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Rundschau-VeranstaltungOB Reker fordert bei „Kölner Menschen“ mehr Entschlossenheit

Lesezeit 6 Minuten
Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker zu Gast bei der Rundschau-Veranstaltung „Kölner Menschen“.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker zu Gast bei der Rundschau-Veranstaltung „Kölner Menschen“.

Henriette Reker spricht über das Bild der Stadt und ihre letzten Monate im Amt. Tom Thomas erklärt, warum das Bootshaus ein so erfolgreicher Club ist. Cat Ballou erzählt von Geheimnissen der Band.

„Et jitt kei Wood, dat sage künnt, wat ich föhl, wenn ich an Kölle denk ...“ Als der Refrain der Cat-Ballou-Hymne erklingt, fangen viele der 300 Besucher im Komed-Saal im Mediapark an zu singen. Ein Auftakt nach Maß: Beim Rundschau-Abend „Kölner Menschen“ konnte das Publikum prominente Kölnerinnen und Kölner von ihrer privaten Seite kennenlernen.

Die Talkshow auf Einladung der „Kölnischen Rundschau“ in Kooperation mit der SK Stiftung Kultur brachte kreative Köpfe aus Musik, Nachtleben, Karneval, Sport, Architektur und Stadtverwaltung auf die Bühne. Heimatliebe zur Domstadt, wie von Cat Ballou besungen, war nur eine der Gemeinsamkeiten, die die sechs Gäste verband. Das galt unabhängig davon, ob sie aus Köln oder Schleswig-Holstein stammen.

Mit Cat Ballou feiern Dominik Schönenborn (l.) und Oliver Niesen (M.) einen Erfolg nach dem anderen. Moderator Norbert Minwegen, Geschäftsführer der SK Stiftung Kultur (r.), fragte sie auch, wie sie die Zeit zwischen den Bühnen-Auftritten überbrücken.

Mit Cat Ballou feiern Dominik Schönenborn (l.) und Oliver Niesen (M.) einen Erfolg nach dem anderen. Moderator Norbert Minwegen, Geschäftsführer der SK Stiftung Kultur (r.), fragte sie auch, wie sie die Zeit zwischen den Bühnen-Auftritten überbrücken.

Britta Carlson: Beim Feiern sind die Kölner in der Champions League

Den Auftakt machte Britta Carlson, Ex-Fußballnationalspielerin und Trainerin der Frauenmannschaft des 1. FC Köln. Im Gespräch mit Jens Meifert, stellvertretender Chefredakteur der Rundschau und Leiter der Lokalredaktion Köln, berichtete die gebürtige Kielerin, wie pudelwohl sie sich in der Stadt und beim FC fühlt. „Unfassbar freundliche Menschen, offener Club, offene Herzen. Und das merkst du von der ersten Sekunde an.“ Normalerweise sei sie „gar nicht jemand, der viel feiert, aber hier hast du irgendwie auch keine Wahl“, erzählte Carlson unter dem Applaus des Publikums.

Beim FC werde der Frauenfußball hoch geschätzt, man nutze alle Anlagen gemeinsam mit den Männern. „Wir fühlen uns nicht hinten angestellt. Im Gegenteil, wir sind kompletter Teil des Klubs. Und das war auch wichtig für mich, dass diese Vision so gelebt wird und nicht nur gesagt wird. Und das ist bei diesem Club so. Man fühlt sich zu 100 Prozent gewollt und auch geliebt.“ Das sei nicht immer überall der Fall, betonte Carlson. Mit dem FC will sie sich in der nächsten Saison im Mittelfeld der 1. Bundesliga etablieren „und nichts mit dem Abstieg zu tun haben“. Als langfristiges Ziel peile man internationale Plätze an.

Paul Böhm: Vision für eine grüne Mitte in der Innenstadt

Paul Böhm gehöre „zu den renommiertesten Architekten dieser Stadt“, begrüßte Norbert Minwegen von der SK Stiftung Kultur seinen Talk-Gast. Während dieser bescheiden abwinkte, feierte ihn der Saal mit donnerndem Applaus. Im Mittelpunkt des Gesprächs stand nicht Böhms bekanntestes Bauwerk, die Zentralmoschee in Ehrenfeld, sondern seine Vision für eine „Neue Mitte Köln“: Durch die Verlagerung des Hauptbahnhofs nach Kalk sollen in der linksrheinischen City heutige Gleisanlagen zu Flächen für die Stadtentwicklung werden. So könne man „innerstädtisch in großem Maß Wohnraum schaffen“, warb Böhm für sein Konzept, für das er zurzeit mit Hilfe von Spenden und Sponsoren eine Umsetzungsstudie erstellen lässt. Es gehe darum, unnötige Wege zu vermeiden, Wohnen und Arbeiten zu verzahnen, auch wieder produzierendes Gewerbe in die Stadt zu holen.

Als Vorbilder nannte Böhm Barcelona mit seinen „Superblocks“ zur Bündelung des Autoverkehrs, Paris mit der „15-Minuten-Stadt“ der kurzen Fußwege und Kopenhagen als „Mekka für Architekten und Stadtplaner“. Köln habe „eigentlich sehr schöne Plätze“, diese seien aber häufig von Verkehr überlagert und in ihrer Struktur nicht mehr erkennbar. Und weil der Wiederaufbau teils „sehr schnell gehen musste“, seien die Bauten, die diese Plätze säumen, „nicht Weltklasse, um es diplomatisch auszudrücken“.

OB Reker: Gründlich die Zeitung lesen

Wenige Monate vor Ende ihrer zehnjährigen Amtszeit bilanzierte Oberbürgermeisterin Henriette Reker ihre Arbeit, gab aber auch Persönliches preis. Über die Folgen des Attentats von 2015, als sie lebensgefährlich verletzt wurde, sagte Reker: „Ich habe keine Angst. Ich habe das gut überstanden — und damit fertig. Und der Attentäter ist mir egal.“

Jeden Morgen wache sie um eine Minute vor 6 Uhr auf. „Einen Wecker brauche ich nicht, traue mich aber auch nicht, ihn auszumachen.“ Wenn der Fahrer sie um 8 Uhr abhole, habe sie bereits die Zeitungen gelesen. Danach reiht sich Termin an Termin, die Arbeit ende häufig erst nach 21.30 Uhr.

Zur Frage, wann die Bühnensanierung endlich beendet sein wird, sagte Reker: „Ich verspreche nichts, was andere halten müssen.“ Aber sie gehe fest davon aus, dass der Bau dieses Jahr fertig werde. Und warum dauert vieles in Köln so lange, während die Kosten explodieren? „Die Stadt ist so groß wie das Saarland, wird aber gesteuert wie Leverkusen“, sagte die OB, was im Saal für Lacher sorgte. Angesichts des Umstands, dass der Stadtrat für einen Beschluss zur Ost-West-Achse mehr als sieben Jahre brauchte, warb sie für mehr Entschlossenheit in der Politik. Dass Köln – anders als München – die Verwahrlosung im öffentlichen Raum nicht in den Griff bekomme, liegt laut Reker daran, dass die Politik weder ausreichende Finanzen noch „robuste Mittel“ dafür einsetze. Die Droge Crack verschärfe die Probleme.

Konkrete Pläne für die Zeit nach dem Abschied aus dem Amt hat die OB noch nicht. „Ich werde dann natürlich gründlich die Zeitung lesen“, sagte sie.

Tanja Wolters: Den Frohsinn im Blut

„Mir wurde das Karnevalsgen in die Wiege gelegt“, betonte Tanja Wolters, ehemaliges Funkemariechen der Roten Funken und seit 2019 Präsidentin der KG Frohsinn. Die 1919 gegründete Familiengesellschaft stand damals kurz vor dem Aus, hatte nur noch rund 20 Mitglieder „und die waren alle über 80“. Jetzt seien es über 700, berichtete Wolters. Als Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn sie gefragt habe, ob sie der KG unter die Arme greifen könne, habe sie eigentlich andere Pläne gehabt, nämlich, mehr Zeit in das familieneigene Busunternehmen zu investieren. Doch das erste Gespräch war laut Wolters „so toll und so herzergreifend, dass ich einfach nicht nein sagen konnte und mir gedacht habe, es wäre so traurig, wenn eine so traditionsreiche Karnevalsgesellschaft einfach kaputt geht“.

Tom Thomas: Weltklasse-Club im Mülheimer Hafen

Wenn Köln Weltklasse ist, dann am Auenweg: Hier steht mit dem „Bootshaus“ im Mülheimer Hafen der angesagteste Club Deutschlands – in einem weltweiten Ranking wird er derzeit auf Platz sieben gehandelt. In der früheren Schiffsreparaturhalle mit vier Dancefloors geben sich internationale Top-DJs die Klinke in die Hand. „Die Künstler schätzen die Atmosphäre bei uns“, betont Geschäftsführer Tom Thomas. Das Bootshaus sei „aufgebaut wie ein Kolosseum, der DJ in der Mitte, und die Leute ringsherum feiern den Künstler. Die Stimmung ist wirklich einzigartig.“

Thomas betreibt zahlreiche Locations in Köln und berichtete von zunehmenden Beschwerden über nächtliche Ruhestörung. „Die Leute waren früher lockerer.“ Auflagen seien immer schwerer umzusetzen. Was fehle in Köln, sei eine Event-Location für rund 6000 bis 9000 Zuschauer, außerdem Open-Air-Flächen. Und der seit Jahrzehnten geschlossene Fernsehturm Colonius müsse dringend wiederbelebt werden.

Cat Ballou: Gute Laune im Tourbus

Tiefe Einblicke in das Bandleben von Cat Ballou gaben Sänger Oliver Niesen und Keyboarder Dominik Schönenborn. Als Schülerband haben sie einst vor 25 Jahren angefangen, 2024 haben sie zweimal die Lanxess-Arena gefüllt. Das habe man sich selbst nicht träumen lassen, meinte Niesen. Zur Saisoneröffnung im Tanzbrunnen ein Open-Air-Konzert zu spielen, sei für die Band „wie nach Hause kommen“. Wenn man im Karneval ständig gemeinsam unterwegs sei, herrsche im Tourbus trotzdem meistens gute Laune. „Wir reden die ganze Zeit miteinander.“

Zu Hause warte die Familie, das gebe Kraft. „Wir verstehen uns einfach gut, haben unterschiedliche Stärken“, sagte Schönenborn. Zur Frage, wie die teils kölschen, teils hochdeutschen Texte entstehen, meinte Niesen, das entscheide das Lied selbst. „Es darf nicht zu gezwungen wirken“, ergänzte Schönenborn.

Einen „Riesentraum“ hat die Band noch: einmal ein Open-Air-Konzert im Rheinenergiestadion zu spielen.