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Mit Machete und MissionWie drei Freunde ein Stück Wald in Windeck für die Gemeinschaft erhalten

4 min
Waldbesitzer Martin Lohnecke führt eine Besuchergruppe durch den „Sharewood Forest“.

Waldbesitzer Martin Lohnecke führt eine Besuchergruppe durch den „Sharewood Forest“.

Die Privatinitiative kämpft mit Pflanzaktionen, Wildnispädagogik und Geduld gegen Klimawandel und für mehr Biodiversität.

Im Windecker Ortsteil Rossel wächst zwischen sanften Höhenzügen und der Sieg ein Wald, der mehr ist als Bäume und Blätter. Drei Menschen haben ihn gekauft, um ihn der Natur zurückzugeben – und um ihn mit anderen zu teilen. Zwischen Douglasien, Pionierbirken und klimaresistenten Neuanpflanzungen errichteten Julia Wildeis, Martin Lohnecke und Hauke Steg am Samstag einen Biwak, entzündeten Feuer mit dem Drillbogen und luden zum Stockbrot ein.

Der „Sharewood Forest“, ein Wortspiel mit dem legendären Sherwood Forest und dem Wort „share“ (teilen), ist ein Stück Robin-Hood-Romantik und ein handfestes Klimaschutzprojekt zugleich. Der Wald dient nicht der Holzernte, sondern der Natur, der Bildung und dem gemeinschaftlichen Erleben – ein Experiment mit langfristiger Perspektive.

„Sharewood Forest“ als Projekt mit Zukunftsperspektive und Robin-Hood-Romantik

Wer an diesem Samstag den schmalen Pfad zwischen Rossel und der Wilhelmshöhe hinaufging, hörte schon von weitem Stimmen und Lachen, das rhythmische „Tock“ beim Bogenschießen mit Andrea Herkenhöner und, später am Abend, Gitarrenklänge von der oberen Aussichtswiese.

Während Martin Lohnecke, einer der drei Waldeigentümer, Besucherinnen und Besucher durch das Gelände führte, saß Julia Wildeis im Wildniscamp. Die Psychotherapeutin aus Bad Honnef ist ausgebildete Wildnispädagogin. An diesem Tag hatte sie das Holz für den Biwak selbst geschlagen, ebenso das Holz für ihren Drillbogen, mit dem sie im Zundernest ein „Zunderbaby“ entfachte. Später wurde Stockbrot gebacken.

Vogelstimmen erkennen, Spuren lesen, mit einfachen Mitteln im Wald leben: Für Julia Wildeis ist der „Sharewood Forest“ ein Rückzugs-, Erholungs- und Lernort. „Es ist erstaunlich, wie wenig man eigentlich braucht“, sagte sie und erklärte, dass der Wald ideale Bedingungen für mentale Gesundheitsübungen wie Achtsamkeit bietet.

Wald soll zum Erlebnis- und Lernort für die Gemeinschaft werden

Dickicht und Unterwuchs schaffen Rückzugsräume für Dachs, Reh, Wildschwein, Eichelhäher, Grünspecht und sogar den seltenen Schwarzspecht. Mit Wildnispädagogik, Pflanzaktionen, Naturführungen, Achtsamkeitsübungen und handwerklichen Erfahrungen wie Feuermachen mit dem Drillbogen soll der Wald nicht nur geschützt, sondern auch zum Erlebnis- und Lernort für die Gemeinschaft werden.

Julia Wildeis entfacht ein Feuer mit dem Drillbogen.

Julia Wildeis entfacht ein Feuer mit dem Drillbogen.

Das war ein karger Boden, nichts als kleine Reihenpflanzen und viel Ausfall.
Martin Lohnecke, Waldbesitzer

Als Wildeis, Lohnecke und Hauke Steg, Sozialwissenschaftler aus Bonn, das 2,7 Hektar große Areal 2023 kauften, war der Wald erst acht Jahre alt. Nach der Abholzung der Fichten durch den Vorbesitzer waren rund 5000 Douglasien gepflanzt worden, von denen viele die Dürresommer 2018 bis 2020 nicht überstanden. „Das war ein karger Boden, nichts als kleine Reihenpflanzen und viel Ausfall“, erinnerte sich Lohnecke.

Heute stehen zwischen den verbliebenen Nadelbäumen Pionierarten wie Birken und zahlreiche gezielt gesetzte Laubbäume, angepasst an trockene oder eher feuchte Standorte. Doch bis diese neuen Bäume ihre endgültige, stattliche Größe erreichen, werden Jahre, wenn nicht Jahrzehnte vergehen. „Das werden wir nicht erleben“, sagte Steg.

Hauke Steg und Martin Lohnecke gehören zu den drei Waldbesitzern.

Hauke Steg und Martin Lohnecke gehören zu den drei Waldbesitzern.

Die Pflanzsaison beginnt im Oktober und dauert bis März. In dieser Zeit fahren die Eigentümer oft jedes zweite Wochenende von Bad Honnef und Bonn-Beuel nach Rossel, um neue Setzlinge in den Boden zu bringen. Im Sommer stehen Pflegearbeiten an: Junge Bäume müssen von überwuchernden Pflanzen freigeschnitten werden. Besonders auf dem teils unwegsamen Gelände sind dornenreiche Brombeersträucher eine Herausforderung. Hauke Steg hat für diese Einsätze ein bewährtes Werkzeug: An seiner Hüfte baumelte eine Machete im Schaft – „die hat sich bewährt“, sagte er.

Im Herbst soll am Waldrand eine Streuobstwiese entstehen

„Rein rechtlich haben wir den Wald gekauft. Aber im Herzen sehen wir es eher so: Wir haben die Verantwortung übernommen“, sagte Lohnecke. Der Wald bleibt für die Öffentlichkeit zugänglich, Aktionen wie Pflanzwochenenden oder Bildungsangebote sollen ihn zu einem Ort der Begegnung machen.

Beim Bogenschießen klappte das am Samstag schon bestens. Eric Sidibe und Anna Petrov probierten es aus. Die beiden Tagesgäste im Ländchen stießen spontan dazu. „Toll, was ihr hier macht“, lobte die junge Waldbegeisterte aus Hachenburg, „für mich passt Wald als Erholungsort besser als das Meer oder die Berge.“

Gäste konnten sich am Wochenende im Bogenschießen ausprobieren.

Gäste konnten sich am Wochenende im Bogenschießen ausprobieren.

Im Herbst soll am Rand der oberen Aussichtswiese eine kleine Streuobstwiese entstehen. Verschiedene Apfel-, Birnen- und Pflaumensorten werden dort gepflanzt. Direkt daneben soll eine neue Liegebank aufgestellt werden – für Naturfreunde, die das Panorama über das Ländchen genießen wollen. „Dafür suchen wir noch Sponsoren in Form eines Crowd Fundings“, warb Lohnecke. „Idealerweise bekommen wir 25 Personen zusammen, die jeweils 20 Euro spenden. Die Namen der Spender und Spenderinnen werden dann auf einer Plakette an die Bank angebracht.“

Finanziell rechnet sich der Wald nicht. Die einzige regelmäßige Einnahme sind rund 20 Euro pro Hektar aus der Jagdpacht. Künftige Förderprogramme wie „Klimaangepasstes Waldmanagement Plus“ des Bundes (Ministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat) könnten helfen, die Pflege anteilig zu finanzieren.

Doch der Antrieb der Beteiligten ist ein anderer: Sie wissen, dass sie den Wald nie als alten Hochwald erleben werden. Aber sie schaffen die Grundlage, damit kommende Generationen einen gesunden, vielfältigen Wald vorfinden.

Am Abend versammelten sich die Besucherinnen und Besucher an der Feuerschale, buken Stockbrot und sahen, wie der Himmel über dem Siegtal glühte. Ein paar Meter weiter rauschte der Wind durch junge Baumkronen. Ein leises Versprechen an die Zukunft.


Interessierte können sich melden über:

Email: kontakt@sharewoodforest.org

Social Media: https://www.instagram.com/sharewoodforest2023/