Fast jede Stadt untätigInternet in NRW ist zu langsam – trotz zugesagter Fördergelder

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Leerrohre, in die später Glasfaserkabel geblasen werden, sind auf einer Baustelle zu sehen.

Berlin – Nordrhein-Westfalen kommt beim Ausbau des schnellen Internets seit Jahren nicht von der Stelle. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt.

In NRW ist demnach nahezu jede Stadt trotz bereits zugesagter Fördergelder bei dem Versprechen, das schnelle Internet in alle Haushalte zu bringen, bauuntätig.

Danach haben Gemeinden, Städte und Kreise in NRW im Zeitraum von Ende 2015 bis heute von insgesamt 487 Millionen Euro Fördergeld für den Breitbandausbau gerade einmal 1,7 Millionen Euro abgerufen worden. 

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Fördergelder werden auch in anderen Bundesländern liegengelassen

Auch andere Bundesländer wie Niedersachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben so gut wie keine Baustellen beim schnellen Internet. In Niedersachsen sind von bislang zugesagten Fördermitteln des Bundes in Höhe von 390 Millionen Euro gerade mal 1,4 Millionen Euro verbaut worden, in Bayern flossen von 234 Millionen Euro bislang erst 3,6 Millionen Euro ab und in Baden-Württemberg waren es bei einer Fördersumme von 86 Millionen Euro gerade 1,6 Millionen Euro, die Gemeinden, Städte und Kreisen vom Fördergeld für schnelles Internet überhaupt erst verbaut haben. In allen 16 Bundesländern flossen von insgesamt zugesagten Mitteln in Höhe von 3,5 Milliarden Euro für den Breitbandausbau lediglich 13 Millionen Euro ab.

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Klein Kedingshagen: Timotheus Höttges, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Telekom, gräbt beim offiziellen Start für den Breitbandausbau mit einer Grabenfräse einen Graben für Leerkunstoffrohre. In die Rohrsysteme werden später Lichtleiterkabel eingezogen. In dem Dorf bei Stralsund hat die Telekom ihr bislang größtes Projekt zum Glasfaserausbau in Deutschland gestartet.

Dabei hatte die große Koalition bereits 2013 als Ziel ausgegeben, bis 2018 für ganz Deutschland eine flächendeckende Grundversorgung von 50 Megabit pro Sekunde zu schaffen. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung heißt es nun sogar: "Wir gestalten den Weg in die Gigabit-Gesellschaft mit höchster Priorität. Deshalb wollen wir den flächendeckenden Ausbau mit Gigabit-Netzen bis 2025 erreichen."

Bonn hat von 1,3 Millionen Euro nichts verbaut

Doch von dieser erklärten Absicht ist in der Praxis so gut wie nichts zu sehen. So hat die Stadt Bonn von einer bereits bewilligten Fördersumme in Höhe von gut 1,3 Millionen Euro bis heute nicht einen Cent verbaut. Dieselbe Summe kommt noch einmal vom Land NRW. Nicht einmal das Fördergeld für eine Beratungsleistung in Höhe von 50.000 Euro, wie das Stadtgebiet mit schnellem Internet versorgt werden könnte, ist laut Bundesregierung bislang abgerufen worden. Ein Sprecher der Stadt Bonn teilte auf Anfrage mit, die Ausschreibung für die Tief- und Ausbauarbeiten am Bonner Glasfasernetz seien "in der Vorbereitung".

Auch der Rhein-Sieg-Kreis glänzt beim Ausbau mit schnellem Internet mit fehlenden Baustellen. Von im April 2016 bewilligten 9,9 Millionen Euro hat der Kreis bislang keinen Cent abgerufen. Auch Düsseldorf lässt ihre Fördersumme von 7,5 Millionen Euro bislang ungenutzt liegen. Die Stadt Köln kommt in der Auflistung nicht vor.

Programm zur Breitbandausbau-Förderung ein Trauerspiel

Der Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, Oliver Krischer, nannte das Programm zur Förderung des Breitbandausbaus "ein Trauerspiel". Als Gründe für diesen quasi noch gar nicht angelaufenen Ausbau des schnellen Internets in NRW sehen die Grünen im Bundestag unter anderem die Auslastung vieler Baufirmen durch den anhaltenden Bauboom, aber auch das Verhalten der Telekom. Grünen-Fraktionsvize Krischer sagte unserer Redaktion: "Daneben hat gerade die Telekom in den ersten Jahren das Förderprogramm massiv hintertrieben. Pläne zu bereits verlegten Kabeln wurden zeitverzögert an die Kommunen herausgerückt oder Planungen der Kommunen mussten überarbeitet werden, weil die Telekom zwischendurch punktuell ihr Netz ertüchtigt hatte." Zudem gewinne die Telekom viele Ausschreibungen und drücke dann in den Verträgen durch, dass sie sich mit der Verlegung der Kabel mehrere Jahre Zeit lassen könne.

Die Telekom nannte die Vorwürfe "haltlos". Ein Sprecher erklärte: "Keiner baut so viel wie die Deutsche Telekom, um den Breitbandausbau in Deutschland und damit auch in NRW voranzubringen. Allein in diesem Jahr etwa 60 000 Kilometer Glasfaser." Die Tiefbaukapazitäten seien aber beschränkt. Daher müsse die Telekom in ihren Zeitplänen "auch realistische Vorgaben berücksichtigen".  

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