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Expo in JapanWarum die Weltausstellung eine Kölner Erfolgsgeschichte ist

Lesezeit 7 Minuten
Expo 2025 Osaka - Besucher  auf dem Expo-Gelände am Donnerstag, 5.6.25 in Osaka. Foto: Jakob Studnar / Koelnmesse GmbH

Der deutsche Pavillon auf der Messe Expo in Osaka 2025

Bis Oktober läuft die Weltausstellung noch. Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Messe-Chef Gerald Böse waren vor Ort.

Der Star ist der Ring. Diese gigantische Holzkonstruktion, die die Länderpavillons auf zwei Kilometer Länge umfasst. Oben öffnet sich der Blick aufs Meer und die Industrie von Osaka, die gigantischen Fertigungen am Rande dieser Metropole mit drei Millionen Einwohnern. 60.000 Quadratmeter ist das Innere des Expo-Geländes groß, in 22 Metern Höhe haben die Besucher von dem Holzbau einen Ausblick auf die Pavillons von Dubai, Irland oder Südkorea. Der japanische Jahresbedarf an Holz ist hier verbaut worden. Es ist auch ein gewaltiger Schutzraum, unter den Streben geht ein leichter Wind, es ist deutlich kühler als unter der heißen Sonne. Und damit gibt das faszinierende Holzbauwerk auch gleich eine Antwort auf die zentrale Frage der Expo. Wie gestalten wir die Gesellschaft von morgen? Die Weltausstellung Expo erzählt die Geschichte einer friedvollen Welt, die an einem Ort zusammenkommt.

Erste Expo 1885 in London

Das ist schon der Grundgedanke der ersten Schau 1885 in London, als sich sechs Millionen Menschen trafen. Diese Idee ist erneuert worden, immer wieder. Das Atomium in Brüssel und der Eiffelturm, aber auch das stählerne Riesenrad aus Chicago sind Sinnbilder des Fortschritts oder zumindest des Glaubens daran. Aber ist das nicht in Zeiten eines Krieges mitten in Europa und einer in Teilen zerstörerischen Handelspolitik einzelner Nationen ein naiv-romantischer Ansatz? Osaka gibt den Rahmen, die Antworten sollen die Länder finden. Im deutschen Pavillon ist Nachhaltigkeit das Grundprinzip der runden, recht zurückhaltenden Gebäude.

Christopher Hecker

Christopher Hecker ist Direktor der deutschen Pavillons in Osaka

Entworfen und errichtet hat ihn erneut die Kölnmesse, sie ist auch vor Ort verantwortlich. 56 Millionen Euro kostet das Engagement im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. „Wa! Germany“ steht an der Außenfront. Das steht für den „Kreis“, heißt aber auch „Harmonie“ – und natürlich: wow. „Die Japaner lieben das Motto“, sagt Christopher Hecker. Er ist Direktor des deutschen Pavillons. „Die Japaner nehmen uns als sehr innovativ und weltoffen wahr.“ Und sie mögen offenbar die kleinen Circulars, die mit piepsiger Stimme die deutsche Kreislaufwirtschaft erklären. Vielleicht weil in den Geschäften zwischen den leuchtenden Werbetafeln der durchaus Party-affinen Stadt Osaka solche Figuren in Massen zu finden sind. Die Zukunft öffnet sich durch reines Handauflegen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker schaut auf den Touchscreen auf der ersten Ebene.

Expo 2025 Osaka -  OB Henriette Reker und Koelnmesse CEO Gerald Böse auf dem Ring.

Kölns OB Henriette Reker und Messe-Chef Gerald Böse auf der Expo

Futuristisch leuchten Kugeln im Raum, mit einem leichten Antippen öffnen sich Erzählungen von am Himmel schwebenden Taxis, wasserstoffbetriebenen Zügen, elektrischer Mobilität und Käse, der ohne Kühe entsteht. „Das wäre was für meinen Mann“, sagt die OB. Mit Proteinpulver und Reifekulturen. Reker ist mit Messe-Chef Gerald Böse in die drittgrößte Stadt Japans gereist. Sie ist fasziniert von der Organisationskraft der Gastgeber. 180.000 Menschen kommen jeden Tag, mehr als 90 Prozent der Gäste reisen aus Japan und anderen asiatischen Ländern an. Und sie sind Schlange stehen gewöhnt. Trotz eines enormen Andrangs liegt eine friedvolle Ruhe über der Expo-Fläche.

Die Leute sehen, dass Deutschland sich auf den Weg gemacht hat.
Gerald Böse, Messe-Chef

5,8 Millionen Menschen waren seit der Eröffnung im April schon da, am Ende, Mitte Oktober, sollen es 28 Millionen sein. Am deutschen Pavillon sind die Schlangen vorm Restaurant ebenso lang wie zur Ausstellung. Es gibt Eisbein, Rostbratwürstchen und Vanillestrudel, im Andenken-Shop warten Gartenzwerge und Plüschbären ohne Hose. Kreislaufwirtschaft, das ist ein sehr deutsches Thema, es packt den Besucher nicht emotional, aber es klingt sehr vernünftig. Das Haus ist zu 90 Prozent biologisch abbaubar. Die Konstruktion besteht aus Holz, die Wände aus Lehm, Hanf und entwickelten Pilzkulturen. Das inhaltliche Konzept stammt von der Agentur „facts und fiction“ aus dem Kölner Rheinauhafen. Der Besucher soll selbst Ideen entwickeln für die Welt von morgen. Und er kann die Stadt mit Künstlicher Intelligenz auslesen, Rohstoffe wiederverwerten und andere aussortieren.

(Der Ring

Der Ring umfasst das Expo-Gelände auf rund zwei Kilometer Länge.

Überhaupt ist die KI allgegenwärtig in den digitalen Erklärstücken und auf den Experimentierfeldern. „Die Leute schauen sich das sehr genau an“, sagt Messe-Chef Gerald Böse. „Es sind Visionen, und die Leute sehen, dass Deutschland sich auf den Weg gemacht hat.“ Der Pavillon sei einer der beliebtesten auf der Expo. Er hat auch dem chinesischen Pavillon einen Besuch abgestattet. Dort findet sich eine staatliche Werbebotschaft, die Traditionen der Völker werden mit Nachhaltigkeit verbunden, Steinbrüche zu Wohnparks. Dazu schöne Bilder auf einer Kinoleinwand. Auch andere Länder üben sich deutlich weniger in Understatement.

Den Pavillon von Saudi-Arabien hat Star-Architekt Norman Foster gebaut, eine gewaltige Landschaft, die Ideen wachsen lässt. Es ist zugleich eine Machtdemonstration des nächsten Ausrichterlandes (siehe Infotext). Die Franzosen zeigen wie in einem großen Warenhaus den Pomp ihrer Luxusmarken, aber keinen Lösungsansatz für die n Probleme unserer Zeit. Über den Sinn solcher Weltausstellung lässt sich lange streiten. Kritiker sehen die Schau im digitalen Zeitalter als überflüssig an und bemängeln die Leistungsschau der großen Nationen. Der Architekt, Künstler und Kurator Thomas Schriefers sagt: „Die Expo zeigt, dass die Welt ein friedlicher Ort sein kann.“ Er kann stundenlang schwärmen vom Treffen der Nationen, von der Ruhe im Inneren, im Zentrum des Geschehens. „Alles, was innerhalb des Ringes liegt, ist Austausch und Dialog.“ Etwa im Wald der Einkehr, im Zentrum des Geländes. Hier stehen 6500 Jahre alte Baumstümpfe aus Japan. Und daneben wächst ein neuer Wald.

Die Expo-Fläche liegt auf einer vorgelagerten Insel der Stadt. Zuvor befand sich hier eine Mülldeponie, die Altlasten wie Methangas machten noch in der Aufbauphase Probleme. Im deutschen Pavillon arbeiten rund 100 Mitarbeitende der Kölnmesse. 1000 Bewerbungen waren zuvor eingegangen. „Wir hätten nie mit einem so großen Interesse und so viel Japan-Kenntnissen gerechnet“, sagt Denis Steker, Chef des Auslandsgeschäfts der Messe. Gut 70 Helfer im Pavillon-Team arbeiten in Dreierschichten von 9 bis 22 Uhr, um den Besuchern die Idee des Pavillons zu erklären. Yong Yu arbeitet seit 2019 bei der Messe, sie war schon 2010 in Schanghai dabei und ist seit Februar in Osaka und betreut das Team. „Die Expo ist ein internationales familiäres Treffen“, sagt sie, „und es ist nicht politisch. Jedes Land bringt etwas ein. Und zwar das Beste von sich.“ Die aus China stammende Frau lebt in Köln-Worringen, über einen Sprachkurs kam sie zur Expo. Heute schwärmt sie besonders von der Atmosphäre: „Die Menschen in den Gastgeberstädten verändern sich. Sie öffnen sich.“ Das ist schon viel, oder nicht?


Geschichte der Weltausstellungen

1851 fand die erste Weltausstellung im Kristallpalast von London im Hyde Park statt. Der Nachhaltigkeit verpflichtet, wurde der Pavillon anschließend ab- und im Süden Londons wieder aufgebaut. Er wurde später bei einem Feuer vernichtet. 1928 fand die erste Weltausstellung in heutiger Form in Paris statt. Seitdem präsentieren Länder in eigenen Pavillons Ideen für das Zusammenleben der Welt von morgen. Für die Vergabe ist das Büro International des Expositions (BIE) in Paris zuständig. Die Expo findet alle fünf Jahre statt. Die letzte war, verzögert durch Corona, 2021/22 in Dubai zu sehen, die nächste findet 2030 in Riad in Saudi-Arabien statt.

1986 hat die Kölnmesse zum ersten Mal einen deutschen Pavillon ausgerichet. Im kanadischen Vancouver lautete das Motto damals:. „Welt in Bewegung – Welt in Kontakt.“ Es handelte sich um eine sogenannte internationale Fachausstellung mit einem speziellen Thema. Neun weitere Fachausstelllungen oder thematisch breiter gefasste internationale Weltausstellungen folgten. Brisbane (Australien) 1988, Sevilla 1992, Daejoen (Südkorea) 1993, Lissabon 1998 waren die Stationen. Im Jahr 2000 organisierte und betrieb die Kölner Messe den Pavillon „Am Meer“ in Wilhelmshaven als Beitrag zur Expo in Hannover. Es folgten die Expo-Beteiligungen in Aichi 2005, Schanghai 2010, und Dubai und jetzt aktuell Osaka. Die Schau in Osaka ist bis zum 13. Oktober zu sehen. Die Aufträge für die Pavillons werden über Ausschreibungen, an denen sich mehrere Messegesellschaften beteiligen, vom Bundeswirtschaftsministerium vergeben.

73 Millionen Besucherinnen und Besucher lockte die Expo in Shanghai im Jahre 2010 an. Auf Platz 2 der Weltausstellungen, bei denen die Kölner Messe den deutschen Pavillon ausgerichtet hat, liegt das spanische Sevilla mit knapp 43 Millionen Gästen. Erfüllen sich die Erwartungen, erreicht Osaka Platz drei mit über 28 Millionen Besucherinnen und Besuchern. 2027findet die nächste „kleine Weltausstellung“ in Belgrad statt. Sie dauert nur drei Monate und konzentriert sich auf einen Gastgeberpavillon. (mft/raz)