Leser-MeinungDer Westen wirkt schwach – Krisenbewältigung statt Machtgemetzel

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Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), spricht mit Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis90/Die Grünen).

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), spricht mit Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis90/Die Grünen).

  • Zum Verhalten der Politikerinnen und Politiker der Deutschen Bundesregierung haben diese beiden Leser eine eindeutige Meinung.

Zum Beitrag „Wäre der Krieg abzuwenden gewesen?“ vom 23. Mai 2022: Man kann dem von Ihnen zitierten Professor nur beipflichten, dass unsere Regierung entscheidend das Bild eines schwachen Westens mitgeprägt hat – mit der Folge, zwar nur vermutet, aber für realistisch gehalten werden kann, dass Putin den Krieg überhaupt gewagt hat. Die englische Zeitung „Daily Telegraph“ hat jüngst unter dem sinngemäßen Titel „Und Frau Thatcher hatte doch recht“ geschrieben, dass die Deutschen sich gegenüber Moskau immer wieder allzu nachgiebig und kompromissbereit zeigen, womöglich spiele da immer noch das schlechte Gewissen vom Weltkrieg eine Rolle.

Die daraus resultierende pazifistische Grundhaltung habe die von Frau Thatcher eingesetzte Expertenkommission als Risiko der deutschen Wiedervereinigung exakt vorhergesagt. Janus-artig stünden die Deutschen jetzt der einen Seite zum Westen, auf der anderen habe sich eine fast schon mystische Verbundenheit von deutschen Politikern und Intellektuellen mit Russland entwickelt. Das gefährde auch das Nato-Ziel, das deren erster Generalsekretär, Lord Ismay mit einer Prise schwarzen Humors einst so gekennzeichnet habe: „Die Russen sollen draußen bleiben, die Amerikaner drinnen und die Deutschen niedrig gehalten werden.“ Letzteres haben die Deutschen, was die Wehrhaftigkeit angeht, schon selber besorgt, doch daher sind die Russen nicht so richtig „draußen“.

Erinnerung an Nato-Doppelbeschluss

Das Ganze erinnert an den historischen Streit um den Nato-Doppelbeschluss zu Atomraketen, gegen den allein in Bonn damals 300 000 Friedensbewegte mit Politikerinnen wie Petra Kelly und Intellektuellen wie Heinrich Böll demonstriert haben. Im Deutschlandfunk-Rückblick heißt es dazu zwar: „Ob die Nato durch ihren Nachrüstungsbeschluss das Sowjetimperium niederkonkurriert und damit letzten Endes dessen Auflösung bewirkt hat, das bleibt eine Frage, über die Historiker immer noch streiten.“

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Diese Bewertung kann man eindeutiger haben: Der Doppelbeschluss hat wohl nicht für den Zerfall der Sowjetunion gesorgt – davon war nie ernsthaft die Rede -, aber er hat damals ganz eindeutig den Frieden gerettet und nebenher eine klare Erkenntnis mit sich gebracht: Friedensbewegte müssen als Friedensfreundinnen und Friedensfreunde wehrhaft sein, sonst kommt der Krieg zu ihnen. Es ist ja auch unwahrscheinlich, dass der Kreml mit seiner Abrüstung seinerzeit auf die deutschen Friedensdemonstrationen und nicht auf den Nato-Doppelbeschluss reagiert hat.

- von Wolfgang Larmann aus Swisttal

Polens Präsident reist nach Kiew und Scholz nach Afrika statt in die Ukraine. Diese Tatsache (ein eigentlich schon längst erledigtes Thema) benutzt die Opposition mal wieder (Wiederholungen sollen sich wohl, wie bei der Werbung, besser einprägen), um der SPD-Regierung das Vertrauen in der Masse zu nehmen.

Manche gehen sogar bis hin zur Forderung des Misstrauensvotums seitens des Bundestages. Was ist das für ein Armutszeugnis für die Arbeit einer Opposition einer Demokratie. Das sieht mir schon mehr nach einem autokratischen Führungsstil aus – jemand, der mit allen Mitteln führen will, wählt auch alle Mittel, an die Macht zu gelangen – und wenn es die, für sie so dargestellte, „falsche Reise“ ist.

Krisen brauchen Persönlichkeit und kein Machtgemetzel

Für mich zeugt es von einem Defizit und einer großen Unzufriedenheit mit sich selbst derer, die doch eigentlich in der Lage sein sollten, sich um eine gemeinsame Bewältigung einer Krise zu bemühen. Dies gilt auch für die Bewältigung der Krise mit Russland. Nein, sie können es nicht haben, nach 16 Jahren Regierung, in der zweiten Reihe zu stehen – oder mussten sie schon innerhalb der Partei 16 Jahre in der zweiten Reihe stehen – und sehen jetzt eine Chance zur Macht? Nicht verlieren können, ist ein Zeichen von Unzufriedenheit mit sich selbst, und man versucht die eigenen Defizite den anderen in die Schuhe zu schieben.

Ich finde diesen Politikern, die ja ein Vorbild für das Volk sein sollten, fehlt die Selbstzufriedenheit, ihnen fehlt Persönlichkeit, das heißt sich selbst als eine ernstzunehmende Aufgabe zu sehen, in der man sich stets bewusst ist, was man tut und sich selbst auch alle zweifelhaften Aspekte überlegt.

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In einer Demokratie, wie sie in Deutschland besteht, haben die Menschen die besten Voraussetzungen an ihrer Zufriedenheit – an ihrer Persönlichkeit zu arbeiten; dies funktioniert aber nicht, wenn Politiker dem Volk vormachen, wie man am besten seine Unzufriedenheit auslebt, nämlich durch mehr Macht.

Krisen brauchen Persönlichkeit und kein Machtgemetzel. Macht ist kein Mittel für Zufriedenheit – die Arroganz und damit Selbstherrlichkeit (Autokrat) der Macht führt zu Kriegen.

- von Liesel Solscheid aus Buchholz

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