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Aus für Keller und StruberDie Hintergründe zum Personalbeben beim 1. FC Köln

Lesezeit 5 Minuten

Nicht mehr für den 1. FC Köln tätig: Trainer Gerhard Struber (l.) und Sportchef Christian Keller.

Der 1. FC Köln hat auf seine neuerliche Krise mit einer radikalen Maßnahme reagiert. Darum stimmten die Gremien für ein Doppel-Aus von Sportchef Christian Keller und Trainer Gerhard Struber.

Ganz am Ende ist Christian Keller seinen Prinzipien ein letztes Mal treu geblieben. Als die Gremien des 1. FC Köln den Geschäftsführer Sport in einer Krisensitzung am Sonntag zur Trennung von Trainer Gerhard Struber aufforderten, lehnte Keller entschieden ab. Eine Überraschung war das nicht. Zum einen, weil der seit geraumer Zeit ebenfalls massiv in die Kritik geratene 46-Jährige sein Schicksal längst mit dem des Trainers verknüpft hatte. Zum anderen, weil Keller in der aufgeheizten Fußballbranche gerne gegen den Strom schwimmt. „Eine kurzfristige Änderung auf der Trainerposition konnte und wollte ich nicht mittragen, da diese nicht meinen Überzeugungen und Werten entsprochen hätte“, bekräftigte Christian Keller beim Abschied am Montag seine Haltung, die er bereits unmittelbar nach dem blamablen 1:1 gegen Absteiger Jahn Regensburg kundgetan hatte. Das von Keller vorgesehene Festhalten am glücklosen Österreicher hatte nach dem vorläufigen Tiefpunkt der Saison auch hinter den Kulissen für Irritation gesorgt.

Der Gemeinsame Ausschuss sah sich daraufhin gleich doppelt zum Handeln gezwungen und löste mit der Freistellung von Christian Keller und Gerhard Struber ein Führungsbeben am Geißbockheim aus. Nach Rundschau-Informationen stimmten Präsident Werner Wolf, seine Stellvertreter Carsten Wettich und Eckhard Sauren, Aufsichtsratschef Lionel Souque, Klaus Behrenbeck als Vorsitzender des Beirats sowie die Mitgliederratsvorsitzenden Fabian Schwab und Stacy Krott einstimmig für den personellen Kahlschlag kurz vor Saisonende. Auch Co-Trainer Bernd Eibler (31) wurde von seinen Aufgaben entbunden.

Das Team muss sich für die letzten beiden Spiele auf die eigene Stärke besinnen. Es braucht dafür jetzt neue Impulse. Die haben wir nicht mehr gesehen.
Werner Wolf, FC-Präsident

Mit Friedhelm Funkel (71) soll nun ein Aufstiegsexperte den taumelnden Zweitligisten über die Ziellinie zu der in vielerlei Hinsicht so wichtigen Bundesliga-Rückkehr führen. Der bisherige Lizenzspielerleiter Thomas Kessler (39) wird zum Sportdirektor befördert und übernimmt mit Finanzchef Philipp Türoff – dem einzig verbliebenen Geschäftsführer – die Leitung der Geschicke. Erst im Februar hatten sich die Geißböcke von Marketing-Geschäftsführer Markus Rejek getrennt, der mit Keller nie so recht harmonierte. Gerade mal drei Jahre nach der Installation einer dreiköpfigen Geschäftsführung steht der FC auf operativer Ebene damit erneut vor einem Neuaufbau.

„Unsere Entscheidung ist das Ergebnis einer eingehenden Analyse der sportlichen Entwicklung in den letzten Wochen. Angesichts der noch immer großen Chance auf den direkten Wiederaufstieg müssen wir alles daransetzen, diese Chance auch zu nutzen“, begründete Präsident Werner Wolf und machte deutlich: „Wir können uns nicht auf die Ergebnisse der Konkurrenz verlassen. Das Team muss sich für die letzten beiden Spiele auf die eigene Stärke besinnen. Es braucht dafür jetzt neue Impulse. Die haben wir nicht mehr gesehen. Deswegen haben wir uns nach sorgfältiger Abwägung mit dem Kompetenzteam Sport (Erich Rutemöller und Frank Schaefer; Anm. d. Red.) als Vorstand zu diesem Schritt entschieden.“

Ex-Sportchef Keller leistete in seinem Kerngebiet schwache Arbeit

Der Vorstand bewies auf diese Weise Handlungsstärke, obwohl er nur noch bis Herbst im Amt ist. Wie es danach weitergeht, ist unklar. Mitte April wurde bekannt, dass Vizepräsident Wettich mit Unternehmer Wilke Stroman als Präsident und Ex-FC-Spielerin Tugba Tekkal als Stellvertreterin für das künftige Vorstandsteam kandidieren will. Wen der Mitgliederrat, der über ein Vorschlagsrecht verfügt, ins Rennen schicken wird, ist noch unklar. Schlimmstenfalls droht ein Machtkampf.

Für Christian Keller endet derweil eine dreijährige Tätigkeit im permanenten Krisenmodus. Als der ehemalige Regensburger im April 2022 übernahm, fand er den FC in wirtschaftlich dramatischer Lage vor. Mit einem strikten Sparkurs trug Keller zur finanziellen Gesundung in Rekordzeit bei. Auch schob er eine neue Struktur auf der Geschäftsstelle sowie die jahrelang vernachlässigte Sanierung des maroden Geißbockheim-Geländes an. In seinem Kerngebiet leistete der Sport-Geschäftsführer allerdings schwache Arbeit, weshalb der Club innerhalb von zwei Jahren von der Conference League in die 2. Liga stürzte. Keller misslang der Spagat zwischen Neuordnung der Finanzen und sportlichem Erfolg, was ihn früh ins Zentrum der Kritik geraten ließ. Auf dem Transfermarkt leistete er sich viele Fehlgriffe; bei den Trainer-Entscheidungen lag er nach dem ruhigen Ostfriesen Timo Schultz nun auch mit dem reservierten Österreicher Gerhard Struber daneben. Beide Trainer passten von ihrem Naturell her nicht nach Köln.

Mit dem Rückenwind des Aufstiegs wird ersichtlich werden, dass der Grundstein für eine nachhaltigere FC-Zukunft auf zahlreichen Ebenen gelegt wurde.
Christian Keller, Ex-FC-Sportchef

Über allem schwebte die einjährige Transfersperre. Bei der verhängnisvollen Verpflichtung des Nachwuchsstürmers Jaka Cuber Potocnik war Keller zwar noch nicht im Amt. Allerdings gelang es ihm später nicht, den Fall vom Eis zu holen. Womöglich, weil er einmal mehr zu sehr an seinen Prinzipien festgehalten hatte. Keller fand zum Abschied dennoch versöhnliche Worte: „Ich wünsche dem gesamten FC, allen voran unserer Mannschaft und allen unseren Mitarbeitenden nur das Allerbeste und bin überzeugt, dass der Aufstieg in die 1. Bundesliga gelingen wird. Mit dem Rückenwind des Aufstiegs wird ersichtlich werden, dass der Grundstein für eine nachhaltigere FC-Zukunft auf zahlreichen Ebenen gelegt wurde. “

Für Gerhard Struber geht das Kapitel in Köln nach nicht mal einer Saison zu Ende. Im Herbst hatte der Österreicher schon einmal kurz vor dem Aus gestanden, weil trotz eines rasanten Offensivstils die Ergebnisse ausgeblieben waren. In der Not stellte Struber auf einen defensiven Ansatz um und führte den FC mit einer Serie unansehnlicher 1:0-Siege zur Herbstmeisterschaft. In der Rückrunde stimmten aber weder Leistungen noch Ergebnisse. Mit 15 Toren stellen die Kölner im Jahr 2025 die zweitschwächste Offensivreihe der Liga. Nur ein Jahr nach seiner Entlassung bei RB Salzburg als Tabellenführer muss Struber erneut kurz vor dem Ziel gehen. Der 48-Jährige reagierte entsprechend niedergeschlagen: „Ich habe im Laufe der Saison oft von einem Marathon gesprochen, den wir gemeinsam zu gehen haben. Wie hart dieses Rennen für alle Mannschaften ist, zeigt die Tabellensituation. Jetzt, da die Ziellinie vor Augen ist und wir noch dazu aussichtsreich dabei sind, tut die Entscheidung besonders weh.“

Bei Nichtaufstieg steht der 1. FC Köln vor einem personellen Neuaufbau

Präsident Wolf dankte Keller und Struber für ihren Einsatz: „Christian Keller hat den Verein in den vergangenen drei Jahren durch herausfordernde Zeiten geführt und maßgeblich an der strukturellen und finanziellen Gesundung des FC mitgewirkt. Gerhard Struber hat seit seinem Amtsantritt im Juli 2024 mit großem Engagement versucht, die Mannschaft auf Kurs zu bringen und dafür gesorgt, dass wir zum jetzigen Zeitpunkt noch im Aufstiegsrennen dabei sind. Dafür gebührt beiden unsere Wertschätzung.“

Bis ein neuer Sport-Geschäftsführer gefunden ist, leitet Thomas Kessler den Bereich. „Für meine neue verantwortungsvolle Aufgabe verspüre ich sowohl ein hohes Verantwortungsgefühl als auch eine große Motivation, gemeinsam mit allen Beteiligten rund um unsere Mannschaft alles dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen“, sagte der Ur-Kölner. Scheitert das Vorhaben, droht der Verlust zahlreicher Leistungsträger. Und ein personeller Neuaufbau.