Donald Trump sieht Europa in der Pflicht – doch wie könnte der deutsche Beitrag zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine aussehen?
Kritik an „widerwärtigem“ AfD-BeitragDebatte um Entsendung von deutschen Soldaten in die Ukraine entbrannt

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU, M) zusammen mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD, 2.v.l.) im Mai bei Soldaten der in Litauen stationierten Panzerbrigade 45. (Archivbild)
Copyright: Michael Kappeler/dpa
Deutschland und seine Partner arbeiten nach den Worten von Verteidigungsminister Boris Pistorius mit Hochdruck an Details verlässlicher Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Ein Unsicherheitsfaktor dabei ist, wie genau sich die USA am Schutz des von Russland angegriffenen Landes nach einem möglichen Friedensabkommen beteiligen könnten. US-Präsident Donald Trump schloss den Einsatz amerikanischer Bodentruppen am Tag nach dem Ukraine-Gipfel im Weißen Haus aus und verwies auf die Bereitschaft einiger europäischer Staaten.
„Wie ein deutscher Beitrag zu den Sicherheitsgarantien aussehen wird, steht derzeit noch nicht fest und wird politisch und militärisch festzulegen sein“, sagte Pistorius nun. Dabei würden der Verlauf der Verhandlungen, der mögliche Beitrag der USA und die Abstimmungen mit den Partnern berücksichtigt. „Natürlich ist dabei auch zu prüfen, welche Bereitschaft Russland zeigt, zu einer Friedenslösung zu kommen“, erklärte der SPD-Politiker.
Friedrich Merz: „Klar ist, dass sich ganz Europa daran beteiligen sollte“
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte mit Blick auf Sicherheitsgarantien unterdessen gesagt: „Völlig klar ist, dass sich ganz Europa daran beteiligen sollte.“ Deutschland habe „eine hohe Verantwortung“, dies zu tun. Auf die Frage, ob sich auch die Bundeswehr daran beteiligen könnte, antwortete Merz, es sei zu früh, darauf eine endgültige Antwort zu geben.
Alles zum Thema Donald Trump
- Ukraine-Krieg Was spricht gegen ein rasches Treffen zwischen Putin und Selenskyj?
- Zu heiß zum Rüberklettern Trump lässt Grenzzaun schwarz streichen
- Skurriles Interview mit Fox News Putins „Wärme“ und ein Platz im Himmel – Trump sorgt für Irritationen
- Laut Medienbericht Trump beriet mit Orban über EU-Beitritt der Ukraine
- Nach Ukraine-Gipfeln Man ist froh, wenn Trump nicht stört
- CDU-Außenexperte Wäre ein Bundeswehreinsatz in der Ukraine zu schaffen, Herr Kiesewetter?
- Skurrile Momente im Weißen Haus Selenskyjs Schlagfertigkeit, Melonis Mimik und Trumps kurioses Lob für Merz
Sicherheitsgarantien gegen weitere russische Angriffe gelten als eine Grundvoraussetzung dafür, dass die Ukraine in Verhandlungen Zugeständnisse macht. Bei dem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, europäischen Spitzenpolitikern und Trump am Montag war über Schutzversprechen nach dem Vorbild des Artikel 5 des Nato-Vertrages diskutiert worden. Der Artikel 5 regelt den Bündnisfall, bei dem die Nato-Staaten im Fall eines Angriffs auf die Unterstützung der Alliierten zählen können.
Donald Trump sieht Europäer zu Truppeneinsatz in der Ukraine bereit
Trump hatte sich zwar dazu bereit erklärt, dass die USA Sicherheitsgarantien mittragen werden. Nach dem Treffen in Washington ließ er Details dazu aber zunächst offen. Er versicherte mit Blick auf die Ukrainer nur: „Wir werden ihnen sehr guten Schutz geben, sehr gute Sicherheit.“
In einem Gespräch mit dem US-Sender Fox News am Dienstag wurde Trump etwas konkreter. Er gehe davon aus, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien dazu bereit seien, zur Absicherung eines möglichen Friedens Soldaten in die Ukraine zu schicken. „Wenn es um die Sicherheit geht, sind sie bereit, Bodentruppen zu entsenden“, sagte er.
Bericht: Zehn europäische Länder zu Entsendung von Bodentruppen bereit
Die Vereinigten Staaten seien unterdessen bereit, die Verbündeten – etwa aus der Luft – zu unterstützen. US-Bodentruppen in der Ukraine schloss das Weiße Haus unterdessen mittlerweile aus. Die Nachrichtenagentur „Bloomberg“ berichtete unterdessen, dass rund zehn europäische Länder zur Entsendung von Truppen in die Ukraine zur Absicherung eines Friedensabkommens bereit seien.
In Deutschland nimmt die Debatte um eine mögliche Entsendung von Bodentruppen nun Fahrt auf. Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) kündigte am Dienstag Gespräche mit der Opposition an und sagte, es müsse dabei geklärt werden, „was Deutschland dazu beitragen kann und soll“.
Bundesregierung sieht Zeit für Entscheidung noch nicht gekommen
Die Bundesregierung sieht die Zeit für eine Entscheidung aber noch nicht gekommen. Ablehnung kam unterdessen von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer. „Dass deutsche Soldaten in der Ukraine kämpfen, darf kein Thema sein“, sagte Kretschmer dem „Spiegel“ nach Angaben vom Mittwoch.

Copyright: dpa
Deutschland könne die Sicherheit der Ukraine nicht gewährleisten. Dafür fehlten der Bundeswehr die Voraussetzungen. „Man sollte nur so stark auftreten, wie man ist“, fügte der CDU-Politiker hinzu. Stattdessen brauche es eine starke europäische Sicherheitsarchitektur und Sicherheitsgarantien durch die USA. Europa müsse in seine Sicherheit investieren, um künftig einen Angriff auf die EU oder die Ukraine zu verhindern.
Deutsche Bodentruppen: Kretschmer dagegen, Röwekamp offen
Kretschmers Parteikollege Thomas Röwekamp, Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag, äußerte sich hingegen anders. Europäer und Ukrainer hätten schlechte Erfahrungen mit russischen Zusagen gemacht, deshalb brauche es effektive militärische Abschreckung, sagte der CDU-Politiker im WDR. „Und das bedeutet eben auch, dass auch deutsche Soldatinnen und Soldaten dann in Zukunft nach einem Friedensschluss mit Russland hier dafür sorgen, dass der Frieden auch dauerhaft hält.“
Als Beispiele dafür, wie eine Unterstützung durch die Bundeswehr aussehen könnte, nannte Röwekamp Hilfe bei der Logistik, bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten und bei der Luftabwehr. „Es gibt eine ganze Palette von militärischen Fähigkeiten, die wir in der Bundeswehr haben, die den Frieden in der Ukraine dauerhaft absichern kann“, sagte der Ausschussvorsitzende.
Ralf Stegner: „Fantasien über Bodentruppen nicht angezeigt“
Auch bei der SPD gibt es unterschiedliche Meinungen: „Es steht außer Frage, dass auch Deutschland seinen Beitrag leisten wird“, zitierte die „taz“ die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Siemtje Möller. Wie dieser Beitrag aussehen könnte und ob Bundeswehrsoldaten dabei eine Rolle spielen könnten, sagte die SPD-Politiker jedoch nicht.
Parteikollege Ralf Stegner äußerte sich derweil eindeutig. „Angesichts des Zweiten Weltkrieges und des deutschen Vernichtungskrieges sind Fantasien über deutsche Bodentruppen nicht angezeigt“, sagte Stegner der „taz“. Das gelte auch für Spekulationen über eine deutsche Führungsrolle bei einer möglichen Absicherung der ukrainisch-russischen Grenze, so Stegner.
Während Linken-Chef Jan van Aken sich für einen Einsatz von UN-Blauhelmen aussprach, äußerte sich BSW-Chefin Sahra Wagenknecht ähnlich wie Stegner – und nutzte ihre Wortmeldung auch für Kritik am Bundeskanzler.
Wagenknecht kritisiert Merz – AfD-Beitrag sorgt für Empörung
„Dass Friedrich Merz die Entsendung von Bundeswehrsoldaten in die Ukraine als Teil westlicher Sicherheitsgarantien tatsächlich für möglich hält, ist erschreckend“, schrieb Wagenknecht auf der Plattform X. „Allein schon aus historischen Gründen verbieten sich deutsche Truppen“, fügte sie an. Deutschland drohe andernfalls „im Konfliktfall sofort Kriegspartei“ zu werden, behauptete Wagenknecht. „Das darf ein Kanzler nicht zulassen“, fügte sie an.
Die AfD hatte sich bereits am Dienstag eindeutig positioniert – und dabei wegen eines geschmacklosen Beitrags in den sozialen Netzwerken für Empörung gesorgt. „Merz will nicht ausschließen, deutsche Soldaten in die Ukraine zu entsenden. Das wäre keine Friedenssicherung, sondern eine dauerhafte Eskalation gegenüber Russland“, schrieb die Partei auf der Plattform X und fügte an: „Wir sagen klar: Wir schicken Dich nicht in die Ukraine!“
Dazu veröffentlichte die AfD eine KI-generierte Grafik, die Merz in einer Bildsprache zeigte, die viele Nutzerinnen und Nutzer an antisemitische Abbildungen aus dem Dritten Reich erinnerte. „Merz will Dich in die Ukraine schicken? Wir nicht!“, lautete der Schriftzug auf der Grafik, die als „widerwärtig“ und „ekelerregend“ kritisiert wurde. (das/dpa/afp)