Prozess in Bonn60-Jähriger aus Sankt Augustin soll seine Enkelin jahrelang missbraucht haben

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Schlaflos mit Teddy: Für Kindesmissbrauch gibt es oft keine eindeutigen Anzeichen. Symbolfoto

Weil er seine Enkelin missbraucht haben soll, muss sich ein 60-Jähriger vor dem Bonner Landgericht verantworten. (Symbolbild)

20 Mal soll ein 60-Jähriger seine Enkelin in Sankt Augustin missbraucht haben. Die heute 14-Jährige vertraute sich eines Tages ihrer Mutter an.

An einem Abend im Juni 2021 vertraute ein damals 13-jähriges Mädchen aus Sankt Augustin seiner Mutter „ein Geheimnis“ an. Dieses war für die Frau, Mutter von drei Kindern, so ungeheuerlich, dass sie mit ihrem mittleren Kind sofort zur Polizei fuhr. Das Kind hatte ihr erzählt, der Großvater, der im selben Haushalt lebte, habe sich an ihr vergangen, zuletzt zwei Tage zuvor.

Nach der Aussage der heute 14-Jährigen vor der Polizei leitete die Bonner Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren ein und klagte den Arbeitslosen wegen sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen, schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, Vergewaltigung sowie Herstellung und Besitz von kinderpornografischem Material an.

Angeklagter führte nach eigenen Angaben ein „wildes Leben“

20 Straftaten aus diesem Spektrum soll er zwischen Heiligabend 2017 und 4. Juni 2021 begangen haben. Nun muss sich der 60-Jährige vor dem Bonner Landgericht verantworten.

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Der Angeklagte stammt aus Norddeutschland und hat nach eigenen Angaben „ein wildes Leben“ geführt: Hauptschule, abgebrochene Lehre, Bundeswehr, danach mehrere Aushilfsjobs bei der Bahn, als Getränkeauslieferer und Schulbusfahrer. Zwischendurch habe er „eine kriminelle Phase“ gehabt: Er ist mehrfach vorbestraft, unter anderem wegen Schwarzfahrens, Raub und Körperverletzungen.

Viele Jahre wussten seine Tochter und er nichts voneinander, weil die Mutter ihr vorgegaukelt hatte, der Vater sei gestorben. Doch eines Tages fand die Sankt Augustinerin ihre Geburtsurkunde und darauf den Namen ihres totgeglaubten Erzeugers. Über Facebook machte sie ihn ausfindig und lud ihn ein, bei ihr zu wohnen.

Missbrauchsprozess: Angeklagter vermutet Racheakt seiner Enkelin

Der Mann, gerade frisch getrennt von seiner Partnerin, zog gern ins Rheinland. Mit den zwei Mädchen und dem ältesten Sohn seiner Tochter sei er gut klargekommen, schilderte er dem Gericht. Oft habe die heute 14-Jährige in seinem Bett übernachtet, aber nur mit Erlaubnis „der Mama“. In seinem Zimmer soll dann an Heiligabend 2017 der erste Übergriff geschehen sein.

Der Angeklagte, schwer atmend wegen einer Lungenkrankheit, wies die Vorwürfe als „frei erfunden“ zurück und deutete an, es könne sich um einen Racheakt seiner Enkelin handeln. Er habe ihr mal eine Ohrfeige gegeben, daraufhin habe sie gedroht: „Du wirst schon sehen, was du davon hast!“ Im Übrigen sei er nach einer Operation gar nicht mehr in der Lage, eine Erektion zu bekommen.

Mutmaßliches Opfer wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehört

Wenn das so sei, fragte ihn Kammervorsitzende Jessica Jöbges, warum habe dann die Polizei auf seinem Computer Pornos entdeckt? Die habe er sich als Stimulanz besorgt, erklärte der Angeklagte, „man gibt ja nicht auf“. Unter den Dateien fand die Kripo aber auch kinderpornografisches Material. Dazu sagte der 60-Jährige, diese seien „in den Paketen drin“ gewesen, er habe das nicht gewusst.

Demnächst wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit das mutmaßliche Opfer gehört.

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