Gerangel um die ChefpostenRat vergibt im Dezember lukrative Aufsichtsratsmandate

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Jochen Ott

Jochen Ott (SPD) 

Fast zehn Wochen nach der Kommunalwahl ist weiterhin offen, wer künftig die Geschicke der Stadt bestimmen wird. Klar ist aber, dass es in den Aufsichtsräten der städtischen Beteiligungsunternehmen bald viele Veränderungen geben wird.

Die Sondierungsgespräche haben sich nicht zuletzt wegen Corona in die Länge gezogen, treten jetzt aber in die entscheidende Phase. Spätestens bis Mitte Dezember wollen sich die Grünen als stärkste Fraktion entscheiden, mit wem sie Koalitionsverhandlungen beginnen – mit dem bisherigen Partner CDU oder mit der SPD?

Börschel und Ott droht Verlust einflussreicher Posten

Bis ein Koalitionsvertrag steht, dürfte es dann noch Monate dauern, doch vorher werden bereits weitreichende Entscheidungen getroffen. Am 3. Dezember entscheidet der Stadtrat über die Besetzung der Ratsausschüsse, hier werden wichtige Weichenstellungen für die politische Arbeit bis 2025 getroffen. Eine Woche später, am 10. Dezember, werden im Rat die lukrativen Posten in den Aufsichtsräten der städtischen Unternehmen vergeben. Mehr als 270 Sitze in rund 35 Aufsichtsgremien sind zu besetzen, das geschieht turnusgemäß zu Beginn jeder Wahlperiode. Dazu kommen rund 100 weitere Sitze in Gremien von Verbänden oder Stiftungen.

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Hinter den Kulissen haben die Gedankenspiele der Parteien längst begonnen: Wer kann sich wo Einfluss sichern? Welche Zugeständnisse muss man dafür machen? Welche Personen streben welche Ämter an? Dass sich in den Gremien viel ändern wird, liegt nicht nur daran, dass die Grünen stark zugelegt haben und CDU und SPD deutlich geschrumpft sind. Hinzu kommt, dass die SPD nach der letzten Kommunalwahl 2014 überproportional viele Aufsichtsratsvorsitze für sich durchsetzen konnte.

Grüne sind bisher kaum in Aufsichtsräten vertreten

In vier der fünf wichtigsten Unternehmen stellt sie die Chefaufseher (siehe Grafik). Bei den Stadtwerken ist dies Garrelt Duin, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Köln. Der Landtagsabgeordnete und frühere Kölner SPD-Chef Jochen Ott leitet den Aufsichtsrat der Wohnungsgesellschaft GAG und ist zweiter stellvertretender Aufsichtsratschef beim Flughafen, der zu 31,12 Prozent der Stadt gehört. Martin Börschel, der frühere Chef der SPD-Ratsfraktion, ist Vorsitzender des Verwaltungsrats der Sparkasse Köln Bonn, führt zudem den Aufsichtsrat der GEW Köln AG.

Dagegen sind die Grünen bisher an den Schaltstellen der städtischen Top-Firmen kaum vertreten, während die CDU mit Partei- und Fraktionschef Bernd Petelkau den Aufsichtsrat des Versorgers Rheinenergie führt – das gewinnträchtigste Unternehmen der Stadt, dass die Verluste der Kölner Verkehrs-Betriebe und der Bäder finanziert. Zudem sitzt Petelkau im Aufsichtsrat des Flughafens.

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Bei der anstehenden Neuvergabe der Ämter droht Börschel und Ott – den einst mächtigsten Köpfen der Kölner SPD – der Verlust mehrerer Posten. Dass Börschel Chefaufseher der Sparkasse bleibt, gilt angesichts der neuen Mehrheiten und seines geplatzten Stadtwerke-Deals 2018 als ausgeschlossen, zudem gehört er nicht mehr dem Stadtrat an. Denkbar wäre, dass der zweite stellvertretende Vorsitzende, der Kölner Ratsherr Ralph Elster (CDU), an seine Stelle rückt. Das würde den Anspruch der Grünen auf andere Spitzenpositionen stärken – etwa bei der GAG.

Das Gerangel um die Top-Jobs wird in Kürze Fahrt aufnehmen. Ob die Grünen in Sachen Koalition am Ende der CDU (19 Sitze) oder der SPD (19 Sitze) den Vorzug geben, ist derzeit offen. So oder so, dürfte dem künftigen Bündnis wohl auch die neue Fraktion „Volt“ (4 Sitze) angehören. Die Grünen (26 Sitze) setzen auf eine Dreierkoalition, die auch ohne Oberbürgermeisterin Henriette Reker eine Mehrheit im Rat (90 Sitze) hätte. „Wir streben ein möglichst breites Bündnis an“, sagt Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin.

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