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KommunalwahlBürger sind am Wahlabend in den Rathäusern von Frechen und Hürth nicht willkommen

6 min
Auf dem Bild ist eine Figurengruppe aus Bronze vor dem Rathaus zu sehen.

Die Skulpturengruppe von Bürgern vor dem Rathaus von Olaf Höhnen gewinnt eine neue Aktualität: Bürger können den Wahlabend erstmals nicht im Frechener Rathaus verfolgen.

In Frechen hat die Verwaltung beschlossen, keine Präsentation der Wahlergebnisse im Rathaus für die Bürger zu bieten. Die Politik reagiert enttäuscht. 

Es ist gute Sitte und eine beliebte Tradition: An Wahlabenden öffnen sich die Rathäuser. Bürger, Kandidaten und Politiker kommen zusammen, um gemeinsam den Ergebnissen entgegenzufiebern, zu diskutieren, zu hoffen und zu bangen. Vor allem die Bürger haben eine der wenigen Gelegenheiten, in „ihrem“ Rathaus gelebte Demokratie zu verfolgen sowie zu erfahren, was ihre Stimmabgabe bewirken kann. Auf kommunaler Ebene findet dieser Tag lediglich alle fünf Jahre statt.

Fast im ganzen Rhein-Erft-Kreis rüsten sich die Rathäuser und das Kreishaus bereits für diese spannende Veranstaltung – in Frechen und Hürth wird sie allerdings erstmals nicht stattfinden: Die Bürger, Politiker und Kandidaten müssen sich Ausweichquartiere suchen. Es wird also keinen gemeinsamen Auftritt der drei Frechener Bürgermeisterkandidaten Gerd Koslowski (CDU), Uwe Tietz (SPD) und Wolfgang Höfig (Perspektive für Frechen) sowie den Ratskandidaten nach den ersten Ergebnissen geben. Die Amtsinhaberin Susanne Stupp (CDU) wird ihrem Nachfolger oder den beiden Kandidaten für die Stichwahl nicht live gratulieren.

Frechen: Die Veranstaltung im Rathaus am Wahlabend findet erstmals nicht statt

„In Frechen wird es weder einen Presseraum noch eine Präsentation vor Ort für die Bürgerinnen und Bürger während der Kommunalwahl am 14. September geben“, teilt die Pressestelle der Stadt auf Anfrage mit. „Es wurde beschlossen, auf die Präsentation der Wahlergebnisse zu verzichten.“ Zu der Entscheidung liege ein Beschluss des Verwaltungsvorstandes vor, so die Stadt. Ihm gehören die noch bis zum 31. Oktober amtierende Bürgermeisterin Susanne Stupp, die Erste Beigeordnete Gudrun van Cleef sowie Dezernent Andreas Pöttgen an.

Als Begründung gilt: „Bis zur Kommunalwahl 2020 einschließlich wurden im Neuen Sitzungssaal die Ergebnisse präsentiert. Dabei wurden Ergebnisse an die Wand projiziert und die der einzelnen Wahlbezirke in ausgedruckter Form angepinnt. Mittlerweile ist es über den Vote-Manager möglich, die Ergebnisse auf jedem digitalen Endgerät zu sehen.“ Damit entfalle die Notwendigkeit einer zentralen Veranstaltung, die sehr personalintensiv gewesen sei. 

Die CDU grillt bei ihrem Bürgermeisterkandidaten zu Hause

Die Entscheidung stößt bei den Fraktionen, im Ältestenrat und den Bürgermeisterkandidaten in Frechen parteiübergreifend auf Unverständnis und Kritik. „Leider wird es im Rathaus wirklich nichts geben, was wir bedauern“, beklagt die CDU-Fraktionsvorsitzende Karla Palussek, „wir hätten gerne wieder gemeinsam mit Bürgern und natürlich den Kandidatinnen und Kandidaten aller Parteien den Ergebnissen der Wahlen entgegengefiebert.“ Die CDU habe aber das Glück, von Gerd Koslowski privat eingeladen zu sein. 

Die CDU-Fraktionsvorsitzende Karla Palussek.

Die CDU-Fraktionsvorsitzende Karla Palussek.

Der Königsdorfer bestätigt: „Natürlich wären wir gerne ins Rathaus gekommen. Aber wir machen das Beste daraus.“ Seine Frau und er hätten nun zu sich nach Hause eingeladen: „Es wird knackig eng, aber wir werden grillen, jeder bringt etwas mit, und wir schauen uns bei hoffentlich bester Stimmung die Ergebnisse hier an.“

Die SPD versammelt sich intern im Alten Sitzungssaal im Rathaus

Sein Konkurrent Uwe Tietz ärgert sich ebenfalls: „Ich finde es sehr bedauerlich, dass es im Rathaus keine öffentliche Ergebnispräsentation geben wird. Da geht leider eine gute Tradition in Frechen verloren. Für mich ist das Rathaus das ‚Wohnzimmer der Bürgerschaft‘ – ein Ort der Begegnung, des Dialogs und der gelebten Demokratie.“

Hans Günter Eilenberger ist Fraktionsvorsitzender der SPD Frechen.

Hans Günter Eilenberger ist Fraktionsvorsitzender der SPD Frechen.

Die Entscheidung sei für ihn umso unerwarteter, da im Rathaus die Stimmenauszählung der Integrationsratswahl erfolgen werde und aus Gründen der Transparenz die Türen ohnehin offen stehen müssten. Geplant sei nun, dass sich die SPD im alten Sitzungssaal des Rathauses versammele. „Auch wenn ich den Wahlausgang lieber gemeinsam mit den Bürgern sowie den Kandidierenden zusammen, im großen Rahmen, im Rathaus erlebt hätte." Hans Günter Eilenberger, SPD-Fraktionsvorsitzender, kommentiert, dass er sich dieser Meinung über „die Rathaus-Abstinenz in Sachen Treffen nach der Wahl“ voll anschließe. 

Die Perspektive für Frechen kommt in einem Eiscafé zusammen

„Ich bin speziell über die Begründung der Absage enttäuscht und hätte lieber den Wahlabend im Rathaus verbracht“, analysiert auch Wolfgang Höfig. Sein Fraktionsvorsitzender, Dieter Zander, führt aus: „Wir bedauern sehr, dass für die Öffentlichkeit keine Veranstaltung im Rathaus stattfinden wird. Das ist das falsche Signal an die Bürger, was das Miteinander anbetrifft. Ich kann nicht nachvollziehen, dass Kommunalpolitik, Verwaltung und Bevölkerung somit keine Gelegenheit haben, die sukzessive Präsentation der Ergebnisse zusammen zu verfolgen.“  Seine Fraktion plane nun ein Treffen in einem Eiscafé am Rathausplatz.

Dieter Zander ist Fraktionsvorsitzender der Perspektive für Frechen

Dieter Zander ist Fraktionsvorsitzender der Perspektive für Frechen.

Das Schützenhaus ist der Treffpunkt der FDP

Klare Worte findet auch die Fraktionsvorsitzende der FDP, Angela Lindemann-Berk: „Das Rathaus am Abend der auf kommunaler Ebene wichtigsten Wahl von Bürgermeister und Stadtrat geschlossen zu halten, halte ich für einen schweren Fehler. Deutlicher kann man sowohl den Bürgern als auch den ehrenamtlichen Politikern nicht zeigen: Ihr müsst draußen bleiben. Und in Zeiten zunehmender Politikverdrossenheit den Bürger aufs Handy zu verweisen, statt ihn live inmitten ‚seiner‘ Kandidaten den Wahlabend erleben zu lassen, halte ich für einen bürgerunfreundlichen und unklugen Akt.“ Die FDP werde sich im Schützenhaus treffen.

Angela Lindemann-Berk ist Fraktionsvorsitzender der FDP Frechen.

Angela Lindemann-Berk ist Fraktionsvorsitzender der FDP Frechen.

Die BSW veranstaltet eine kleine Party im Fraktionsbüro

„Wir bedauern es sehr, dass die ‚Wahlparty‘ im Rathaus entfällt“, ärgert sich auch Peter Singer, Fraktionsvorsitzender des BSW, „es war für die Bürger, aber auch für die Parteien immer eine sehr spannende Veranstaltung mit vielen Diskussionen und Gesprächen“. Das BSW werde nun eine kleine Party im Fraktionsbüro veranstalten. 

Peter Singer ist Fraktionsvorsitzender der BSW Frechen.

Peter Singer ist Fraktionsvorsitzender der BSW Frechen.

Die Grünen kommen bei der Co-Vorsitzenden zu Hause zusammen

Lediglich die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Uta Spork, zeigt sich fast erleichtert: „Mich an dem Abend unmittelbar mit den politischen Mitbewerbern auseinandersetzen zu müssen, halte ich nur für schwer vorstellbar.“ Sie habe sich über die Einladung der Co-Vorsitzenden Silvia Maul gefreut. Bei ihr träfen sich alle zu Hause, jeder bringe etwas für das Büfett mit.

Uta Spork ist Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Uta Spork ist Fraktionsvorsitzende der Grünen.

Als einzige weitere Kommune im Kreis wird es auch im Hürther Rathaus keine Wahlpräsentation für die Bürger geben. Dies hat allerdings der Ältestenrat der Fraktionen beschlossen, nicht die Verwaltung. Verärgerte Reaktionen gibt es dort bislang nicht. Die Stadt Hürth begründet die Entscheidung mit einer „deutlich gesunkenen Besucherresonanz sowie dem personellen und organisatorischen Aufwand“. Auf der städtischen Homepage würden die Bürger zeitnah über die Wahlergebnisse in den Ortsteilen informiert.


Das bieten die Rathäuser den Bürgern am Wahlabend an.

Das Kreistagsgebäude in Bergheim öffnet das Medienzentrum ab 17.45 Uhr, auch interessierte Bürger können den Wahlabend dort verfolgen. Einige Kreistagsfraktionen werden mit Vertretern vor Ort sein.

Die Stadt Bedburg präsentiert die Ergebnisse im Rathaus, auch Vertreter der Parteien sind vor Ort.

Die Stadt Bergheim zeigt die eingehenden Wahlergebnisse für alle Interessierten auf drei Leinwänden im Ratssaal des Rathauses.

Die Stadt Brühl lädt in den Kapitelsaal des Rathauses an der Uhlstraße ein. Die Ergebnisse werden auch an den Stehlen vor dem Rathaus Steinweg und im Foyer des Rathauses Uhlstraße öffentlich präsentiert.

Die Stadt Elsdorf zeigt den Wahlverlauf im Rathaus.

Die Stadt Erftstadt bietet im großen Ratssaal des Rathauses in Liblar, Holzdamm 10, ab 18 Uhr, eine öffentliche Präsentation der Ergebnisse an.

Die Stadt Kerpen bietet Bürgern auch die Gelegenheit, im Rathaus die Ergebnisse live zu verfolgen.

Die Stadt Pulheim öffnet das Rathaus-Foyer, dort werden die Ergebnisse übertragen.

Die Stadt Wesseling baut eine Leinwand im Foyer des Neuen Rathauses auf, dort können Bürger den Wahlabend live erleben. Im Ratssaal werden zudem Presse-Arbeitsplätze für die Berichterstattung eingerichtet. (aj/jtü)