geburtstagsrummel geht sie  aus dem Weg. Ihren 75. feiert Ina Albowitz-Freytag in Norddeutschland zusammen mit ihrer Tochter. Harald Knoop sprach vorher mit der FDP-Ehrenvorsitzenden und ehemaligen Bundestagsabgeordneten.

Freuen Sie sich auf Ihren 75. Geburtstag?

Nein! (zögert) Ja! Es ist ein ganz ordentliches Alter, und wenn man einigermaßen gesund und geistig fit ist, ist das doch schön.

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Wie feiern Sie?

Ich bin weg. Ich verbringe eine Woche zusammen mit meiner Tochter und ihrer Familie in Norddeutschland.

Zum 70. gab es einen großen Empfang, sogar Außenminister Westerwelle war da. Warum diesmal so zurückgezogen?

Ich wollte einfach nicht so viel. Meinen 50. habe ich mit 800 Leuten in der Stadthalle gefeiert, den 60. mit der Bundestagsfraktion in Berlin, den 70. in der Heuss-Akademie in Niederseßmar. Ich hab’ genug gefeiert.

Eigentlich hatten Sie sich schon aus der Politik zurückgezogen, traten dann 2009 aber noch mal für den Kreistag an, sitzen dort in Ausschüssen und Beiräten im Bereich des Gesundheitswesens. Wie sieht Ihr Alltag heute aus?

Ziemlich anstrengend. Nach meiner Zeit im Bundestag habe ich mich 2002/2003 völlig zurückgezogen. Ich war platt. Zwei Jahre habe ich nichts gemacht, mich nur regeneriert. Dann fragte die Partei an, und ich dachte, na ja, ein bisschen könntest Du ja noch machen. Heute hab’ ich permanent den Schreibtisch voll.

Vita

Am 26. April 1943 geboren in Weimar, kam Ina Albowitz-Freytag als Kind in den Westen; sie ist ausgebildete Hauswirtschafterin, Zahnarzthelferin und Werbekauffrau.

1975 Eintritt in die FDP, 1982-2003 Kreisvorsitzende der FDP Oberberg; seit 2005 Ehrenvorsitzende.

1979-91 und 1999-2000 Mitglied im Gummersbacher Stadtrat, dort Fraktionsvorsitzende von 1981-1991.

1979-91 Mitglied der Landschaftsversammlung; 1989-1994 Kreistagsmitglied und Vize-Landrätin.

1990-98 und 2000-2002 (als Nachrückerin für Jürgen Möllemann) Mitglied des Bundestags, 1992-1998 zudem Parlamentarische Geschäftsführerin der FDP-Bundestagsfraktion.

Seit 2009 ist sie wieder Mitglied des oberbergischen Kreistags. (kn)

Werden Sie oft um Rat gefragt?

Oh, ja. Ich dachte eigentlich, die Leute vergessen einen, aber das stimmt nicht. Bis heute wenden sich viele Menschen an mich mit den unterschiedlichsten Fragen und Problemen. Und ich versuche zu helfen, wenn ich kann. Ich habe ja sehr viele Kontakte – in allen Kommunen Oberbergs, aber auch darüber hinaus.

Woher kommt dieses Vertrauen?

Die Menschen haben mir immer viel zugetraut, und ich habe immer versucht, dem gerecht zu werden. Ich antworte sofort auf jeden Brief, und Termine, die ich nicht wahrnehmen kann, sage ich ab anstatt einfach nicht zu kommen. Die Bürger wissen, dass sie sich auf mich verlassen können.

Haushaltszampaneuse, der einzige Mann in der Fraktion oder Oberbergs Eiserne Lady sind Sie genannt worden. Wie schwer fällt es, diesem Ruf mit 75 immer noch gerecht zu werden?

Ich muss keinem Ruf gerecht werden. Den Ruf habe ich mir erarbeitet; ich sage meine Meinung, auch wenn sie anderen manchmal nicht gefällt.

Wie sehr hat es geschmerzt, dass Jörg Kloppenburg 2017 wegen einer vergessenen Unterschrift von der Landesliste flog und den Einzug in den Bundestag nicht schaffte?

Sehr. Wir hätten das Mandat so gut gebrauchen können. Jeder FDP-Kreisverband im Bezirk hat einen Landtags- oder Bundestagsabgeordneten, nur Oberberg nicht.

Wäre Ihnen das auch passiert?

Das fragen Sie mich jetzt nicht im Ernst, oder . . .?

Eine neue Aufgabe, die Sie kürzlich übernommen haben, ist der Vorsitz des Fördervereins für die Kinderklinik am Krankenhaus Gummersbach. Wie kam es dazu?

Chefarzt Dr. Adelmann hat mich trickreich gefragt, ob ich jemanden für das Amt kenne. Ich wusste sofort, worauf er hinauswollte, habe aber ein Jahr lang gezögert, ehe ich ihm dann zugesagt habe. Das ist eine sehr schöne Aufgabe.

Was waren die ersten Aufgaben im Förderverein?

Aufräumen. Buchhaltung, Steuererklärung, Finanzamt – da war einiges liegengeblieben. Und wir konnten schon eine Menge Geld sammeln.

Wofür wird das verwendet?

Spielsachen, Lehrmaterial für die Ausbildung und die Station. Gerade haben wir Babybettchen bestellt. Ein neues Beatmungsgerät brauchen wir auch. Aber das ist teuer. Das kann der Verein nicht allein stemmen. Da muss ich noch sammeln gehen. Und auch mal mit dem Landrat reden . . .

Erst vor wenigen Jahren sind Sie nach Bergneustadt gezogen, Ihr politisches Wirken spielte sich aber jahrzehntelang in Gummersbach ab. Dort profiliert sich die FDP gerade mit dem Versuch, das städtische Theater zu retten. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Ich stehe voll dahinter und berate die Kollegen gerne. Für eine Kulturstadt wie Gummersbach ist ein Theater unverzichtbar.

Der Niedergang des Bühnenhauses hat schon vor vielen Jahren eingesetzt. Da hat man von der FDP nichts gehört, wie man das stoppen könnte.

Das ist eine Frage der Mehrheiten. Gegen CDU und SPD sind wir nicht angekommen. Und es ist immer auch eine Frage der Personen, die so ein Theater führen. Nehmen Sie hier in Bergneustadt Axel Krieger. Was der in seinem Schauspiel-Haus ganz alleine alles auf die Beine stellt, ist sehr beachtlich. So jemanden braucht ein Theater.

Eine Einrichtung, die nur durch hohe öffentliche Subventionen am Leben erhalten werden kann – das widerspricht doch eigentlich ur-liberaler Politik.

Das stimmt. Aber es gibt Ausnahmen. Egal wo, es gibt kein Kulturhaus, das ohne Subventionen auskommt.

Sollte der Oberbergische Kreis das Theater übernehmen?

Nein. Das wäre politisch nicht durchsetzbar. Aber der Kreis könnte dem Förderverein beitreten – wie die Stadt Gummersbach eines Tages auch . . .

Was sind Ihre nächsten Pläne?

Ich habe keine. Ich bin froh, wenn ich so gesundbleibe wie jetzt. Und nach dieser Wahlperiode werde ich 2020 definitiv nicht mehr kandidieren. Das habe ich meiner Tochter hoch und heilig versprochen.

Wirklich gar kein politisches Amt mehr?

Na ja, vielleicht noch als sachkundige Bürgerin . . . Aber nichts, wofür ich kandidieren muss.

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