Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Veedels-CheckRondorf bereitet sich auf seine neuen Nachbarn vor

Lesezeit 6 Minuten

Rondorf – Morgens und abends zu den Stoßzeiten sollte man die Rodenkirchener Straße und die Kapellenstraße am besten meiden. Dann ist es dort laut und voll. Das Hinübergehen über die Fahrbahn ist ein Abenteuer, trotz der Zebrastreifen, die vor ein paar Jahren aufgemalt wurden. Der überbordende Verkehr ist schon seit Jahrzehnten ein Riesenthema für die Bewohner des Ortsverbundes Rondorf, der aus den längst zusammen gewachsenen Ortsteilen Rondorf und Hochkirchen besteht. Auch Höningen, rund zwei Kilometer westlich von Rondorf an der Brühler Landstraße gelegen, gehört zum Ortsverbund. Die kleine Siedlung ist strukturell aber eher an Hürth angebunden.

Besonders in den 1980er und 90er Jahren wurde viel gebaut in Rondorf und Hochkirchen; die Infrastruktur blieb auf der Strecke. „Rondorf ertrinkt im Verkehr“, hieß es vor ein paar Jahren. Jetzt wird wieder gebaut, und wie. Ein neues Viertel für ungefähr 4000 Neubürger entsteht ab 2020 – das Wohngebiet Rondorf Nord-West. Kein anderes Thema bewegt die Bewohner derzeit mehr, es verunsichert und begeistert zugleich. Für die einen droht das pure Chaos, viele sehen darin eine Chance.

tier0_2018_10_23_MDS-KSTA-2018-10-23-71-139023456

Das Wasser im modernen Brunnen in Rondorf sprudelt nur im Sommer

Denn mit den neuen Häusern sollen Straßen, Radwege und auch die Stadtbahnlinie von und nach Köln gebaut werden, diese voraussichtlich ab 2024. Und, wenn alles gut läuft, wird ein gemeinsames Zentrum entstehen, eine Ortsmitte, von der Bürger schon seit zwei Jahrzehnten träumen. So etwa der Architekt Paul Link. Er hatte vor 16 Jahren in einer Bürgerwerkstatt die Neuentwicklung von Rondorf angestoßen. Von seiner Wohnung ganz oben im umgebauten Turm der einstigen katholischen Kirche an der Rondorfer Hauptstraße schaut er auf das Dorf herab und auf das Neubaugebiet, das jetzt noch Acker ist. Er ist überzeugt: „Wir sind dem Traum so nah wie noch nie“, sagt er. Als Mitglied im erweiterten Vorstand der Dorfgemeinschaft Rondorf, Hochkirchen, Höningen engagiert er sich für eine verträgliche Planung und Gestaltung und dafür, dass der „alte“ Ort mit dem neuen Viertel eine Einheit bildet.

Das könnte Sie auch interessieren:

Die Dorfgemeinschaft mit ihrem Vorsitzenden Berno Huber (58) war fleißig und engagiert, hat frühzeitig und kompetent den Kontakt zu Politik, Verwaltung, den Investoren gesucht, hat sich mit eigenen Vorstellungen eingebracht. Und die Bürger wurden ernst genommen. Im Geiste feiert die Dorfgemeinschaft schon ihr traditionelles Seniorenfest in einem großen Saal in einem neuen Bürgerzentrum, lädt zu Konzerten ein. Auch die beiden rührigen Karnevalsvereine „Löstige Öhs“ und „Der Reiter“ hätten dann Platz für große Veranstaltungen, wären nicht mehr nur auf Pfarrheim und Schule angewiesen. Den gemeinsamen Rosenmontagsumzug müssen sie künftig wohl durchs neue Viertel verlängern.

tier0_2018_10_23_MDS-KSTA-2018-10-23-71-139023488

Der Büchelhof in Rondorf ist noch ein landwirtschaftlicher Betrieb.

Kleine feine Kulturveranstaltungen gibt es freilich in Rondorf schon seit Jahrzehnten, im ehemaligen katholischen Kirchenschiff und jetzigen Atelier der Link-Architekten. Lesungen, Konzerte, Kunstausstellungen finden dort statt. Die Architekten selbst leben seit 1987 im einstigen Kirchen- und heutigen Wohnturm.

Auch das „Haus der Familie“ an der Reiherstraße sieht man von dort – ein Vorzeigeprojekt seit 2011. Engagierte Bürger vom gleichnamigen Verein „HdF“ bauten das „Nachbarschaftshaus“ zusammen mit der Wohnungsbaugesellschaft GAG mitten im Wohngebiet, auch gegen anfängliche Bedenken einiger Anlieger.

Es wurde zum gut akzeptierten Ort der Begegnung mit zahlreichen Freizeit- und Kulturangeboten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Den Verein „HdF“ gibt es schon seit 2002, er kümmerte sich anfangs um Kinder- und Jugendbetreuung. „Weil es ja sonst nichts gab“, sagt Ulla van der Poel, die von Anfang an dabei war und auch heute noch treibende Kraft und Vorsitzende im Verein ist. „Wir sind hier immer noch der einzige freie Träger für Kinder- und Jugendarbeit“, betont sie. Dringend wünscht sie sich zwei feste Mitarbeiter, bislang finanziert die Stadt 1,5 Stellen.

tier0_2018_10_23_MDS-KSTA-2018-10-23-71-139023480

Vom Wohnturm bietet sich ein guter Blick auf das Rondorfer Neubaugebiet, das heute noch Acker ist.

Fragt man die Rondorfer und Hochkirchener, worauf sie besonders stolz sind, wird auch gern die St. George’s School genannt. Die Internationale englische Schule hat sich 2009 an der Kapellenstraße niedergelassen und pflegt guten Kontakt ins Dorf. Die Schulaula ist Retter in der Not, wenn größere Veranstaltungen anstehen, wie etwa der Neujahrsempfang der Dorfgemeinschaft. Gut integriert ist seit 2005 auch das Hospiz St. Hedwig mitten im Ort. Erst vor kurzem stattete die Oberbürgermeisterin Henriette Reker dem Haus für todkranke Menschen einen Besuch ab. „Sie hat unser Hospiz gelobt“, sagt Berno Huber.

tier0_2018_10_23_MDS-KSTA-2018-10-23-71-139024162

Alte und neue Gebäude als Kontrast an der Rodenkirchener Straße

Historische bauliche Highlights sind die ehemaligen Güter „Bödinger Hof“, „Johannishof“, „Steinneuerhof“, Büchelhof. Sie wurden zu schicken Wohnanlagen umgebaut, nur der Büchelhof ist noch ein landwirtschaftlicher Betrieb – aber auch dieses Ensemble ist denkmalgeschützt und aufwendig hergerichtet. Direkt neben der Hofanlage soll östlich künftig die neue Stadtbahnlinie 5 vorbeiführen, auch eine Haltestelle ist dort geplant. Denkmalgeschützt ist auch das 1982 eröffnete Hotel-Restaurant an der Tennisanlage „Schmitte“ am Großrotter Weg. Im 14. Jahrhundert befand sich dort eine Ziegelei, dann ein landwirtschaftliches Gut.

Eine „Institution“ ganz anderer Art ist das Büdchen „Letzte Hoffnung“ an der Rodenkirchener Straße. Eigentümerin ist die 24-jährige Hatice Sezer, aber die ganze Familie hilft beim Betrieb mit. Schließlich hat der Kiosk von sieben Uhr morgens bis zehn Uhr abends geöffnet. Jeden Tag, außer an Weihnachten.

In den Farben Schwarz-Rot-Gold ist er angemalt, ein Überbleibsel der Fußballweltmeisterschaft 2014. Wer Katzen mag, kommt im Büdchen auf seine Kosten. Mutter Emine bietet mindestens sechs Samtpfoten Kost und Logis. „Wir haben den einzigen Kiosk mit Katzen“, sagt sie.

Die Siedlung Höningen ist geprägt von kleineren Gewerbebauten, Einfamilienhäusern und Kleingartenanlagen. In der Vergangenheit gab es dort Probleme mit Straßenprostitution. Seit dem Jahr 2000 ist der Siedlungsbereich als Sperrbezirk ausgewiesen. Ebenfalls zum Ortsverbund Rondorf gehören die Industrieansiedlung Konraderhöhe bei Höningen sowie ein Teil der Giesdorfer Höfe nahe Immendorf.

Die Geschichte des Veedels Rondorf

Als „Rumenthorp“ wurde Rondorf im Jahre 941 nach Christus erstmals urkundlich erwähnt, später wurde daraus „Rakendorp“, „Runnedorp“ und „Rundorp“. Der letztere Name leitet sich wahrscheinlich vom Ritter Ulrich von Rundorp ab, der im 14. Jahrhundert in Rondorf lebte. Bei der Besetzung durch die Franzosen im Jahr 1794 wurde das kleine Bauerndorf Mittelpunkt einer Bürgermeisterei, einer „Mairie“, die bis 1888 sämtliche Orte der heutigen Alt-Gemeinde Rodenkirchen sowie alle südlichen Vororte Kölns bis zum Severinstor umfasste. Die Kapellenstraße mit ihren großen Hofanlagen und teilweise die Rondorfer Hauptstraße waren das Kerngebiet. Von dort aus erweiterte sich der Ort in nördliche und südliche Richtung, seit den 1930er Jahren wurde vermehrt in Hochkirchen gebaut. Die neugotische einstige Kirche „Heilige Drei Könige“ an der Rondorfer Hauptstraße erhielt 1957 einen überproportional großen Frontturm. Als 1888 alle Vororte nördlich des Militärrings nach Köln eingemeindet wurden, schrumpfte die große „Mairie“ zur kleineren Gemeinde Rondorf. Ab 1961 wurde sie in „Gemeinde Rodenkirchen“ umbenannt und im Jahr 1975 ebenfalls nach Köln eingemeindet. (süs)

Die Baustellen des Veedels Rondorf

Für das Neubaugebiet Rondorf Nord-West fordern Bürger und Bezirkspolitik einen Projektkoordinator, der inzwischen vom Baudezernenten Markus Greitemann und von der Oberbürgermeisterin Henriette Reker mündlich zugesagt worden ist. Wohnungs-, Straßen- und Schulbau, Radwege, zentrale Ortsmitte, sowie die Verkehrsregelung rund um Rondorf sollen gemeinsam und zeitgleich entstehen. Probleme hat der SC Rondorf. Seit mehr als zehn Jahren wartet der Fußballverein auf die längst beschlossene Sportanlage an der Husarenstraße. Die Finanzierung ist gesichert, aber bislang hatte die Stadt kein Personal. Jetzt wird die Anlage offenbar in Kürze gebaut. Die Höninger Bürger sind betroffen von der neuen Ortsumgehung Meschenich. Sie wird dringend gebraucht, ist lange gefordert und steht vor der Umsetzung. Aber der Verlauf und vor allem die weitere Anbindung der Umgehungsstraße an das Güterverteilzentrum Eifeltor sollen direkt an einigen Häusern und Gärten in Höningen vorbeiführen.