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Abschied vom RathausAus dem Bürgermeister Morsbachs wird der Trauerredner Jörg Bukowski

Lesezeit 4 Minuten
Am 31. Oktober 2025 legt Jörg Bukowski (51) das Amt als Bürgermeister der Gemeinde Morsbach nieder. Er wechselt in die Geschäftsführung der Aggerenergie und steht zudem Trauernden künftig als Redner bei Beerdigungen zur Seite.

Am 31. Oktober 2025 legt Jörg Bukowski (51) das Amt als Bürgermeister der Gemeinde Morsbach nieder. Er wechselt in die Geschäftsführung der Aggerenergie und steht zudem Trauernden künftig als Redner bei Beerdigungen zur Seite.

Der 51-jährige Bukowski steht künftig als freier Redner Trauernden zur Seite, zudem wechselt er in die Geschäftsführung der Aggerenergie. 

Wenn Jörg Bukowski am 31. Oktober seinen Arbeitstag beginnt, tut er dies noch als Bürgermeister der Gemeinde Morsbach. Aber wenn er zum Feierabend sein Büro auf der ersten Etage im Rathaus verlässt, dann ist Bukowski nicht mehr Chef der Verwaltung, sondern Trauerredner. Bereits Anfang März 2023 hat der heute 51-Jährige angekündigt, er werde sich nach der Kommunalwahl am 14. September und drei Amtszeiten seit 2009 aus der Verwaltung und damit auch aus der Politik zurückziehen. Jetzt wagt der parteilose Bürgermeister den Schritt in die Selbstständigkeit.

„Klar, das ist etwas völlig anderes – aber ich bin überzeugt davon, dass es funktioniert“, betont der Morsbacher und versichert: Im Groll verlasse er das Rathaus nicht, wohl aber mit großer Erleichterung. Von der Politik sei er enttäuscht, oft habe er das Vertrauen und die Unterstützung der Ratsfraktionen vermisst. Die Arbeit in der Politik habe er daher oft als zermürbend erlebt.

Wenn ich dann aber nach unendlich vielen Gesprächen aus der Politik plötzlich gefragt werde, woher denn eigentlich die Patienten für ein Medizinisches Versorgungszentrum kommen sollen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.
Der scheidende Bürgermeister Jörg Bukowski über seinen Frust in der Politik

„Denn hier in Morsbach fehlt die Bereitschaft, auch mal – natürlich mit Augenmaß – ins Risiko zu gehen“, sagt der Diplom-Verwaltungswirt und nennt ein Beispiel: „Wir diskutieren den Bau eines Medizinischen Versorgungszentrums. Dass wir einen akuten Ärztemangel haben, gerade auf dem Land, ist eine bekannte Tatsache. Wenn ich dann aber nach unendlich vielen Gesprächen aus der Politik plötzlich gefragt werde, woher denn eigentlich die Patienten kommen sollen, dann verstehe ich die Welt nicht mehr.“ Auch deswegen sei der Weg in einen Verwaltungsjob nicht mehr vorstellbar.

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Allerdings: Der Kontakt zum Rathaus wird bestehen bleiben – und nicht nur zu dem in Morsbach, sondern auch zu anderen Verwaltungen in Oberberg: Neben der freiberuflichen Tätigkeit übernimmt Jörg Bukowski am 1. Januar mit einer Eindrittel-Stelle zudem die Tätigkeiten eines stellvertretenden und nebenamtlichen Geschäftsführers beim Versorgungsunternehmen Aggerenergie in Gummersbach, da wird er als kommunaler Verbindungsmann Nachfolger von Uwe Töpfer. Der Geschäftsführer, von 1999 bis 2014 übrigens Bürgermeister der Gemeinde Marienheide, scheidet Ende Dezember aus.

Morsbachs Bürgermeister kennt den Versorger Aggerenergie bereits bestens

Als gebürtiger Gummersbacher – aufgewachsen ist Bukowski auf dem Bernberg – wolle er die Region auf dem Energiesektor in eine gute Zukunft führen. „Dabei kann ich mich weiterhin für Morsbach sowie die übrigen Gesellschafterkommunen im Kreis und auch für die Stadt Overath einsetzen.“ Die Aggerenergie habe er als kommunales Gemeinschaftsstadtwerk schon vor mehr als 15 Jahren durch Gremientätigkeiten im Aufsichtsrat und in der Gesellschafterversammlung kennengelernt, blickt Bukowski zurück. Und Kontakte in die Kommunen habe er unter anderem im Wahlkampf um den Posten des Landrats 2015 geknüpft, Morsbachs Bürgermeister erhielt 42 Prozent der Stimmen.

Jörg Bukowski im Wahlkampf um den Posten des Landrats von Oberberg.

Jörg Bukowski im Wahlkampf um den Posten des Landrats von Oberberg.

In der Gremiensitzung der Aggerenergie haben sich die Mitglieder am Dienstagabend (29. April) einstimmig für Bukowski als neues Mitglied der Geschäftsführung ausgesprochen, das bestätigt Sprecher Peter Lenz auf Nachfrage dieser Zeitung.

Bis es an die neuen Aufgaben geht, möchte sich Bukowski aber etwas Ruhe gönnen und später dann Angehörigen den Abschied von einem geliebten Menschen leichter machen. Dass es Bedarf für einen freien Trauerredner gibt, das wisse er: „Ende des vergangenen Jahres ist die letzte Trauerrednerin aus Lichtenberg weggezogen“, schildert der scheidende Rathauschef. „Sie hat mich eingehend beraten.“ Werbung müsse er nicht machen: „Den Kontakt zu den Angehörigen stellen immer die Bestatterin oder der Bestatter her.“

Als die Verwaltung der Gemeinde jüngst um einen Kollegen trauerte, da war es bereits Jörg Bukowski, der die Rede bei der Beisetzung des 64-Jährigen hielt. „Das Wichtigste ist immer, diese so persönlich zu gestalten, als habe man selbst den Verstorbenen wirklich gut gekannt, damit sich die Angehörigen in den Worten wiederfinden.“ Ein eingehendes, intensives Trauergespräch sei die oft einzige Quelle dafür, weiß er – „auch das eine Aufgabe, vor der ich sehr großen Respekt habe“. Und Versprecher seien am Grab natürlich fehl am Platz.

Später sollen aber auch freie Hochzeitsreden sowie die Moderation von Veranstaltungen und Workshops sein Portfolio ergänzen, führt der angehende Unternehmer aus. „Das sind wahrscheinlich die bequemeren Aufgaben, weil man da eine viel längere Vorbereitungszeit hat.“ Und bei einer Hochzeitsrede könne man einen Versprecher mit Humor ausbügeln, „selbst wenn versehentlich etwa aus einem Markus ein Stefan geworden ist“.

Eine weitere Idee, auf die sich Jörg Bukowski ebenfalls später konzentrieren möchte, ist die Supervision von Amtskolleginnen und Amtskollegen. Das Amt an der Spitze mache nämlich oft einsam, erklärt der Morsbacher – vor allem, wenn man sich von den Ratsfraktionen bedrängt fühle. „Es fehlt jemand, der einfach zuhört und vielleicht einen Fingerzeig gibt, ohne belehrend oder wertend zu sein. Eben jemand, der einem das eigene Verhalten, die Arbeit, das Auftreten spiegelt, der damit bei der richtigen Entscheidung hilft.“ Ihm selbst habe ein solcher Gesprächspartner gefehlt, verrät Bukowski, „ein Sparringspartner also, kein weiterer Berater“.