Vor dem Kölner Landgericht nahm der Angeklagte Stellung zum Vorwurf des Kindesmissbrauchs – stellt sich als fürsorglicher Betreuer dar.
ProzessKerpener wegen Kindesmissbrauch angeklagt, bescheinigt sich selbst Helfersyndrom

Ein Angeklagter muss sich im Prozess um schweren Kindesmissbrauch vor dem Kölner Landgericht verantworten.
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Trost für körperliche und seelische Grausamkeiten in der Familie, Aufklärung über Körperfunktionen und Freude an der Schönheit des unbekleideten Menschen nannte der Angeklagte im Prozess um schweren Kindesmissbrauch als Gründe für seine mutmaßlich 47 Taten. Wie von Strafverteidiger Dr. Mario Geuenich bereits beim Verhandlungsauftakt vor dem Kölner Landgericht angekündigt, äußerte sich der 43-Jährige zu den Vorwürfen.
Mit seinem Anwalt hatte er eine mehrere Seiten lange Einlassung verfasst, aus der er, immer wieder unterbrochen durch Nachfragen der Vorsitzenden Richterin Jennifer Otten, vortrug. „Durch die U-Haft ist der Angeklagte mit seiner eigenen Vergangenheit konfrontiert worden und hat begonnen, sie aufzuarbeiten“, schickte Anwalt Geuenich voraus.
Beim Fortsetzungstermin standen die Beziehungen zu zwei Anfang der 2000er-Jahre geborenen Jungen im Vordergrund. „Ich habe versucht, ihn aufzufangen.“ Und: „Ich weiß, wie es ist, wenn man niemanden hat.“ So begründete der Angeklagte, der sich selbst ein Helfersyndrom bescheinigte, die jahrelangen Kontakte, die im Grundschulalter der Kinder begannen.
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Die ersten beiden Opfer stammen aus problembelasteten Familien. Dass sich der Angeklagte als Bezugsperson anbot, soll den Eltern und den vernachlässigten Kindern willkommen gewesen sein. Der Angeklagte nannte seine eingeräumten Taten zwar selbst Übergriffe, stellte sie aber in positivem Licht dar. „Ich habe ihn aufgeklärt“, kommentierte er verschiedene grenzüberschreitende Körperpflegeaktionen.
Bei der polizeilichen Vernehmung hatte ein Opfer angegeben, regelmäßig bei Übernachtungen mit dem Angeklagten bekleidet eingeschlafen und entkleidet aufgewacht zu sein. „Warum haben Sie das gemacht? Ich würde es gerne verstehen“, hakte Richterin Otten vor allem nach, wenn „Behandlungen“ von körperlichen Unpässlichkeiten der Jungen zur Sprache kamen. Wiederholt beteuerte der Mann, die Jungen hätten die körperliche Nähe zu ihm gesucht, die Intimitäten selbst gewollt und sich nicht gewehrt.
„Ich habe nie Gewalt ausgeübt“, sagte der Angeklagte. Er stritt ab, was ein Junge gegenüber den Ermittlungsbehörden angegeben hatte: Er habe geweint, geschrien und geäußert, dass er Schmerzen habe. Der Prozess wird mit einer Reihe von Zeugenbefragungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit fortgesetzt. Ein Urteil ist für den 21. März vorgesehen.