„Fall Petra Nohl“ in Köln vor Gericht„Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“

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Ermittler nahmen damals die Spuren am Tatort an der Albertusstraße auf.

Ermittler nahmen damals die Spuren am Tatort an der Albertusstraße auf.

Der Prozess um den Karnevalsmord vor 35 Jahren geht weiter, der Angeklagte bleibt in Haft. Die Verteidigung beantragt indessen einen Ortstermin.

Die Tochter des Mordopfers atmete am Donnerstagnachmittag tief durch, als die Vorsitzende Richterin im Prozess um den „Karnevalsmord“ vor 35 Jahren den Angeklagten nicht auf freien Fuß setzte: „Der Haftbefehl wird aufrechterhalten“, betonte die Juristin. „Mir ist ein Stein vom Herzen gefallen“, sagte die Tochter der damals 24-Jährigen getöteten Petra Nohl nach der Verhandlung der Rundschau. Sie tritt als Nebenklägerin auf.

Nohl war vor 35 Jahren nach einem Disco-Besuch an der Breite Straße ermordet in der Innenstadt aufgefunden worden.   Die Verteidigung hatte den Antrag gestellt, den Haftbefehl aufzuheben.

Zeuge wirkt fahrig und verwirrt

Grund für den Antrag war der Hauptbelastungszeuge (54), der beim ersten Verhandlungstag in seinen Aussagen vage blieb und sich mehrfach nicht konkret erinnern konnte. In der Tat machte der 54-Jährige auch beim zweiten Verhandlungstag einen unaufgeräumten und fahrigen Eindruck. Wiederholt konnte sich der Mann nicht an Details erinnern. „Ich kann es vor meinem inneren Auge nicht sehen“, sagte der Mann einmal.

Alles zum Thema Aktenzeichen XY … ungelöst

Das Gericht hatte offensichtlich keine großen Probleme mit den Erinnerungslücken des Zeugen und sprach von „glaubhaften Aussagen“.

Und so entschied die Kammer: Der Angeklagte sei weiter „dringend tatverdächtig“. Die Richterin betonte, dass am Körper des Tat-Opfers drei DNA-Spuren sichergestellt worden seien. Es gebe in dem Fall einen „großen Fluchtanreiz“. Dem Angeklagten drohe eine lebenslange Freiheitsstrafe.

Zeuge meldete sich nach „Aktenzeichen XY...ungelöst“

Der Hauptbelastungszeuge (54) hatte mit dazu beigetragen, dass der Fall überhaupt erst vor Gericht kam. Er hatte sich nach einer Austrahlung des Falls in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY...ungelöst“ im vergangenen Dezember gemeldet und einen Hinweis auf den Angeklagten gegeben.

Bei der Polizei hatte der Mann Angaben gemacht, die er vor Gericht nun nicht mehr so genau wiedergab. Er widersprach ausdrücklich einem Vernehmungsprotokoll der Polizei, wonach er die Frau am Taxistand als das spätere Opfer identifizierte. Die Frau habe den Taxistand verlassen, der Angeklagte und er wenig später ebenfalls. Anders als es in dem Protokoll heißt, habe er aber nicht behauptet, dass der Angeklagte der Frau gefolgt sei. Einen Tag später wurde die Frau an der Albertusstraße ermordet aufgefunden. Am Donnerstag sagte der Zeuge, dass er glaube, dass seine Aussage keinen Wert habe. „Ich habe bei der Polizei nur einen Namen ins Spiel gebracht“, so der Mann. Er selber hält sich nicht für einen Hauptbelastungszeugen. Den Aufenthalt bei den Vernehmungen nannte der 54-Jährige „erdrückend“ und ließ durchblicken, dass die Ermittler seine Aussagen zugespitzt hätten. Das Verhalten des Zeugen und das schlechte Erinnerungsvermögen lässt besonders die Verteidigung ratlos zurück. Auf viele Fragen sagte der 54-Jährige immer wieder: „Keine Ahnung“ oder „Kann ich nichts zu sagen“.

Verteidiger beantragt Ortstermin

Uwe Krechel, der Verteidiger des Angeklagten, beantragte einen Ortstermin. Petra Nohl tanzte vor dem Gewaltverbrechen in der unterirdischen damaligen Disko „Charivari“an der Breite Straße. Auch der Angeklagte und der Zeuge waren dort. Gemeinsam mit allen Beteiligten an dem Prozess soll dort ein Termin stattfinden. Es ist nicht unüblich, dass in Schwurgerichtsverfahren eine Gerichtsverhandung nach draußen an den Tatort verlegt wird. Die Kammer hat darüber noch nicht entschieden.

Entschieden hat die Kammer allerdings eine besondere Maßnahme. Alle Besucher in dem Prozess müssen am Eingang zum Saal ihre Personalien angeben. Anwalt Krechel hatte mitgeteilt, dass in seiner Kanzlei Menschen anrufen würden und sagen, sie würden etwas über den Fall wissen. Die Personen würden allerdings ihren Namen nicht nennen. Krechel stellte den Antrag für die Aufnahme der Personalien und die Richterin gab ihr Einverständnis. Der Prozess geht am 6. Oktober weiter.

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