Abo

CDU-Chef Petelkau im Interview„Wir können nicht die Innenstadt für Autos sperren“

Lesezeit 6 Minuten
20191206_tb_Bernd_Petelkau_003

Der Kölner CDU-Chef Bernd Petelkau beim Redaktionsbesuch und Interview

Köln – 70 Minuten stellte sich CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau im Rundschau-Haus der Redaktion. Dabei ging es auch um die Zukunft von Oberbürgermeisterin Henriette Reker.

Herr Petelkau, angenommen die Grünen holen bei der Kommunalwahl im Herbst 2020 mehr Sitze im Rat als die CDU. Würden Sie dann immer noch sagen, das schwarz-grüne Bündnis muss weitergehen?

Petelkau: Uns geht es vor allem darum, so viel CDU-Politik wie möglich umzusetzen. Nach der Wahl müssen wir bewerten, mit wem wir was erreichen können. Die SPD ist ja gerade sehr stark mit sich selbst beschäftigt, wir müssen abwarten, wann diese Partei wieder in der Lage ist, vernünftig Politik zu machen.

Alles zum Thema Henriette Reker

Also würden Sie auch als Juniorpartner in eine Wiederauflage des schwarz-grünen Bündnisses gehen?

Zunächst einmal wollen wir stärkste Kraft in Köln werden (die SPD hat 27 Sitze, die CDU 25, die Grünen 18, Anmerkung der Redaktion). Davon abgesehen hat die Zusammenarbeit in den vergangenen vier Jahren sehr gut funktioniert. Wir haben für Konfliktthemen klare Regeln aufgestellt und wir sind lediglich bei ein, zwei Themen nicht zusammengekommen. Zu Beginn waren viele Betrachter skeptisch, ob das Bündnis lange hält, die Sorge haben wir erfolgreich widerlegt. Es geht jetzt darum, diese gute Zusammenarbeit fortzusetzen, schließlich haben wir mit Henriette Reker auch eine gemeinsame Oberbürgermeister-Kandidatin. Aber Sie mussten typische CDU-Themen opfern in den vergangenen vier Jahren.

Zugeständnisse liegen in der Natur eines Kooperationsvertrags, prominentestes Beispiel ist sicher der Ausbau des Niehler Gürtels (statt eines Straßenlückenschlusses soll dort nun ein Radschnellweg entstehen, Anm. d. Red.). Wir haben aber sichergestellt, dass die Hauptverkehrsachsen leistungsfähig bleiben.

Trotzdem tun der CDU doch die Kompromisse weh in der Verkehrspolitik, etwa bei den Expressbussen.

Nein, weil die Busse kein Kompromiss zwischen zwei Parteien waren, sondern es ging darum, mit den Busspuren und der Pförtnerampel Dieselfahrverbote im Kölner Westen zu verhindern. Zudem finden Sie die Busbeziehungen in unserem Programm schon lange, weil die Menschen aus Widdersdorf und Lövenich unbedingt mehr ÖPNV-Kapazitäten benötigen, um in die Stadt zu kommen.

Aber der Richter in Münster hat die Aachener Straße in seinem Urteil doch gar nicht in Betracht gezogen für Dieselfahrverbote. Und Sie bauen eben doch die Aachener Straße zurück, wenn Sie dort Busspuren einrichten und sich die Autos künstlich stauen lassen.

Nein, die Aachener Straße wird durchgängig zweispurig bleiben. Und der Einzelhandel kann mit der jetzigen Lösung leben, weil die meisten Geschäfte erst um 10 Uhr morgens öffnen und die Busspur ja morgens nur von 7 bis 9 Uhr eingerichtet ist.

Und die Pförtnerampel?

Wir hätten gerne darauf verzichtet. Und selbst wenn der Richter sie in seiner Begründung nicht erwähnt, zählt das Gesamtbild. Die Stadt musste glaubhaft versichern, dass wir eine Vielzahl an Maßnahmen treffen, um die Luftqualität zu verbessern. Einen Rückbau hat es nicht gegeben und wird es mit der CDU auch nicht geben. Wir erhöhen die Kapazitäten im ÖPNV so, dass der motorisierte Individualverkehr nicht beeinträchtigt wird. Die zwei Spuren sind komplett da.

Was ist mit der Ost-West-Achse? Die CDU will den Tunnel, die Grünen wollen ihn nicht. Die Entscheidung ist jetzt auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben worden.

Da muss ich Ihnen widersprechen. Uns ging es darum, einen Einstieg in das Projekt zu schaffen. Daher sind wir froh, dass es mit der Planung endlich losgeht. Das haben wir erreicht, weil sich auch die Grünen bewegt haben. Sie haben ihr Nein zum Tunnel zwar clever verkauft, aber entscheidend ist doch, dass es im Rat keine Mehrheit gegeben hätte ohne die Grünen. Die SPD hat mit ihrem langen Tunnel unter dem Rhein eine nicht finanzierbare Forderung gestellt. Also war die Frage nicht zu lösen.

Was heißt das?

De facto haben wir also keine Verzögerung. Es wird der Tunnel geplant sowie die oberirdische Variante plus einiger Extras. Die Fragen, die sich stellen, lauten: Was passiert 2024? Wer wird dann einen Baubeschluss für den Tunnel unterstützen? Gibt es eine Mehrheit? Diese Entscheidung wäre ohnehin erst in der nächsten Legislaturperiode gefallen. Unsere Position ist dabei klar: Wir wollen den Tunnel.

Sie wissen doch jetzt schon, dass die Grünen bei ihrem Nein bleiben.

Es gibt drei Möglichkeiten. Erstens: Wir haben eine absolute Mehrheit. Zweitens: Die SPD bewegt sich in dieser Frage. Drittens: Ein Bürgerentscheid, wenn der Rat tatsächlich nicht in der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen. Wir würden das machen, uns geht es darum, dass dort gebaut wird. Dafür werden wir auch mit allen Mitteln kämpfen. Ich bin aber dafür, dass der Rat das Thema entscheidet.

Aber die CDU Köln hat sich doch auch verändert, etwa beim Verkehr. Auch die CDU will an der Trankgasse am Dom Autospuren zurücknehmen. Das wäre vor einigen Jahren noch nicht vorstellbar gewesen. Hat die CDU sich dem gesellschaftlichen Strom angepasst?

Wir haben als Volkspartei ein breites Profil, und natürlich hat die Kölner CDU eine andere Programmatik wie beispielsweise eine CDU im ländlichen Raum. Unser Ziel ist es, die Stadt mobil zu halten. Es ist selbstverständlich, dass Sie heutzutage in einer wachsenden Stadt nicht alles mit dem Auto erledigen können. Das ist ein gesetzter Fakt.

Das könnte Sie auch interessieren:

Was bedeutet das?

Wir brauchen einen vernünftigen Mobilitätsmix, in dem sich die Menschen das für sie passende Angebot auswählen. Deshalb arbeiten wir daran, den ÖPNV auszubauen. Und vor allem geht es doch darum, die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum zu fördern. Das ist ja nicht nur bei der CDU ein Thema, sondern auch beim Bürger. 

Sie haben aber vor zwei Jahren gesagt, dass jeder Bürger die Möglichkeit haben müsse, mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Ist das kein Widerspruch?

Wenn die Stadt mehr Aufenthaltsqualität haben soll, muss es doch auch Bereiche ohne Auto geben. Das ist kein Widerspruch. Wir brauchen ein besseres ÖPNV-Angebot, viele Menschen wollen auf das Auto verzichten, haben aber kein Angebot. Aus bestimmen Stadtteilen wie etwa Worringen sind die Menschen sehr lange in die Stadt unterwegs, wenn sie Bus und Bahn nutzen. Das wollen wir ändern. Aber wir können nicht die ganze Innenstadt für Autos sperren, das ist mit der CDU nicht zu machen. Aber eine Partei, die nur auf das Auto in der Stadt setzt, ist auf dem Irrweg.

Was ist mit dem Geißbockheim? Sie unterstützen die Ausbau-Pläne des 1. FC Kölns im Grüngürtel, Reker nicht.

Wir bleiben dabei: Es handelt sich um einen vertretbaren Eingriff, weil er an anderer Stelle ausgeglichen wird, beispielsweise am Grünzug West. Aber was beim FC in den nächsten Monaten noch mal eine Rolle spielen wird, ist die Frage: Wie sieht der Zeitrahmen aus und wie sind die Erfolgschancen bei möglichen Gerichtsverfahren gegen den Ausbau? Ist es unter diesen Gesichtspunkten sinnvoll, den Ausbau an dieser Stelle zu forcieren oder geht es vielleicht an anderer Stelle schneller? Aber das ist ganz allein die Entscheidung des FC.

Zumal Umweltverbände Klagen angekündigt haben.

Das Klagerisiko ist in den letzten zwei, drei Jahren unbestritten gestiegen. Der FC kann an seinen Plänen weiter festhalten, darf sich dann aber auch hinterher nicht beschweren, wenn es zehn Jahre bis zu einer finalen Entscheidung dauert. Die Stadt hatte seinerzeit auch andere Flächen angeboten. Man muss eben Entscheidungen ab und an auch mal hinterfragen, aber das liegt allein in der Verantwortung des FC. Der Verein muss sich fragen: Wann will ich was haben mit welchem Risiko?

Rundschau abonnieren